Scheider-Kritik: «Motorsport kann ein Arschloch sein»

Von Andreas Reiners
Timo Scheider mit Nico Müller

Timo Scheider mit Nico Müller

Timo Scheider hatte die Hoffnung, in die DTM zurückzukehren. Der zweimalige Meister verrät, wie schwierig es im Moment im professionellen Motorsport ist.

Im Dezember noch war Timo Scheider optimistisch, dass er ein GT3-Programm auf die Beine stellen kann. 24 Stunden Nürburgring, 24 Stunden Spa, Macau und zwei Gaststarts in der DTM – der zweimalige DTM-Champion hatte große Pläne. Doch der Motorsport ist längst kein Wunschkonzert mehr.

Im Gegenteil. «Der Motorsport kann ein Arschloch sein», sagte Scheider im ran-Podcast. Und gab einen Einblick in die aktuelle Situation im deutschen Motorsport.

Seine letzten Wochen und Monate seien sehr positiv gewesen, sagte er, «doch viele Dinge sind dann am Ende doch nicht so, wie sie scheinen. Ich kann da nicht mehr drüber lachen.»

Der Knackpunkt ist wie so oft das Finanzielle. Denn es ist kein Geheimnis, dass der Motorsport unter der Coronakrise gelitten hat und das Geld nicht mehr so locker sitzt wie früher. «Das ist der Motorsport: In den Verhandlungen sieht alles immer sensationell aus. Am Ende heißt es aber: ‚Timo, wenn jetzt noch ein Sponsor da wäre, dann wäre es noch viel besser und wir könnten es umsetzen.‘ Es ist nicht so einfach im Moment.»

Die Startaufstellung in der DTM ist trotz der schwierigen Situation mit 29 Autos prall gefüllt, es ist so voll wie nie. Das sieht laut Scheider allerdings nur auf den ersten Blick gut aus, was die Fahrer angeht. Denn: «Schaut mal, welche Namen auf dem Markt noch rumschwirren und welche guten Namen einen fixen Drive in einer Serie haben. Viele fahren mehrere Serien, weil sie nicht mehr so bezahlt werden wie früher, weil das Geld nicht mehr so da ist von den Werken, Teams und Sponsoren. Es wird immer schwieriger, einen bezahlten Fahrerjob zu haben. Ich bin zu den goldenen Zeiten der DTM gefahren, aber heute ist das für jeden einzelnen Fahrer ein harter Kampf», sagte er.

Eine berechtigte Frage: Sind Fahrer wie Scheider vielleicht zu verwöhnt von den guten, alten (DTM)-Zeiten und verlangen zu viel Geld?

«Wir müssen uns alle anpassen», sagte Scheider: «Es gab gute Jahre mit viel Geld für Profifahrer. Jetzt muss man Kompromisse eingehen oder sogar einen Sponsor mitbringen. Doch wie weit ist man bereit, einen Kompromiss einzugehen?» Scheider gehört zu den Fahrern, die kein Geld mitbringen, sondern welches mit Motorsport verdienen wollen. Die Krux: Mit Leidenschaft alleine ernährt man keine Familie. «Und wenn ich irgendwo einmal umsonst fahre, brauche ich beim nächsten Mal nicht mehr nach Geld fragen.»

Er kritisiert auch die Situation im Nachwuchs, die dazu führt, dass viele Talente aus finanziellen Gründen auf der Strecke bleiben, weil sie sich den Aufstieg durch die Formelklassen nicht mehr leisten können.

«Früher kamst du als Formel-3-Meister in die Formel 1. Dann warst du Formel-2-Meister und dann auf jeden Fall F1-Testfahrer und vielleicht sogar Einsatzfahrer», so Scheider. «Jetzt bist du Formel-2-Meister, hast kein Geld, hast in deiner Karriere sechs, sieben, acht oder zehn Millionen investiert, bist nichts und hast einfach Geld rausgeschmissen und kannst froh sein, wenn du noch irgendwie einen Job findest bei einem Hersteller, wo du noch ein paar tausend Euro bekommst.»


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