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Flörsch-«Psychologin» Müller: Sophia braucht Ansagen

Von Andreas Reiners
Laura Müller mit Sophia Flörsch

Laura Müller mit Sophia Flörsch

Laura Müller war in der abgelaufenen DTM-Saison Renningenieurin von Sophia Flörsch. Im Interview verrät sie spannende Details über die Arbeit an der Seite der 20-Jährigen. Und spricht über ihren großen Traum.

Es ist der Freitag vor dem großen Finale auf dem Norisring, als wir uns mit Laura Müller zusammensetzen. Sie ist diejenige, die weiß, wie Sophia Flörsch tickt, wie sie sich in ihren ersten DTM-Saison hinter den Kulissen geschlagen hat, was sie gut gemacht hat und was nicht.

Denn Müller ist die Renningenieurin der 20-Jährigen. Und verrät im Interview spannende Details – dass sie zum Beispiel nicht nur Renningenieurin, sondern auch Psychologin, Kumpel und manchmal auch Mädchen für alles ist. Und warum eine Zusammenarbeit mit Danny Ricciardo kompliziert werden würde.

Laura Müller, Sie waren in dieser Saison Renningenieurin von Sophia Flörsch in der DTM. Wie sind Sie zum Motorsport gekommen?

Ein Freund der Familie hat ein Formel-König und Formel-4--Team gehabt, ich war als Kind also schon ein paar Mal an der Rennstrecke. Ich bin zudem groß geworden, als Michael Schumacher in der Formel 1 groß geworden ist. Ich habe also jedes Wochenende Formel 1 geschaut und davon geträumt, die erste Frau in der Formel 1 zu werden. Da es noch kein Wikipedia gab, konnte ich nicht nachschauen, dass es schon welche gab (lacht). Aber ich habe es nicht weiter verfolgt. Stattdessen habe ich Maschinenbau studiert, um in den Motorsport zu kommen. 2014 habe ich bei Phoenix in der DTM ein Praktikum gemacht. Ab da wusste ich, dass ich das machen will.

Sind Sie stolz, als Renningenieurin in der DTM zu sein? Immerhin gilt die DTM als wichtigste deutsche Rennserie…

Ich bin gar nicht so stolz auf die Rennserie, in der ich arbeite, sondern darauf, was man erreicht. Ich habe 2020 bei DragonSpeed die 24 Stunden von Le Mans gemacht, das war für mich ein größerer Erfolg als ein Sprintrennen. Die Anstrengung ist größer, aber auch die Verantwortung.

Was muss man als Renningenieurin besonders gut können?

Man sagt, dass Renningenieure hauptsächlich Psychologen sind. Eine unserer Hauptaufgaben ist es, mit den Fahrern zu arbeiten. Während der Sessions kann man ihn motivieren, schneller zu fahren, indem man es gut verpackt, ihn anzustacheln. Zwischen den Sessions geht es darum, was dem Fahrer wichtig ist, wie Dinge priorisiert werden. Ich konnte mit Sophia über die Saison lernen, einen Fahrer besser zu verstehen, ihm zuzuarbeiten, und nicht nur das Auto besser zu machen.

Wie tickt Sophia denn? Braucht sie klare Ansagen oder muss man bei ihr feinfühlig sein?

Ich bin überhaupt nicht feinfühlig (lacht). Sie braucht aber klare Ansagen, es hilft sehr, wenn sie sich in etwas festbeißen kann. Mit Lucas di Grassi zusammen in einer Garage war es an den letzten beiden Rennwochenenden zum Beispiel ein kleiner interner Wettkampf, wer vorne steht. Man merkt, dass sie schneller wird, wenn man ihr sagt, dass sie auf Lucas nur eine Zehntelsekunde Rückstand hat.

Also sind es vor allem die kleinen Hilfen?

Fahrer sind Wettkämpfer. Wenn ich ihr sage, dass sie sieben Zehntelsekunden von Kelvin entfernt ist, pusht das nicht so, als ein Ziel, das man mittelfristig erreichen kann.

Wie kompliziert ist sie in der Zusammenarbeit, hat sie auch Ausraster?

Nur wenn man mit ihr spricht, wenn sie gerade am Bremspunkt ist. Ich versuche natürlich, Rücksicht zu nehmen. Es gab aber schon Momente, wo sie sagt: 'Don’t f***** talk to me'.

Fühlt man sich dann persönlich angegriffen?

Nein. Das darf man in diesem Job nicht – ich persönlich angegriffen fühlen. Denn man wird die ganze Zeit angegriffen, egal wann und wo.

Sitzen Sie mental neben Sophia im Cockpit?

Kommt drauf an: In einem Rennen, in dem man um Positionen kämpfen kann, schreie ich die ganze Zeit rum, ja. Natürlich brülle ich nicht Sophia in den Funk, aber der Bildschirm oder der Dateningenieur neben mir müssen sich schon manchmal was anhören (lacht).

Wie haben Sie sich gemeinsam mit Sophia als Duo in diesem Jahr weiterentwickelt?

Man muss sich erst einmal finden, lernen, wie der andere tickt. Da ist wie in einer Freundschaft oder Partnerschaft. Da kommt auch die Frage: Tue ich dem anderen manchmal weh? Ich habe jedenfalls gelernt, strukturierter vorzugehen. Ich habe ja nicht nur Sophia zu koordinieren, sondern das ganze Team um sie herum.

Muss man auch zusammen ein Bier trinken gehen können?

Das kommt auf den Typ Fahrer drauf an. Wir können schon miteinander Bier trinken. In Urlaub fahren aber nicht. Da ist der Altersunterschied zu groß. Wenn sie mir mit irgendwelchen TikTok-Hashtags kommt, bin ich raus.

Stört Sie das als Renningenieurin, wenn Social Media so im Fokus steht?

Ich glaube, dass es ihr gut getan hätte, ein Rennwochenende dieses Jahr mal ohne Social Media zu probieren, einfach um zu checken: Kann ich mich dann besser konzentrieren? Ist meine Leistung dann besser? Aber ich verstehe auch, dass Social Media heutzutage dazugehört zum Gesamtpaket Rennfahrer.

Wie sehen Sie generell ihre Entwicklung als Rennfahrerin in dieser Saison?

Ich sehe auf jeden Fall viele Fortschritte, weil sie gelernt hat, sich rein- und durchzubeißen. Sie hat sehr viel schlechte Presse bekommen. Damit kann sie mittlerweile besser umgehen. Was nicht schadet, ist immer sich auf sich selbst zu konzentrieren und zu analysieren, wo man sich noch verbessern kann. Dann ergibt sich der Rest von selbst. Das sage ich ihr im Übrigen auch selbst so.

Also ist eine Renningenieurin neben dem technischen Job auch Mädchen für alles?

Ja. Manchmal muss ich mich um die Reifen kümmern, ein anderes Mal hole ich Sophia vom Flughafen ab. Mein Maschinenbaustudium war aber nicht umsonst (lacht). Ich konstruiere zwar nichts, aber die Hintergründe wie Reifendrücke oder Thermodynamik muss man verstehen. Wenn man keine Ahnung von Fahrdynamik hat, weiß man nicht, wie man das Auto überhaupt abstimmen soll.

Sie haben gesagt, dass Ihr Ziel die Formel 1 ist: Mit wem würden Sie da gerne mal arbeiten?

Ich würde gerne mit Danny Ricciardo arbeiten, aber das wäre wohl zu witzig. Mit Lando Norris habe ich schon in der Formel Renault zusammengearbeitet. McLaren, Ferrari: So etwas wäre ein Traum. Es sollte eine richtige Challenge sein.

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