Langstrecken-WM: BMW verliert alles

Eklat beim Hixpania – Boykott der Topfahrer!

Von Carsten Steffen
Nach einem Boykott der WM-Topfahrer in der letzten Sektion wurde Graham Jarvis offiziell als Sieger eines denkwürdigen 4. Laufs der Hard-Enduro-WM beim Hixpania vor Sonny Goggia (KTM) und Billy Bolt (Husqvarna) gewertet.

Da Jarvis und Goggia in dieser Saison jedoch nicht in der FIM-Wertung fahren, erhielt der britische Husqvarna-Werksfahrer Billy Bolt, der offiziell als Dritter gewertet wurde, die 20 WM-Punkte. Manuel Lettenbichler (KTM) und Mario Roman (Sherco) nahmen 17 bzw. 15 WM-Punkte nach Hause. Durch den Boykott der Topfahrer in der letzten Sektion rückte das offizielle Ergebnis des Hixpania jedoch in den Hintergrund.

Was war passiert? Nach zwei Stunden Renndauer hätten die Top-10 platzierten nach Plan des Hixpania-Masterminds Chili Caballero eigentlich in die «X-Loop» genannte Sektion in der Arena mit einigen Tausend Zuschauern einfahren sollen. Beim X-Loop handelt es sich um eine Strecke, die steilste Auf- und Abfahrten beinhaltet und traditionell nicht nur maximale Fahrkünste, sondern auch maximalen Mut erfordert. Am Ende des X-Loop hätten die Top-Fahrer dann auch die Ziellinie überquert – wenn sie nicht bei der Einfahrt in die Arena schon die Motoren abgestellt hätten. Lediglich Graham Jarvis und Sonny Goggia, die beide nicht in der FIM-WM-Wertung unterwegs waren, absolvierten den vollen X-Loop. Bolt, Lettenbichler, Roman, Young, Moret Clota, Birghtmore, Moore und Gomez lieferten dann noch einen Show-Run für das Publikum ab.

Bereits vor dem Start hatten die Top-Fahrer wie Bolt, Lettenbichler, Roman und Gomez noch in der Arena mit Caballero das Gespräch gesucht, um ihn dazu zu bewegen, die Strecke zu entschärfen. Dieser ging jedoch nicht auf die Fahrer ein und startete das Rennen ohne Änderungen am X-Loop. Zwischen dem Gesprächsversuch mit Caballero und unmittelbar vor dem Start hatten sich die Topfahrer untereinander geeinigt, den X-Loop nicht zu fahren. Unter dem Eindruck der Diskussion mit den Fahrern wurden einige Passagen des X-Loos dann geändert – allerdings erst nach dem bereits erfolgten Start, was ein Unding ist.

Der Track des Hauptrennens selbst wurde von Caballero am Freitag entschärft, weil für den Sonntag sehr regnerische Verhältnisse erwarten wurden und die ursprüngliche Strecke bei Nässe nahezu unbefahrbar gewesen wäre. Da der Regen aber nur kurz währte, war die Strecke am Sonntag dann für WM-Verhältnisse vergleichsweise einfach und relativ schnell.

Bolt und Lettenbichler legten an der Spitze liegend ihr Tempo vor, das aktuell von keinem anderen Fahrer auch nur ansatzweise mitgegangen werden kann. Sie lieferten den wie üblich enthusiastischen spanischen Fans eine gute Show und man hatte trotz des durchaus hohen Tempos den Eindruck, dass sie nicht mit den Messern zwischen den Zähnen unterwegs waren. Insgesamt absolvierten sie in den zwei Stunden Renndauer neun Runden auf dem durchaus spektakulären Kurs auf einer Halbinsel eines Stausees bei Aguilar de Campoo im Norden Spaniens.

Bereits letzte Woche hatten eine Gruppe von Fahrern um Alfredo Gomez, Billy Bolt und Manuel Lettenbichler eine Fahrer-Vereinigung gegründet. Nach jahrelangen und aus der Sicht der Fahrer erfolglosen Versuchen, im Dialog mit Veranstaltern gemeinsame Lösungen zu schaffen, hat man sich nun in einer Vereinigung zusammengeschlossen, die mittlerweile wohl bereits mit dem entsprechenden Schriftwerk manifestiert wurde.

SPEEDWEEK.com sprach nach dem denkwürdigen Rennen in Nordspanien mit Bolt und Lettenbichler und wird das exklusive Interview mit den beiden Superstars der Hard Enduro- und SuperEnduro-Szene am 22. September veröffentlichen.

Billy Bolt: «Ich bin in den letzten Jahren so oft verletzt gewesen und hatte nun eine längere Zeit, in der ich mich nicht nur körperlich wieder aufbauen konnte, sondern auch ein Mindset gefunden habe, mit dem ich im Rennen weniger Fehler mache. Was man nun sehen kann, ist das Resultat einer Zeit ohne verletzungsbedingte Unterbrechungen. Es gibt sicherlich noch Raum für Verbesserungen, aber ich fühle mich endlich wieder richtig gut. Im Rennen heute waren wir schon dicht am Limit, aber nicht ganz. Es war trockener als erwartet und es gab keine wirklich schwierigen Sektionen. Aber ich wusste, dass es eher unmöglich war, Mani davonzufahren. Also habe ich versucht, etwas Kraft zu sparen und am Ende noch einmal aufzudrehen, was dann auch gut funktioniert hat. Aber der Abstand zu Mani war nie größer als 10 oder 15 Sekunden. Als wir vor dem Rennen mit den Organisatoren gesprochen hatten, sah es nicht danach aus, als würden wir mit unseren gemeinsamen Bedenken durchdringen. Wir haben uns dann entschlossen, anstelle eines Kompromisses ein Statement zu machen. Und ich bin sehr glücklich darüber, dass wir hier als Fahrer zusammengestanden haben. Der Sport hat eine Menge Potential und alles fängt mit den Fahrern an. Wenn die Promotoren mit den Fahrern anfangen zusammenzuarbeiten, dann bilden wir eine Einheit. Wir wollen den Sport zusammen so großartig wie möglich machen. Ich denke – so denkwürdig das heute gewesen ist –, es ist ein guter Start. Irgendwann musst du einen Punkt machen und einen Standpunkt vertreten. Das haben wir heute gemacht!»

Manuel Lettenbichler: «Zum Rennen: Ich hatte einen guten Start und habe Mitch gleich überholen können. Dann bin ich beim Billy aufgelaufen und wir sind die zwei Stunden zusammen gefahren. Es ging zwischen uns die ganze Zeit hin und her. Wir sind derzeit einfach auf demselben Level. Ich habe versucht, ihn etwas müde zu bekommen, aber das hat nicht geklappt. Ich war die Woche etwas krank und daher bin ich ganz zufrieden mit meiner Performance. Zum Ende des Rennens: Ich denke, es ist immens wichtig, unter den Fahrern Zusammenhalt zu haben. Im X-Loop waren Sektionen dabei, die einfach zu schwierig und auch zu gefährlich gewesen sind. Wir wollten als Fahrer zeigen, dass wir ebenfalls Einfluss und ein durchaus mächtiges Wort mitzureden haben. Wenn wir vor dem Rennen das Gespräch suchen und nicht gehört werden, dann ist das einfach dumm. Mit Alfredo, Billy und Mario haben wir eine Fahrervereinigung gegründet und in der Zukunft kann das vielleicht auch ein Vorbild für den Enduro GP oder Enduro insgesamt sein. Wir sollten einfach Einfluss auf die Rennen haben. Der Sport an sich entwickelt sich und er sollte sich nicht in die falsche Richtung entwickeln.»

Mario Roman: «Es war ein gutes, aber nicht das beste Hixpania aus meiner Sicht. Wir hatten Regen erwartet, aber es war nur für zwei Runden etwas rutschig und den Rest sehr trocken. So wurde es einfach zu schnell, ich konnte das Tempo an der Spitze nicht mitgehen. Nach einer Stunde ging es besser und ich habe ordentlich Gas gegeben, aber das war zu spät, um Billy und Mani noch einzuholen. Ich gratuliere Billy und Mani, sie sind wirklich in extrem guter Form im Moment. Aber ich werde es weiter versuchen, sie eines Tages zu schlagen. Wir haben 20 Minuten vor dem Rennen versucht, Chili Caballero zu überzeugen, dass der X-Loop einfach zu gefährlich ist, aber er wollte nichts ändern. In der Fahrervereinigung, die wir letzte Woche alle miteinander gegründet haben, um als Fahrer mehr Einfluss zu haben, haben wir dann entschlossen, vor dem X-Loop nicht mehr weiterzufahren. Wir haben ihn dann später zur Show gefahren, aber eben nicht im Rennen. Wir wollen, dass die Organisatoren uns Fahrer mehr respektieren. Wenn wir sagen, wir wollen mehr Sicherheit und weniger Risiko, dann meinen wir das auch so. Wir wollen keine einfachen Strecken – aber manchmal ist es einfach zu viel und sie übertreiben es. Bei den Sektionen kannst du dir schnell eine wirklich ernsthafte Verletzung abholen und es gibt noch nicht einmal ein Preisgeld. Das war nun nicht einfach für die Organisatoren, sie machen einen extrem guten Job hier und es ist eines der besten Rennen überhaupt. Aber wir verdienen mehr Respekt und hoffentlich wird sich das in der Zukunft auch durch diese Aktion ergeben. Es soll hart sein, aber nicht derart gefährlich.»

Chili Caballero: «Das war eine schwierige Situation heute. Wir müssen miteinander reden, um das richtige Maß zu finden. Vor dem Start haben wir gesprochen und ich habe Bereitschaft gezeigt, noch einige Passagen zu ändern, aber die Fahrer haben dem nicht zugestimmt. Wir wollen den Zuschauern etwas bieten und die Sektionen müssen schwierig sein. Leider haben wir uns nicht einigen können, aber wir müssen in Zukunft reden, damit wir die Balance finden.»

Ergebnisse Hixpania (21. September):

 1. Graham Jarvis (GB, Husqvarna), 9 Runden
2. Sonny Goggia (IT, Sherco) 9 Runden
3. Billy Bolt (GB, Husqvarna), -1CP (FIM)
4. Manuel Lettenbichler (D, KTM), -1CP (FIM)
5. Mario Roman (E, Sherco), -1CP (FIM)
6. Wade Young (ZA, GASGAS), -1CP (FIM)
7. Francesc Moret Clota (E, KTM), -1CP
8. Mitch Brightmore (GB, GASGAS), -1CP (FIM)
9. James Moore (ZA, KTM), -1CP (FIM)
10. Alfredo Gomez (E, Beta), -1CP (FIM)

Vorläufiger WM-Stand, Top-10 nach 3 von 7 Rennen:

1.⁠ ⁠Manuel Lettenbichler (D, KTM) 102 Punkte
2.⁠ ⁠Billy Bolt (GB, Husqvarna) 89
3.⁠ ⁠Mitch Brightmore (GB, GASGAS) 74
4.⁠ ⁠Wade Young (ZA, GASGAS) 62
5.⁠ ⁠⁠Mario Roman (E, Sherco) 54
6.⁠ ⁠Alfredo Gomez (E, Beta) 48
7.⁠ Matt Green (ZA, KTM) 44
8.⁠ ⁠Teo Kabakchiev (BG, Sherco) 39
9.⁠ ⁠Thomas Scales (ZA, Beta) 38
10.⁠ ⁠James Moore (ZA, KTM) 27

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