Mehr Talent in der Formel 1: Geht der FIA-Plan auf?

Von Mathias Brunner
Nicolas Todt (Zweiter von links) beobachtet seinen Schützling Charles Leclerc

Nicolas Todt (Zweiter von links) beobachtet seinen Schützling Charles Leclerc

Viele Fans reagierten genervt: Sergey Sirotkin statt Robert Kubica 2018 im Williams, bravo, noch ein Bezahlfahrer! Aber Nicolas Todt, Sohn des FIA-Chefs Jean Todt, macht uns Hoffnung, dass Talent doch belohnt wird.

Anfang kommender Woche soll es so weit sein: Williams wird die Verpflichtung des 22jährigen Moskauers Sergey Sirotkin bekanntgeben. Seit sich das abzeichnet, haben sich viele Formel-1-Fans aufgeregt – na bravo, kommentierten sie auf den sozialen Netzwerken, noch ein Bezahlfahrer!

Dank eines prallen Geldkoffers und nicht des Talents wegen in den Grand-Prix-Sport zu kommen, das monierte auch Ross Brawn, bei «Formula One Management» für die Entwicklung von Technik und Sport zuständig. Der 63-Jährige liess wissen: «Max Verstappen ist ein überaus aufregendes Element der Formel 1. Mein Traum wäre es, in den kommenden Jahren mehr Piloten von seinem Schlag zu haben. Wir sollen wieder in eine Lage kommen, dass nur die Besten in der Formel 1 fahren. Damit wir uns jetzt nicht falsch verstehen – das fahrerische Niveau in der Formel 1 ist heute sehr hoch. Aber wir haben auch wirtschaftliche Sachzwänge, was gewisse Rennställe angeht. Diese Sachzwänge drängen sie zu entsprechenden Fahrerentscheidungen. Könnten wir das aus der Welt schaffen, hätten wir die Chance, den Standard noch höher zu schrauben.»

Auch Ex-GP-Pilot Martin Brundle kritisierte: «Es ist enttäuschend zu sehen, dass talentierte Fahrer ausgebootet werden und andere Piloten nur deshalb im Wagen sitzen, weil sie Geld mitbringen. Das finde ich unbehaglich. Es kommen immer mehr Bezahlfahrer und arbeiten sich nach vorne. Aber viele von ihnen sind trotzdem gute Rennfahrer.»

Sergey Sirotkin hat in seinen zwei Jahren GP2 (heute Formel 2) immerhin dreizehn Podestränge erkämpft und drei Mal gewonnen, er wurde 2015 und 2016 Gesamtdritter, bevor ihn Renault für 2017 zum offiziellen Test- und Ersatzfahrer gemacht hat.

Gewiss, der Moskauer kommt mit finanzieller Hilfe daher, aber er war bei den Abu-Dhabi-Tests auch schneller als Robert Kubica. Und das Geld hat ihm dabei nicht geholfen, das Gaspedal hinrunterzudrücken.

Ex-GP-Star Mark Webber (41) fand: «Wir brauchen wieder mehr hochqualifizierte Fahrer in der Formel 1. Von den Top-Ten rede ich nicht, hier fahren Ausnahmekönner wie zu meiner Zeit. Nein, ich spreche von mangelnder Tiefe, da ist das Startfeld schwächer denn je. Wenn du über die ersten Zehn hinausguckst, dann findest du da bald nur noch Bezahlfahrer. Das ist nicht gut.»

Der langjährige Red Bull Racing-Pilot und dreimalige WM-Dritte (2010, 2011 und 2013) findet: «Damit wir uns richtig verstehen – ich weiss natürlich auch, dass Fahrer mit Mitgift immer schon Teil des Sports waren. Aber ich finde einfach, als ich in die Formel 1 kam, also 2002, aber selbst einige Jahre vorher und nachher, da hatten junge Piloten noch eine bessere Chance, durch gute Leistungen in Nachwuchskategorien auf sich aufmerksam zu machen. Sie erkämpften sich ein Renncockpit durch ihre Ergebnisse.»

«Ich vermisse bei einigen Fahrern einfach den Hunger. Wir wollen doch die Besten am Werk sehen, die Fahrer, die sich emporgearbeitet und durch Siege in unteren Klassen verdient gemacht haben; Piloten, die zielorientiert sind, durch und durch professionell, die nach Erfolg gieren, für die der Sport alles bedeutet. Solche Piloten will ich in der Formel 1 sehen.»

Die FIA arbeitet daran.

Der Autoverband hat die Vorschriften zum Erlangen der Superlizenz verschärft – jenes Führerscheins, den ein Rennfahrer benötigt, um an einem GP-Wochenende Formel 1 zu fahren. Zuvor galt, dass ein Pilot einen repräsentativen Formel-1-Renner 300 Kilometer lang im Renntempo bewegt haben muss, um die Lizenz zu erhalten. Dazu musste das Team nachweisen, dass dieser Fahrer mit dem sportlichen Reglement vertraut ist.

Die schärferen Vorschriften sehen nun vor, dass ein Fahrer in den drei Jahren vor seinem Einsatz (also 2015 bis 2017) entweder mindestens sechs GP2- oder Formel-2-Rennen bestritten haben muss. Oder dass er in den Nachwuchsklassen mindestens 25 Superlizenzpunkte errungen hat. Dies nach einem genauen Schlüssel der FIA.

Das macht den Franzosen Nicolas Todt zuversichtlich. Der Sohn des FIA-Präsidenten Jean Todt arbeitet seit vielen Jahren als Fahrer-Manager. Unter anderen hat er sich um Felipe Massa gekümmert und Pastor Maldonado, um Jules Bianchi und Charles Leclec. Bei den Kollegen von AutoHebdo meint der 40-Jährige: «Natürlich hilft es einem Piloten, wenn er finanzielle Unterstützung vorweisen kann. Aber ich bin davon überzeugt, dass das neue Superlizenzen-System der FIA es verhindern wird, dass Piloten ohne das entsprechende Niveau Formel 1 fahren. Du kannst so viele Millionen hinblättern, wie du willst – wenn du die Mindestpunktzahl nicht erreichst, dann wird es nichts mit der Superlizenz.»

«Mir ist die wirtschaftliche Realität bei einigen Teams bewusst. Dennoch behaupte ich: Das fahrerische Niveau im GP-Feld war nie höher. Es ist auch ganz wichtig, dass wir die Botschaft stoppen, die Formel 1 sei nur etwas für Bezahlfahrer. Das schreckt die Jungen im Kartsport ab und auch deren Eltern. Es muss möglich sein, dass du vor allem wegen deines Talents den Durchbruch schaffst.»

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