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BMW-Chef Roos zum M4 GT3: Nicht alles rund gelaufen

Von Rob La Salle
Andreas Roos

Andreas Roos

Seit wenigen Wochen ist Andreas Roos der neue Mann an der Spitze der BMW-Motorsportaktivitäten. Im Interview spricht der 45-Jährige unter anderem über seinen Start und über die Premierensaison des neuen M4 GT3.
Wie haben Sie sich in den ersten Wochen bei BMW M Motorsport eingelebt?

Die ersten Wochen waren wirklich intensiv, aber auch sehr schön. Ich wurde in der gesamten Truppe herzlich aufgenommen, wurde mit Rat und Tat unterstützt. Es macht wirklich riesigen Spaß, wie wir zusammenarbeiten, der Spirit Motorsport ist überall da. Ich bin super happy, es könnte nicht besser sein.

Worauf lag Ihr Fokus?

Mein Fokus lag in den ersten Wochen darauf, erst einmal anzukommen und die Leute kennenzulernen. Ich komme zwar von einem anderen großen Automobilhersteller, und da gibt es doch sehr viele Ähnlichkeiten, aber auf der anderen Seite hat jeder Hersteller natürlich auch seine Spezialitäten. Und so war die erste Hauptaufgabe, die Leute und das Team kennenzulernen, und dann auch in die Arbeit reinzukommen und zu verstehen, wo wir gerade stehen.

Was sind aus Ihrer Sicht Ihre wichtigsten Aufgaben als Head of BMW M Motorsport?

Das Umfeld und die Arbeitsbedingungen für das Team zu schaffen, sodass die Performance dann auch wirklich auf der Strecke landen kann. Das Team muss gebildet sein, damit die Leute arbeiten und ihre Leistung bringen können, indem sie das richtige Umfeld haben. Ich denke, das ist meine Arbeit: zu sehen, dass das Umfeld stimmt und dass daraus dann auch die besten Rennautos entstehen.

Wie würden Sie Ihren Arbeits- und Führungsstil beschreiben?

Ich habe gern ein Umfeld, in dem man offen und ehrlich miteinander umgeht. Natürlich bin ich schon irgendwo ein harmoniebedürftiger Mensch, doch es ist auch klar, dass man manchmal Entscheidungen treffen muss, mit denen man dem einen oder anderen auf die Füße tritt. Doch generell versuche ich, dass man wirklich auf Augenhöhe sagt: Wir treffen die Entscheidungen zusammen. Und das ist das Wichtigste. Und ich denke, wenn man im Team zusammenarbeitet und die ganzen Expertisen der einzelnen Leute nimmt, das bündelt und darauf basierend die Entscheidungen trifft, dann kommt unter dem Strich auch das beste Resultat heraus.

Warum haben Sie sich entschieden, zu BMW M Motorsport zu wechseln?

Das ist eigentlich relativ einfach: Weil BMW eine super Marke ist, tolle Produkte hat, tolle Autos baut, und was für mich auch noch wichtig ist, eine Riesen-Historie im Motorsport hat. Die Marke war schon in der Vergangenheit so erfolgreich, und jetzt möchte ich Teil dieses Erfolges sein und den Weg zusammen mit BMW gehen. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe zu Zeiten der damaligen DTM angefangen, mich für den Motorsport zu interessieren, als BMW mit dem E30 M3 unterwegs war. Und das hat mich doch schon sehr stark geprägt. Damit habe ich, auch wenn ich jahrelang für einen anderen Hersteller gearbeitet habe, immer irgendwo mit einem Auge auf BMW geschielt und auch immer geschaut, was BMW so Tolles macht. Und viele sagen, ich wäre jetzt dort, wo ich hingehöre.

Wie sieht Ihr Zeitplan für die Entwicklungsphase des LMDh-Projekts aus?

Die Entwicklungsphase im LMDh-Projekt – da müssen wir offen sein – ist angespannt. Es ist ein straffer Zeitplan, wir haben ein ganz klares Ziel, in Daytona 2023 am Start zu stehen. Und nicht nur am Start zu stehen, sondern auch konkurrenzfähig zu sein. Das heißt, dass wir bis dahin gemeinsam mit unserem Partner Dallara noch einige Aufgaben zu lösen haben. Wir haben nach einer intensiven Entwicklungsphase auch ein intensives Entwicklungsprogramm auf der Rennstrecke, um das Fahrzeug zu erproben und zu testen. Es kommen also noch sehr anstrengende Tage auf uns zu, die von unseren Fahrern, von unserem Team, von BMW M Motorsport, von Dallara viel abverlangen. Man merkt aber auch, dass der Spirit da ist. Jeder ist wirklich bis in die Haarspitzen motiviert und freut sich schon darauf, wenn das Rennauto den ersten Rollout hat, und dann natürlich auch auf den ersten Rennstart.

Wie groß ist die Herausforderung LMDh angesichts des engen Zeitplans im Vergleich zu einigen Konkurrenten und der Tatsache, dass andere Hersteller große Probleme haben?

Wie schon erwähnt, ist unser Zeitplan sehr straff. Vielleicht auch, weil die Entscheidung relativ spät getroffen wurde, dass man wirklich in die LMDh-Klasse einsteigt. Es ist definitiv eine Herausforderung. Natürlich wäre es uns allen lieber, wenn man noch etwas mehr Zeit hätte, da muss man ganz ehrlich sein. Die haben wir aber nicht, und wir arbeiten mit Hochdruck daran. Wir haben jetzt schon mitbekommen, dass der eine oder andere Hersteller vielleicht Schwierigkeiten hat. Ich hoffe natürlich, dass uns diese nicht ereilen. Klar, wir haben eine Null-Fehler-Planung bis zum ersten Rennen. Da können wir auch realistisch sein, es läuft normalerweise nie ganz rund, und daher wird da die eine oder andere Sache noch kommen. Aber, wie gesagt: Die Leute sind hochmotiviert, das wird funktionieren. Natürlich gibt es auch den einen oder anderen Hersteller, der schon einen Schritt weiter ist und wo zum Beispiel auch schon die Erprobung auf der Strecke angefangen hat. Das müssen wir einfach aufholen. Aber mit unseren hochmotivierten Leuten, unserem Team, bin ich da sehr guter Dinge.

Wie lautet das Ziel für die erste LMDh-Saison 2023?

Wir müssen auch hier realistisch sein. Es sind viele gute Hersteller am Start, jeder kann Rennautos entwickeln, jeder hat das auch in der Vergangenheit schon gezeigt. Aber ganz klar ist unser Anspruch bei BMW: Wir wollen nicht nur dabei sein, wir wollen natürlich auch Rennen gewinnen. Doch es wäre jetzt auch vermessen zu sagen: Wir sind hier so gut, dass wir alle direkt besiegen und keiner eine Chance hat. Unser Ziel ist ganz klar, dass wir um Siege fahren können, dass wir vorn dabei sind. Eine Rennsaison ist lang, und hoffentlich sprechen wir am Ende des Jahres ein Wort mit, wenn es um die Meisterschaft geht. Aber eine Garantie gibt es in einem so harten und eng umkämpften Feld natürlich nicht.

Der BMW M4 GT3 konnte in seinen ersten Rennen das große Potenzial, das in ihm steckt, noch nicht zeigen. Normal für ein neues Rennfahrzeug?

Natürlich haben viele die Hoffnung, wenn man ein neues Auto baut, dass dann auch alles super ist. Alles ist ganz neu entwickelt und es muss alles toll funktionieren. Aber man muss auch da sagen: Es ist für uns in den ersten Rennen nicht alles rund gelaufen, es sind Probleme aufgetreten, die es vorher in der Entwicklungsphase nicht gab. Das ist dann halt doch der Unterschied zwischen Racing und Testing. Aber wir haben das Ganze analysiert und verstanden, das sollte uns nicht mehr passieren. Und wir konnten jetzt in Sebring sehen: Die Pace ist da, das Auto zeigt gute Performance, und wir haben ganz vorn an der Spitze gekämpft. Dazu kommt der erste Sieg bei den 12 Stunden Mugello. Darauf bauen wir nun auf.

Welche Erwartungen haben Sie an das Fahrzeug während seiner Premierensaison – und in den folgenden Jahren?

Man muss ganz klar sagen, dass der BMW M4 GT3 eine tolle Weiterentwicklung von vorhergehenden GT-Produkten aus dem Hause BMW M ist. Und es wurde natürlich auch sehr viel Fokus darauf gelegt, dass die Performance, die Fahrbarkeit, das Handling und das Handling für die Teams wesentlich verbessert werden. Und ich glaube, dass die ersten Einsätze das auch schon zeigen. Das Feedback der Kundenteams, die bereits mit dem Auto Rennen bestritten haben, ist sehr positiv. Ich glaube, da hat man einen großen Schritt gemacht, und das ist natürlich auch die Zukunft. Denn der Kundensport ist ganz klar ein großes Standbein von BMW M Motorsport, und das wollen wir auch in Zukunft weiter bedienen. Dazu muss man auch das richtige Produkt haben, aber wir sind fest überzeugt, und auch die Nachfragen und ersten Rückmeldungen der Kundenteams zeigen, dass wir hier wirklich einen guten und auch richtigen Schritt gemacht haben.

Wie bewerten Sie grundsätzlich die Aufstellung von BMW M Motorsport für die kommenden Jahre mit LMDh, GT3, GT4 und M2 CS Racing?

Die Aufstellung und das Portfolio, das BMW M Motorsport im Programm hat, ist für mich perfekt. Wir kommen vom BMW M2 CS Racing, wirklichem Clubsport, über das Thema Markenpokal hin zur nächsten Stufe, dem GT4, der ein sehr, sehr populäres Auto ist und schon sehr viele Erfolge eingefahren hat. Hier entwickeln wir aktuell auch den Nachfolger. Das ist der klassische Kundensport. Dann geht es weiter über den GT3, der auch den Übergang bildet vom klassischen Kundensport zu werksunterstütztem Kundensport, in dem man auch Werksfahrer einsetzt. Doch wir können nur werksunterstützten Kundensport machen, wenn wir auch ein Werksprogramm haben. Und das ist bei uns die Spitze mit LMDh, wo wir uns comitted haben, ein Werksprogramm zu fahren. Diese Kombination aus den ganzen Möglichkeiten, die wir haben, ist die perfekte Kombination.

Woher kommt Ihre Leidenschaft für Motorsport?

Eigentlich komme ich aus einer reinen Apothekerfamilie, die beruflich nichts mit Motorsport am Hut hatte. Aber mein Vater hatte das technische Verständnis und war immer auch schon ein autointeressierter Mensch. Unter anderem war er vom ersten Tage an auch BMW Fahrer durch und durch. Er hat mich ein bisschen ‚infiziert’, und dann hat mich der Motorsport doch sehr, sehr früh interessiert. Ich habe schon als kleines Kind viele Stunden vor dem Fernseher verbracht und Motorsport angeschaut. Und ich kann mich noch gut daran erinnern: Für mich war damals schon, auch Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre, als die DTM unterwegs war, klar, dass ich mal Motorsport machen möchte. Und am liebsten wollte damals ich Renningenieur in der DTM werden. Das habe ich dann irgendwann geschafft, und jetzt bin ich happy, dass ich bei BMW M arbeiten darf und dort weiterhin Motorsport machen kann.

Welche Karrierestationen haben Sie bis hierhin durchlaufen?

Meine Karrierestationen über die vielen Jahre, die ich jetzt doch schon im Motorsport verbracht habe, sind sehr vielfältig. Ich habe wirklich schon als kleines Kind über Freunde meiner Eltern, die Motorsport betrieben haben, viel Zeit an der Rennstrecke verbracht. Ich habe dort schon als kleines Kind Felgen geputzt und Reifen gewaschen. Als dann klar war, dass ich nach meinem Abitur Maschinenbau studieren und in Richtung Motorsport gehen will, habe ich schon während meines Studiums geschaut, dass ich parallel im Motorsport arbeiten kann. Ich habe versucht, neben meinem Studium und in den Semesterferien jede freie Minute im Motorsport zu verbringen. Ich hatte dann auch damals schon den ersten professionellen Kontakt in der DTM. Danach habe ich über Jahre bei Teams gearbeitet und dort auch den Motorsport von der Pike auf gelernt. Vom Reifenwaschen über Mechaniker, Dateningenieur, Fahrzeugingenieur bis zur technischen Leitung habe ich bei den Teams die ganzen Stationen durchlaufen. Und dann hatte ich die Möglichkeit, in das LMP1-Programm bei Audi zu wechseln und dort die Sportwagen-Weltmeisterschaft zu machen, was wirklich eine tolle Sache war. Ich habe über die Jahre sehr viele Stationen und auch verschiedene Klassen im Motorsport erleben dürfen. Dadurch konnte ich ein recht umfangreiches Wissen über den Motorsport erlangen, das mir natürlich nun auch hilft, als Head of BMW M Motorsport ein bisschen das Große und Ganze zu sehen.

Auf welches Rennevent in dieser Saison freuen Sie sich am meisten?

Ganz ehrlich: Ich freue mich eigentlich auf jedes Rennevent. Denn jedes Rennen hat einen speziellen Charakter. Jedes Rennen hat spezielle Herausforderungen. Es gibt natürlich ein paar Highlightrennen. Die 12 Stunden von Sebring sind mit Sicherheit ein Highlight, als echter Motorsportfan muss man das erlebt haben. Und natürlich auch die 24 Stunden Nürburgring. Aber auch DTM-Rennen und die GT World Challenge sind ein Highlight. Ich glaube, nahezu alle Rennen, in denen wir als BMW M unterwegs sind und auftreten, sind Highlights für uns. Denn das sind auch die Rennen und die Serien, die wir uns raussuchen, die wir bespielen wollen. Und ich glaube, da hat jedes Rennen, jede Meisterschaft einen eigenen Charakter und eigene Herausforderungen. Und am Ende ist es für BMW M generell eine tolle Aufgabe, daran teilzunehmen.

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