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Kostendeckel? Lieber Formel-1-Reglement wegschmeissen

Von Mathias Brunner
​Ex-Ferrari- und McLaren-Pilot Stefan Johansson (62) glaubt nicht, dass ein Budgetdeckel in der Formel 1 etwas bringt. «Wir sollten gescheiter das Reglement aus dem Fenster werfen und vorn vorne anfangen.»

Während sich die Formel 1 auf den Grand Prix von Brasilien vorbereitet, laufen im Hintergrund die Verhandlungen weiter: Die Formel 1 soll endlich einen Kostendeckel erhalten. F1-Sportchef Ross Brawn glaubt fest daran – mit einer Budgetobergrenze haben die Mittelfeldrennställe eher die Möglichkeit, den Top-Teams ein Bein zu stellen, als heute. Der frühere Formel-1-Fahrer Stefan Johansson sieht das komplett anders.

Der 62jährige Schwede gibt zu bedenken: «Wenn wir uns die Rennhistorie betrachten, dann läuft das so – die Rennställe geben genau so viel aus wie sie nur können. So lange die Techniker nicht eingeschränkt werden, hört die Geldverbrennung nicht auf. Wenn du einem Spitzen-Team eine Milliarde Dollar geben würdest, dann fände es Mittel und Wege, die durchzubringen, jeden Penny. So ist das nun mal. Alle wollen gewinnen, und dazu geben sie aus, was immer notwendig ist. Die Ingenieure denken sich unablässig etwas aus, das ihrem Team einen Vorteil verschaffen könnte.»

Der Manager des fünffachen IndyCar-Champions Scott Dixon weiter: «Wenn wir schon vom Kostensenken sprechen, dann sehe ich nicht ein, wieso die Regeln für die kommende Saison schon wieder geändert wurden. Wo bitte ist hier die Logik? Das macht doch alles nur noch teurer.»

«Einige behaupten – wenn wir Teile standardisieren, dann verliert die Formel 1 ihre DNA. Das ist lächerlich! Früher oder später muss eine Entscheidung getroffen werden. So lange die Rennställe die Freiheit haben, dass ein Auto weitgehend alleine konstruiert wird, so lange haben wir eine Lücke zwischen den Top-Teams und dem Mittelfeld. Wenn ich weiss, dass das Budget eines F1-Spitzenrennstalls für die Bremsen alleine so hoch ist, dass du dafür im IndyCar-Sport eine Saison bestreiten könntest, dann muss das doch zu denken geben! Und überhaupt: Wenn interessiert es, ob in einem GP-Renner individuelle oder identische Bremsanlagen stecken?» fragt der Schwede in seinem Rennblog.

«In der Formel 1 war es in der Regel immer so, dass sich höchstens drei Rennställe pro Saison die Siege geteilt haben. Oft waren es sogar nur zwei Teams, ab und an dominierte ein Rennstall. Ferrari hat jahrelang dominiert, McLaren ebenso, Red Bull Racing auch und nun eben Merecedes. Die Anderen holen auf, aber wenn die Formel-1-Verantwortlichen in ihrer unendlichen Weisheit erneut die Regeln ändern, dann wird wieder ein Team für eine ganze Weile das Sagen haben.»

«Das ist stets ein Zyklus. Im Moment schiebt sich das da vorne an der Spitze zusammen, und was tun sie? Sie ändern die Regeln erneut. Dabei weiss jeder: Stabilität im Reglement ist die Garantie, dass der Abstand von der Spitze zum Hinterbänkler kleiner wird und die Forschungs- und Entwicklungskosten sinken. Mit neuen Regeln werden wieder jene vorne sein, die am meisten Ressourcen für die Entwicklung nutzen können.»

«Mit kommt das seit Jahren vor wie reflexartige Reaktionen auf was immer gerade angesagt ist – mal werden die Autos langsamer gemacht, dann wieder schneller. Ich sage: Warum kümmert ihr euch um das alles, so lange ihr das Reifenthema nicht im Griff habt?»

«Wir haben einen Alleinausrüster, der Reifen baut, die keine Renndistanz halten, ohne Blasen zu werfen. Also gondeln alle nur herum und behandeln die Walzen wie rohe Eier. Das ist bizarr. Keiner kann mehr über eine volle Renndistanz volle Kanne fahren. Habe ich nicht gehört, das sei die schnellste Formel 1 aller Zeiten? Wieso bekommen wir dann nicht die Möglichkeit, sie zu sehen? Selbst die Quali ist ein Witz. Ein Teil der Fahrer versucht’s nicht mal, weil sie ohnehin keine Chance auf die Pole oder eine Motorstrafe erhalten haben oder etwas ähnlich Sinnfreies, was sie vom Angasen abhält.»

«Wir sollten gescheiter das Reglement aus dem Fenster werfen und von vorne anfangen – mit dem Augenmerk darauf, die Dinge einfach und verständlich zu halten. Das grosse Bild müsste im Mittelpunkt stehen, angefangen mit den wichtigen Themen: Konkurrenzfähigkeit, Wirtschaftlichkeit, Unterhaltung, Relevanz. Im Moment wird nichts davon abgedeckt, so wie das möglich wäre. Um das alles zu reichen, müsste neu definiert werden, wie die Autos aussehen und was wir mit ihnen eigentlich anfangen wollen. So lange Ingenieure das Reglement mitgestalten, wir das nie passieren.»

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