Dietrich Mateschitz zu Vettel: «Rot steht dir nicht»

Von Gerhard Kuntschik
Dietrich Mateschitz

Dietrich Mateschitz

Im Interview spricht Mr. Red Bull Dietrich Mateschitz unter anderem darüber, wann Red Bull Racing Mercedes die Spitzenposition streitig macht und wie es um die GP-Zukunft auf dem Red Bull Ring bestellt ist.

Dietrich Mateschitz ist bester Laune. Im Fußball fiebert er regelmäßig mit den Leipziger Rasenballern, dem Überraschungsteam der Deutschen Bundesliga mit: «Platz 2 war nie zu erwarten oder gar geplant. Es bleibt das Ziel, die Saison ohne Abstiegssorgen im mittleren Drittel zu spielen. Freilich wäre ein Startplatz für einen Europa-Bewerb schön und wird jetzt auch angestrebt.»

In Salzburg erfüllen die Fußball-Bullen die Ausbildungsrolle für Leipzig, im Eishockey freut sich Mateschitz auf die Playoffs, in denen die Salzburger und Münchner ihre Titel verteidigen wollen.

Und im Motorsport? Auch da ist Dietrich Mateschitz gut drauf, weil hoffnungsfroh. Seinen traditionellen Besuch bei einem Vorsaison-Test in Barcelona hat er schon eingeplant – wie er SPEEDWEEK.com im Interview versichert.

Die Formel-1-Saison lief 2016 für Red Bull Racing wohl weit besser als von allen erwartet. Deine Bilanz und ein Ausblick nach vorn?

Mit den ersten Drei haben wir vor der Saison 2016 schon gerechnet. Aber da ist vieles relativ. Bist du so gut oder nur deswegen, weil deine Hauptkonkurrenten schwächer gewesen sind? Als Gesamtzweite schnitten wir etwas besser als erwartet ab, erzielten dank der Zusammenarbeit mit Mario Illien mit der neuen Technikertruppe von Renault auch eine hohe Standfestigkeit. Dass wir Ferrari distanziert haben, war weniger aus finanzieller Sicht wegen des Preisgelds wichtig denn als Frage der Ehre.

Das Motorenabkommen mit Renault wurde für Red Bull Racing bis 2018 verlängert, Toro Rosso bekommt in diesem Jahr wieder und auch bis 2018 Renault-Aggregate. Du bist also mit dem 2015 so oft kritisierten Partner zufrieden?

Renault holte für 2016 neue, ambitionierte und vor allem kompetente Leute, gemeinsam mit Illien ging da viel voran. Ich rechne für 2017 damit, dass wir motorisch so stark werden, dass wir näher an Mercedes herankommen. Wir wollen Mitte der Saison absolut wettbewerbsfähig sein, das heißt, Mercedes anzugreifen und um Siege zu fahren. Vom Chassis her sind wir sicher wieder ein Maßstab. Allerdings ist dabei Ferrari weiter die Unbekannte. Und was die Fahrer betrifft: Ricciardo/Verstappen sind ein klares Plus für uns.

Apropos: Wurden die beiden nach dem überraschenden Rosberg-Rücktritt geködert?

Es wurde darüber zwischen Helmut Marko und Niki Lauda diskutiert, aber eher im Spaß. Jeder wusste, dass keiner unserer Fahrer zur Verfügung stehen würde. Es ist auch keiner zu mir gekommen und hat um Freigabe gebeten.

Hast du noch Kontakt zu deinem Ex-Champion Sebastian Vettel?

Ja, hin und wieder, wenn ich bei einem Grand Prix bin oder am Telefon, aber fast immer ist das Smalltalk. (Er lacht). Ich sag’ ihm immer – Rot steht dir nicht.

Wird Toro Rosso mit Renault in der kommenden Saison stärker sein?

Toro Rosso wird gegen Force India und Williams nur schwer bestehen können, sollte aber gegen McLaren um Platz 6 kämpfen. Carlos Sainz hat sich stark entwickelt, Daniil Kvjat waren wir es schuldig, ihm weiter zu vertrauen. Pierre Gasly wird als Junior-Ersatzfahrer und viel im Simulator arbeiten.

Würdest du für ServusTV Formel-1-Rechte kaufen, sollte der ORF nach 2019 aussteigen?

Es würde wenig Sinn machen, neben RTL und Sky dritter Sender zu sein. Im MotoGP macht es trotz Eurosport Sinn, da arbeitet ein sehr sympathisches und professionelles Team für ServusTV.

Die Formel 1 bekommt gerade neue Mehrheitseigentümer. Hast du mit den Amerikanern von Liberty Media schon Kontakt gehabt?

Noch nicht, aber Chase Carey könnte diese Woche mit Bernie Ecclestone nach Kitzbühel zum Ski-Weltcup kommen, da werden wir reden.

Zum Beispiel worüber?

Die Popularität der Formel 1 steht und fällt mit dem Wettbewerb an der Spitze. Motorsport ist gut, wenn die Top-Teams eng beisammen sind. Ein Kampf um Platz 3 und 4 ist zu wenig. Die Autos müssen wieder archaischer werden, was ja für 2017 schon in die Wege geleitet wurde. Die vielen dämlichen Strafen für Fahrer gehören abgestellt, die versteht kein Fan mehr.

Was wird sich 2017 durch die neue Technik, also aggressiver aussehende Autos mit breiteren Reifen, ändern?

Die Fitness der Fahrer wird noch viel wichtiger. Wir reagieren darauf mit einem zusätzlichen Trainingsprogramm für unsere Fahrer, damit sie die höheren Kurvengeschwindigkeiten am besten verkraften.

Erwartest du, dass Ecclestone auch unter Liberty weiter das Sagen haben wird?

Wenn sie klug sind, werden sie ihn behalten. Er kennt alle Verträge, alle Details, hat die Verbindungen. Das kann man nicht so einfach ignorieren. Man ist in der Formel 1 gut beraten, wenn man glaubt, dass man um Bernie nicht herumkommt.

Hast du Interesse am Kauf von Formel-1-Anteilen, wurden dir welche angeboten?

Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, ob ich Anteile kaufen soll. Einerseits würde es naheliegen, denn die Formel 1 braucht auch Eigentümer, die keine Autohersteller sind. Andrerseits ist der Wert abhängig von den Teams, die sich verpflichten. Wir müssen abwarten, wie es nach dem Auslaufen der aktuellen Verträge (Ende 2020, die Redaktion) aussieht. Darüber wird man wohl bald einmal zu verhandeln beginnen müssen.

Auf dem Red Bull Ring war die MotoGP-Rückkehr ein voller Erfolg, die Formel 1 ist aber ein Defizitbringer. Hast du weiter Lust an deinen Rennen?

Als Rennpromoter weißt du, welche Kosten entstehen. In der Formel 1 decke ich mit den Zuschauereinnahmen gerade die Organisationskosten ab, die Gebühr für das Paket der Teams ist ein Zuschussposten. Im MotoGP kann ich kostendeckend sein. Die Promotor's Fee ist da ein Viertel oder Fünftel der Formel 1. Ich bin aber sicher, wenn Red Bull Racing wie erhofft 2017 an der Spitze mitfährt, haben wir in Spielberg 70.000 Zuschauer am Sonntag statt 50.000. Das Publikum der Formel 1 und MotoGP ist aber völlig unterschiedlich.

Freust du dich auf den KTM-Einstieg in der MotoGP-WM?

Klar. Wir sind doch seit 25 Jahren oder so Partner. Was KTM macht, wir sind dabei. KTM wird es auch im MotoGP-Sport schaffen, an die Großen heranzukommen. Es gibt allen Grund zur Zuversicht.

Wann gibt es wieder einen österreichischen Formel-1-Fahrer?

(Er lacht). Der nächste ist gerade drei Wochen alt! (Gemeint ist der eben geborene Sohn von Gerhard Berger.) 

Bleibt Helmut Marko weiter Motorsportchef? Immerhin wird er im April 74 Jahre alt.

(Lacht wieder). Der Helmut hat doch kürzlich ein neues Knie bekommen. Jetzt springt er wieder wie ein junger Hupfer! 

Die Red Bull Air Races gehen 2017 weiter?

Ja. Wir haben acht Schauplätze. Und es gibt auch eine Art Nachwuchsklasse, in der Lizenzen für die Air-Race-WM vergeben werden.

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