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Russland: Fahrer außer Lebensgefahr, der Sport nicht

Von Thomas Schiffner
So hochklassig und spannend die ersten beiden Rennen der Eisspeedway-WM 2022 im russischen Togliatti waren, so viele Wermuthstropfen und Fragezeichen bleiben nach über zwei Coronajahren.

Da wären erst einmal die guten Nachrichten nach den beiden sehr schweren Unfällen der beiden jungen russischen Fahrer Nikita Toloknov und Ivan Khuzhin: Toloknov, der sich am Sonntag eine schwere Fußverletzung, verbunden mit starkem Blutverlust, zuzog, meldete sich am Dienstag per Facebook erstmals aus dem Krankenhaus in Togliatti: «Danke für eure Unterstützung, danke für eure Schreiben. Ich bin jetzt im Hospital und mein Fuß braucht eine lange Behandlung.»

Auch von Ivan Khuzhin, der nach einem Sturz am Sonntag viel Blut verloren hatte und sogar einen zeitweiligen Kreislaufstillstand erlitt, gab es gute News aus dem Krankenhaus: Der Schwerverletzte ist wieder bei Bewusstsein und kann bereits mit den Ärzten sprechen. Er befindet sich nicht mehr in Lebensgefahr. Die Rehabilitationsmaßnahmen sollen umgehend beginnen.

Mit den beiden frisch Verletzten sind mindestens sieben Russen derzeit entweder gar nicht einsatzfähig oder in physisch nicht guter Verfassung: Der vierfache Weltmeister Daniil Ivanov hat von den Ärzten nach seinem schweren Sturz in Togliatti im Dezember, bei dem er sich innere Verletzungen zuzog, drei Monate Startverbot auferlegt bekommen. Dmitry Khomitsevich, Dmitry Koltakov, Igor Kononov und Weltmeister Dinar Valeev laborieren alle an Verletzungen, die sie sich im letzten Sommer oder bei den ersten Eisrennen der Saison zugezogen haben. Und jeder, der sich für Eisspeedway interessiert, weiß: Wir reden von den besten Fahrern der Welt.

Auch zahlenmäßig schwächelt die führende Eisspeedway-Nation seit Jahren, spätestens seit den Covid-19-Einschränkungen. Gab es früher rund 200 Aktive und die Russische Landesmeisterschaft wurde in vier Qualifikationsläufen mit insgesamt 72 Fahrern durchgeführt, sind es heute zwei Semífinals mit 36 Piloten, dazu kommen zwei Handvoll Junioren.

Während in Westeuropa, Ausnahme Skandinavien, wegen der behördlichen Corona-Verbote in den letzten 24 Monaten genau ein Eisrennen durchgeführt wurde (Berlin 2020), nehmen auch die Rennen und die aktiven Clubs in Russland ab: Für einen WM-Lauf bot sich dieses Jahr nur noch Togliatti an, die frühere Hochburg Shadrinsk kocht seit dem Tod des Stadiongeschäftsführers und wegen finanzieller Probleme auf Sparflamme. In Kransnogorsk und Saransk kann nicht mehr gefahren werden, Kamensk-Uralskij und Ufa stemmen nur nationale Rennen.

Auch beim bisherigen Krösus des Bahnsports in Russland, Mega Lada Togliatti, scheinen die Bäume nicht mehr in den Himmel zu wachsen: In das 15.000 Besucher fassende Anatoli-Stepanov-Stadion verirrten sich zu den beiden WM-Rennen am Wochenende kaum mehr als 3000 Fans. Und das, obwohl der Eintritt mit umgerechnet drei Euro auch für Russen erschwinglich war.

Togliatti TV und eine überregionale russische Station aus Moskau berichteten über den hochklassigen WM-Start – das war’s. Das in den letzten Jahren von der FIM beauftragte TV-Team aus Spanien blieb zuhause, Gründe unbekannt. Lediglich FIM-Fotograf David Reygondeau lieferte perfekte Standbilder aus dem Stadion.

Das Verhalten des ansonsten professionellen GP-Veranstalters Mega Lada, am 9. Juli auch Ausrichter des Speedway-GP von Russland, wirft auch Fragen auf. Harald Simon und Franky Zorn erhielten ihr Visum in letzter Minute, weil die zur Beantragung notwendigen Einladungen zu spät in Österreich eintrafen. Zorn musste mit dem Flugzeug und einem Motorrad anreisen, Simon sah keine Möglichkeit und sagte fünf Tage vor dem Rennen ganz ab.

Umso größer war das Erstaunen, als die Fahrer eine E-Mail aus Togliatti gesendet bekamen, in dem sie für die Ausstellung der Einladung durch Mega Lada mit 40 Euro zur Kasse gebeten wurden.

Die Kosten der WM-Piloten für einen Start in Russland bewegen sich im mittleren vierstelligen Bereich. Zu allen Reise- und Transportkosten kommt ein maximal 48 Stunden alter PCR-Test hinzu, ohne den die Einreise nach Russland derzeit nicht möglich ist. Kosten in Deutschland: mindestens 60 Euro. Als die Eis-Gladiatoren in Togliatti ankamen, erfuhren sie, dass das Betreten des Stadions ohne aktuellen Test nicht erlaubt sei. Den mussten sie in Togliatti machen – natürlich wieder auf eigene Kosten.

Ein FIM-Repräsentant wurde bei diesem wichtigen GP-Rennen keiner gesichtet, alle offiziellen Funktionen waren durch Russen besetzt. Wollten die FIM-Leute unangenehmen Fragen aus dem Weg gehen? Oder fanden sie keine Möglickeit nach Russland einzureisen?

Der SPEEDWEEK.com-Berichterstatter schaffte es mit einem ganz normalen Touristenvisum und ohne Hilfe eines Verbands nach Togliatti.

Der MC Assen, Veranstalter des zweiten und letzten GP-Doubleheaders in Heerenveen, teilte am Montag mit, dass er das Rennen am 2. und 3. April, sofern es die behördlichen Aufflagen mit Zuschauern erlauben, unbedingt durchführen möchte. So könnten die Niederländer die Eisspeedway-WM retten – wenigstens für dieses Jahr.


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