Analyse Marc Surer: Verstappen, Ferrari, Fahrer 2017

Von Mathias Brunner
​Es gibt viel zu reden vor dem Grand Prix der USA auf dem Circuit of the Americas. Sky-Formel-1-Experte Marc Surer spricht über die heissesten Themen des Wochenendes – Verstappen, Ferrari, Fahrer 2017.
Marc, wie siehst du die Regelpräzisierung der FIA, was das Verhalten beim Verteidigen angeht?

Die Etikette beim Verteidigen war jahrelang ein ungeschriebenes Gesetz. Den eigenen Wagen beim Bremsen herumwandern zu lassen, das machte ein Pilot einfach nicht. Beim Bremsen soll ein Fahrer gerade bremsen. Das Verhalten von Max Verstappen führte dazu, dass aus dem ungeschriebenen Gesetz nun ein geschriebenes geworden ist. Beim Ausbremsen sollte es meiner Meinung nach darum gehen, wer später bremst. Aber wenn du am Angreifen bist und so spät gebremst hast, kannst du auf einen neuen Haken des Vordermanns überhaupt nicht mehr reagieren. Hamilton hatte in Japan zum Glück genügend Platz zum Ausweichen in einen Notausgang, an anderen Stellen hast du diesen Luxus nicht. Ein Vordermann soll vorher die Linie verbauen, aber nicht so spät. Für mich ist das eine unfaire Art, sich zu verteidigen. Das ist Ellbögeln bis hin zum Blockieren. Es ist gut, dass die FIA gehandelt hat.

Wir haben auch eine Präzisierung in Sachen Verhalten bei blauen Flaggen. Wie siehst du das?

Als NASCAR-Fan sage ich: Wo sind dort die blauen Flaggen beim Überrunden? Gibt es bei den Stock-Cars nicht, und das finde ich gar nicht schlecht. Der Hintermann muss halt sehen, wie er vorbeikommt. Wieso haben wir das in der Formel 1 nicht? Das würde ein wenig Würze ins Rennen bringen. Wir sind hier total überreglementiert.

Die Regel ist ja so ausgelegt, dass der Vordermann von der Ideallinie gehen muss, um dem Schnelleren Platz zu machen. Aber genau das macht es extrem gefährlich. Ich denke da nur an den tödlichen Unfall von Gilles Villeneuve beim Missverständnis mit Jochen Mass in Zolder 1982. Und auch in anderen Kategorien, in der VLN oder in Le Mans, kommt es immer wieder zu schweren Unfällen, weil dann der Langsamere von der Ideallinie geht, der zum teil viel schneller Daherkommende aber bereits einen Angriffsbogen begonnen hat, und dann kracht es. Daher sage ich – wir sollten da überhaupt keine Regel haben.

Reden wir vom Fahrermarkt, da sind zwei Puzzleteilchen an ihren Platz gefallen für 2017: Nico Hülkenberg fährt Renault, Daniil Kvyat bleibt bei Toro Rosso. Wie schätzt du das ein?

Nico Hülkenberg hat alles richtig gemacht. Denn Force India kann sich in der WM 2017 kaum steigern, dazu müssten sie an den Top-Teams vorbei, und das wird nicht passieren. Renault hingegen wird stärker werden. Auch wenn wir noch nicht wissen, wo das die Franzosen 2017 hinbringen wird – ein guter Schritt von Hülkenberg.

Der neue Vertrag für Kvyat hat mich erstaunt. Denn ich bin nicht der Ansicht, dass er sich komplett gefangen hat. Ich finde ihn noch immer von der Rolle. Okay, es ist besser geworden, aber er müsste auf dem Niveau von Sainz fahren, und das sehe ich nicht. Ich dachte, die holen Pierre Gasly aus der GP2 hoch. Allerdings – sein Teamgefährte Giovinazzi führt in der Meisterschaft. Unlängst fuhr Pierre Gasly für Red Bull Racing drei Tage lang Pirelli-Tests. Vielleicht ist dort auch etwas vorgefallen, was die Entscheidung von Red Bull pro Kvyat beeinflusst hat.

Wer sitzt für dich im zweiten Renault und im zweiten Force India?

Ich schätze, Magnussen wird bei Renault bleiben, mangels Alternative. Esteban Ocon würde zum Team passen, aber kommt dieser Schritt nach einer halben Saison bei Manor nicht zu früh? Zudem ist er ja Mercedes-Nachwuchsmann. Im zweiten Force India sehe ich Pascal Wehrlein. Oder Ocon. Dafür gäbe es dann für Manor einen schönen Rabatt auf die Motoren von Mercedes. Neben Pérez einen jungen Piloten einzusetzen, wäre für Force India nicht falsch. Es wäre im Interesse von Mercedes, einen der Junioren bei einem guten Mittelfeld-Team zu sehen, um seine Entwicklung besser einzuschätzen.

Ferrari war in Japan solide, hier in Texas schwächeln die Italiener. Wieso?

Wir haben hier in Austin einen ganz anderen Asphalt. In Suzuka ist die Pistenoberfläche rauh, da kommen die Reifen sofort auf Temperatur. Die Autos, die weniger Reifenverschleiss haben, waren da im Vorteil. Hier ist es umgekehrt – wir haben eine glatte Piste, da bekommt Ferrari die Walzen nicht zum Funktionieren.

Wie siehst du das Duell Mercedes gegen Red Bull Racing im Rennen?

Red Bull Racing sah in den Dauerläufen vom Freitag sehr gut aus. Aber wir haben in dieser Saison ein paar Mal erlebt – wenn es drauf ankommt, dann mobilisiert Mercedes-Benz einfach mehr Leistung. Daher ist diese Festung so schwer zu knacken.

Und wie geht Rosberg gegen Hamilton aus?

Eigentlich hoffe ich, dass Nico Rosberg den Weltmeistertitel holt. Aber ich möchte nicht, dass die WM früh entschieden wird. Daher sähe ich gerne einen Sieg von Hamilton und ein nicht so gutes Ergebnis von Nico. Ich will, dass dieser Titelkampf spannend bleibt.

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