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Timo Bernhard: So erobert die Porsche-Legende die DTM

Von Andreas Reiners
Timo Bernhard

Timo Bernhard

Langstrecken-Legende Timo Bernhard spricht im Interview über die spezielle Arbeit als Teamchef, warum er keine Lust auf Teamchef-Meetings hat und wie die Pläne für die Zukunft aussehen.
Timo Bernhard, wie fühlt es sich an, nicht nur Sportwagen-Weltmeister, sondern jetzt auch DTM-Sieger zu sein?

Das ist immer noch emotional und eine große Nummer. Das Feedback ist überwältigend. Was ich an Nachrichten aus der Motorsport-Welt und auch von Porsche bekommen habe, schmeichelt und ist einfach Wahnsinn. Es war nicht immer nur ein gerader Weg für unseren Rennstall, sondern einer mit vielen Widerständen. Der Sieg war deshalb noch einmal eine andere Dimension.

Was ist denn schwieriger: Teamchef zu sein oder Fahrer?

Als Fahrer macht es mehr Spaß, als Teamchef ist es schwieriger. Als Fahrer macht man viele Dinge mit sich selbst aus, man ist näher dran und ist in einem Tunnel. Als Teamchef hat man viel mehr Verantwortung, ist an der Boxenmauer aber eigentlich nur noch Passagier. Das ist ein ganz anderes Gefühl, viel emotionaler. Und herausfordernder.

Welche Herausforderungen sind das?

Man muss ein Gespür entwickeln, was ein Team benötigt, ob nun Wärme oder Härte, und dabei auch unpopuläre Entscheidungen treffen. Man muss vorleben, was man erreichen möchte und wofür man steht. Ich gebe zu: Ich habe gedacht, es geht alles schneller. Ich bin sehr ungeduldig, und das musste ich lernen: Als Fahrer kann man Dinge schnell umsetzen, ein Team braucht Zeit.

Ist der Erfolg als Teamchef dann auch mehr wert als der als Fahrer?

Das ist schwer zu vergleichen. Ich versuche, das zu trennen. Man kann als Fahrer mehr Einfluss nehmen auf den Erfolg. Als Teamchef ist es vielschichtiger und komplexer. Aber klar: Der Sieg gibt mir sehr viel zurück, das habe ich ein wenig unterschätzt. Am Norisring waren Stars wie Walter Röhrl, Rainer Braun, Hans-Joachim Stuck bei uns in der Box und haben uns beglückwünscht – das ist die maximale Auszeichnung.

Was ist denn das Erfolgsgeheimnis, um auch als Teamchef vorne dabei zu sein?

Wir sind nicht Schickimicki oder Marketing, wir sind Racer und ein klassisches Familienunternehmen. Wir leben und lieben Motorsport. Wir haben nicht das größte Budget und müssen es auf eine andere Art und Weise machen. Meine Eltern sind immer noch involviert, meine Schwester ist die Teammanagerin und ich trage die Gesamtverantwortung und habe den Gesamtüberblick. Das Wichtigste dabei ist die Budgetverwaltung.

Wie stolz ist die Familie auf das, was Sie geleistet haben?

Jeder fiebert mit. Mein ältester Sohn hat die LMP1-Zeit noch mitbekommen, die Siege und Titel. Irgendwann hat er gesagt: ‚Wann gewinnst du endlich mal wieder? Mittelfeld ist doch nix‘. Mit dem Sieg ist es erstmal wieder gut, die Messlatte liegt jetzt aber wieder hoch. Meine Schwester war die erste, die ich geherzt habe nach dem Sieg, das verbindet. Mein Vater hat es nicht so mit Lobeshymnen, er meinte: ‚Hat ja gut geklappt‘. (lacht) Ich weiß aber, dass er innerlich feiert und stolz ist, wenn er auf die Erfolge angesprochen wird. Und die Mama ist die gute Seele des Teams.

Als Teamchef hat man mehrere Aufgaben, ist Finanzminister, Psychologe, Manager oder Politiker. Was machen Sie am liebsten und worauf haben Sie gar keine Lust?

Die Teammanager-Meetings mag ich gar nicht, die macht meine Schwester (lacht). Es ist gut, dass sich die Teams austauschen. Aber ganz ehrlich: Die zwei Stunden kann ich persönlich effizienter nutzen. Was aber Spaß macht: So etwas wie das DTM-Programm zusammenzubekommen, da steckt sehr viel Arbeit drin. Und mehr Performance finden, meine Erfahrung mit dem Feedback von Fahrer und Ingenieur zusammenzubringen. Wenn sich das in einem guten Ergebnis niederschlägt, ist das sehr befriedigend.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Am Lausitzring hatten wir kein gutes Wochenende. Vor dem Event in Imola saß ich an einem Testtag selbst im Auto und wollte die Erfahrung, dass ich früher Autos für Porsche entwickelt habe, nutzen, um einen Impuls zu geben. Die Verbesserungen waren anschließend in Imola schon spürbar. Zwei, drei Zehntelsekunden waren es unter dem Strich, aber in der DTM sind das zehn Plätze. Das ist etwas, wo ich ganz gezielt Einfluss nehmen kann.

Was ist denn dann mit einem persönlichen Gaststart in der DTM?

Die Rundenzeit war nicht so schlecht (lacht). Aber auch wenn ich noch nie einen DTM-Start hatte, wird es in diesem Jahr wohl noch nicht dazu kommen. Im Moment haben wir größere Aufgaben vor uns, das würde nur ablenken. Denn ich weiß, wie es ist, wenn der Ehrgeiz durchkommt (lacht). Im Mittelfeld ist die Laune dann nicht so gut.

Was sind die Schlüssel zum Erfolg in der DTM?

Man braucht ein eingespieltes Team, denn die Fahrzeug-Vorbereitung muss sitzen. Man benötigt einen Fahrer, der zum Format passt, denn es ist eine große Verantwortung, das Auto ganz alleine zu haben und die letzten Hundertstelsekunden herauszuholen. Und: Die Rennwochenenden sind kurz, man muss flexibel sein und Entscheidungen schnell treffen können.

Warum fiel die Wahl auf Thomas Preining als Fahrer?

Ich wollte auf jeden Fall einen Porsche-Werksfahrer haben. Thomas gehörte zu den Top-Kandidaten, weil er 2021 schon für uns gefahren ist. Auch wenn ihm an der einen oder anderen Stelle die Erfahrung fehlt, war für mich interessant, dass er den Speed hat und dass das Format zu ihm passt. Es ist vom Potenzial her alles vorhanden, da wird noch mehr von ihm kommen.

War der Schritt vom GT Masters in die DTM für das Team also der richtige?

Ja, es war die richtige Entscheidung. Wir haben es als Rennstall immer behutsam und in Stufen gemacht. Die DTM ist teurer, sie ist nochmal enger, sie ist ein noch höheres Niveau – es war im Nachhinein für uns der logische Schritt nach vorne.

Ist denn auch die DTM mit dem GT3-Reglement auf dem richtigen Weg?

Ja, denn der Weg bietet auch in Zukunft vielfältigere Möglichkeiten. Man muss aber vor allem aufpassen, dass die Spirale beim Budget nicht überdreht. Die Kosten müssen in einem Rahmen bleiben, der möglichst vielen Teams einen Start ermöglicht.

Wie schwierig ist es denn, das Budget zusammenzubekommen und wie sehr helfen Ihr Name und Ihre Erfolge?

Wir haben nicht das größte Budget, aber was ungemein hilft, sind die stabilen Partnerschaften, die ich zum Teil seit 15 Jahren schon habe. Dazu gehören zum Beispiel KÜS und Ursapharm. Diese Partner stellen das nicht in Frage, die sind mit Emotionen dabei. Es ist aber schwieriger geworden, neue Partner zu gewinnen. Das Geschäft ist vielschichtiger geworden. Umso mehr freut man sich, neue Partner, wie die PAUL Tech. AG seit diesem Jahr mit an Bord zu haben.

Passt in das Budget für 2023 ein zweites Auto?

Wir haben die Aufgabe DTM sehr ernst genommen und wollten uns im ersten Jahr erst einmal nur auf ein Auto konzentrieren. Ein zweites Auto ist ein Ziel, das wäre toll. Von der Struktur her würden wir es konkurrenzfähig hinbekommen. Aber am Ende hängt es auch am Geld.

Für 2023 gibt es den neuen Porsche 911 GT3 R. Wie geht man das als Team an?

Ich will nicht sagen, dass man bei null anfängt, aber es ist eine neue Herausforderung. Es bringt bessere Möglichkeiten, aber man muss das Auto so schnell wie möglich verstehen und es auf die Bedürfnisse des Fahrers anpassen. Das benötigt ein bisschen Zeit.

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