Jacques Villeneuve über Lance Stroll: Ganz neue Töne

Von Mathias Brunner
Jacques Villeneuve 2019 in Monaco

Jacques Villeneuve 2019 in Monaco

​Formel-1-Champion Jacques Villeneuve hat jahrelang an seinem kanadischen Landsmann Lance Stroll kein gutes Haar gelassen. Nun aber schlägt der elffache Grand-Prix-Sieger ganz andere Töne an.

Seit Jahren hat Jacques Villeneuve selten eine Gelegenheit verpasst, seinem Landsmann Lance Stroll tüchtig an den Karren zu fahren. Jüngstes Beispiel: Als Lance Stroll wegen Unwohlseins nicht am Eifel-GP-Wochenende teilnehmen konnte, später stellte sich heraus – der Racing Point-Fahrer hatte sich mit dem Coronavirus infiziert. Als selbst das Team noch an eine Magenverstimmung glaubte, schimpfte Villeneuve: «Wenn du wirklich hungrig bist, dich in der Formel 1 durchzusetzen, dann wirst du immer fahren wollen und gewiss nicht aufgeben.»

Verbalattacken des 49jährige Villeneuve auf den jungen Stroll hörten wir regelmässig. Zuerst fand der Weltmeister von 1997, Stroll sei zu früh und ohnehin nur des Geldes wegen zu Williams in die Formel 1 gekommen. Dann monierte der elffache GP-Sieger, Stroll habe sich sogar von Felipe Massa schlagen lassen, der nur noch mit halber Kraft unterwegs gewesen sei. Villeneuve mäkelte an der Fehlerquote von Stroll herum, bezeichnete ihn als den schlechtesten Formel-1-Neuling seit langem und den Podestplatz in Aserbaidschan 2017 als reinen Glückstreffer.

Aber nach dem GP-Wochenende in der Türkei schlägt Villeneuve – mit Williams 1997 Formel-1-Weltmeister geworden – ganz andere Töne an. «Lance ist im Abschlusstraining von Istanbul eine ganz ausserordentliche Runde gefahren und hat sich hochverdient die Pole-Position geholt. Im Gegensatz zu anderen Fahrern hat er sich keinen Fehler erlaubt. Ich wüsste nichts, was ich an dieser Leistung auszusetzen hätte.»

«Das hatte nichts mit Glück zu tun. Das war pures Können. Auch andere Fahrer haben die gleiche Reifenstrategie wie Lance umgesetzt, aber keiner so makellos. Es fällt auf, dass Stroll besonders unter schwierigen Verhältnissen über sich hinauswächst – er errang in Monza 2017 bei tückischen Pistenverhältnissen einen vierten Startplatz, er holte im chaotischen Baku-GP 2017 Rang 3, als die Fahrer links und rechts von der Bahn flogen. Und er nutzte auch die Gunst der Stunde in Monza 2020, ebenfalls mit Rang 3. Ganz offensichtlich fühlt er sich unter schwierigsten Bedingungen sehr wohl.»

Im Rennen fiel Stroll nach anfänglich mühelos scheinender Führung zurück und wurde nur Neunter. Er war baff, wie sich der Speed im Rennen so dramatisch verflüchtigen konnte und vermutete das Problem bei der Reifennutzung. Wieso an seinem Wagen die frischen Intermediate-Reifen so stark körnten, konnte er sich nicht erklären.

Racing Point fand nach dem Rennen eine Beschädigung des Frontflügels an der Unterseite. Die Techniker hatten anhand der Daten einen Abtriebsverlust an der Vorderachse gemessen, wussten aber nicht, wie der entstehen konnte. Nach dem Rennen wurde offensichtlich: Eine Luftleitstrebe hatte sich gelöst und dann unglücklich verklemmt. Der Mangel an Antrieb verstärkte die Neigung zum Körnen der Reifen.

Türkei-GP, Istanbul

1. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 1:42:19,313 h
2. Sergio Pérez (MEX), Racing Point, +31,633 sec
3. Sebastian Vettel (D), Ferrari, +31,960
4. Charles Leclerc (MC), Ferrari, +33,858
5. Carlos Sainz (E), McLaren, +34,363
6. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, +44,873
7. Alex Albon (T), Red Bull Racing, +46,484
8. Lando Norris (GB), McLaren, +1:01,259 min
9. Lance Stroll (CDN), Racing Point, +1:12,353
10. Daniel Ricciardo (AUS), Renault, +1:35,460
11. Esteban Ocon (F), Renault, +1 Runde
12. Daniil Kvyat (RUS), AlphaTauri, +1 Runde
14. Pierre Gasly (F), AlphaTauri, +1 Runde
13. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes, +1 Runde
15. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo, +1 Runde
16. George Russell (GB), Williams, +1 Runde
Out
Kevin Magnussen (DK), Haas, Aufgabe
Romain Grosjean (F), Haas, Schäden nach Kollision mit Latifi
Nicholas Latifi (CDN), Williams, Schäden nach Kollision mit Grosjean
Antonio Giovinazzi (I), Alfa Romeo, Getriebedefekt

WM-Stand nach 14 von 17 Rennen

Fahrer
1. Hamilton 307 Punkte
2. Bottas 197
3. Verstappen 170
4. Pérez 100
5. Leclerc 97
6. Ricciardo 96
7. Sainz 75
8. Norris 74
9. Albon 70
10. Gasly 63
11. Stroll 59
12. Ocon 40
13. Vettel 33
14. Kvyat 26
15. Nico Hülkenberg (D) 10
16. Räikkönen 4
17. Giovinazzi 4
18. Grosjean 2
19. Magnussen 1
20. Latifi 0
21. Russell 0

Marken
1. Mercedes 504
2. Red Bull Racing 240
3. Racing Point 154
4. McLaren 149
5. Renault 136
6. Ferrari 130
7. AlphaTauri 89
8. Alfa Romeo 8
9. Haas 3
10. Williams 0

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