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Lewis Hamilton: «Ich sagte mir, reiss dich zusammen!»

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton, siebenfacher Formel-1-Champion

Lewis Hamilton, siebenfacher Formel-1-Champion

​Es passiert selten, dass Mercedes-Star Lewis Hamilton im Rennwagen die Fassung verliert. Auf dem Weg zum siebten WM-Titel wurde er von seinen Gefühlen übermannt. «Ich sagte mir – reiss dich zusammen!»

Sieben WM-Titel, das hat vor Lewis Hamilton nur der grosse Michael Schumacher geschafft. Der englische Mercedes-Pilot hat im Laufe der Saison immer betont: «Ich will gar nicht so sehr an die Titelverteidigung denken und daran, was ein siebter Titel für mich bedeuten würde. Ich will mich auf meine Aufgabe im jeweiligen Grand Prix konzentrieren, das gibt mir die notwendige Schärfe.»

Aber als dieser Grosse Preis der Türkei langsam zu Ende ging, mit Lewis Hamilton an der Spitze, wo sonst?, und drauf und dran, die Schumi-Bestmarke zu erreichen, da wurde der Champion von seinen Gefühlen übermannt.

Lewis nimmt uns mit in die letzte Phase des Rennens: «Ich halte meist meine Emotionen im Zaum. Aber wir führten am Funk eine Diskussion darüber, ob ich vielleicht nochmals Reifen wechseln soll. Aber das fand ich keine gute Idee.»

Lewis Hamilton ist da ein gebranntes Kind: Er strandete beim China-GP 2007 in einem Kiesbett, das kaum grösser zu sein schien als ein Bettlaken – bei der Anfahrt zur Box, mit abgefahrenen Reifen. «Das hat mich damals den WM-Titel gekostet.» Natürlich musste der Engländer daran denken, als ihn seine Jungs baten, doch bitteschön sicherheitshalber frische Reifen abzuholen. «Ich wusste, wie glitschig die Boxeneinfahrt hier ist, das wollte ich nicht riskieren.»

Hamilton setzte sich gegen den Willen der Mercedes-Strategen durch, die Mechaniker schleppten die Walzen wieder in die Box, und Lewis gravierte ein neues Kapitel in seine Erfolgsgeschichte.

Lewis nimmt den Faden auf: «Mir war klar – der Titelgewinn rückt jetzt in greifbare Nähe. Also sagte ich mir: ‚Reiss dich zusammen, Lewis, du hast es fast!’ Natürlich wusste ich, wo Valtteri liegt, also schoss mir durch den Kopf: ‚Einfach ins Ziel fahren, dann ist das dein Titel!’»

«Und auf einmal wallten diese ganzen Emotionen auf, ich kämpfte dagegen an. So viele Bilder aus meiner kompletten Karriere hatte ich vor Augen. Als ich fünf Jahre alt war und Go-Kart fuhr, als wir den ersten britischen Titel holten. Auf dem Rückweg sangen Dad und ich im Auto von Queen: ‚We are the Champions!’ Wir träumten davon, dass wir es eines Tages in die Formel 1 schaffen würden.»

«Noch waren wenige Runden zu fahren, nur Minuten trennten mich von der Weltmeisterschaft. Es waren fast zu viele Erinnerungen, die mich überfluteteten. Und dann kam die Ziellinie, jetzt fiel die ganze Last von meinen Schultern, und ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten – ich glaube, ich habe die ganze Auslaufrunde lang nur geheult. Ich musste lange im Wagen sitzenbleiben. Ich konnte nicht aussteigen. Ich musste zuerst einen Moment sacken lassen, was da eben passiert war.»

«All dies hätte ich nie erreicht ohne meinen Vater. Er hat mir immer den Rücken gestärkt, auch an jenen Tagen, als ich von Zweifeln zernagt wurde, als ich dachte, ich bin nicht gut genug. Er hat mich immer ermutigt weiterzumachen. Ich dachte an meine Mutter und meine Stiefmutter Linda, an meinen Bruder; sie alle standen immer wie ein Mann hinter mir.»

Lewis Hamilton liess das Helmvisier lange unten. «Ich wollte nicht, dass die Menschen meine Tränen sehen. Denn ich kann mich an andere Fahrer erinnern, die weinen mussten. Und ich sagte mir damals: ‚Das werde ich ganz bestimmt nicht machen!’ Aber an diesem Tag war es einfach zu viel, ich konnte nicht anders.»

Türkei-GP, Istanbul

1. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, 1:42:19,313 h
2. Sergio Pérez (MEX), Racing Point, +31,633 sec
3. Sebastian Vettel (D), Ferrari, +31,960
4. Charles Leclerc (MC), Ferrari, +33,858
5. Carlos Sainz (E), McLaren, +34,363
6. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, +44,873
7. Alex Albon (T), Red Bull Racing, +46,484
8. Lando Norris (GB), McLaren, +1:01,259 min
9. Lance Stroll (CDN), Racing Point, +1:12,353
10. Daniel Ricciardo (AUS), Renault, +1:35,460
11. Esteban Ocon (F), Renault, +1 Runde
12. Daniil Kvyat (RUS), AlphaTauri, +1 Runde
14. Pierre Gasly (F), AlphaTauri, +1 Runde
13. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes, +1 Runde
15. Kimi Räikkönen (FIN), Alfa Romeo, +1 Runde
16. George Russell (GB), Williams, +1 Runde
Out
Kevin Magnussen (DK), Haas, Aufgabe
Romain Grosjean (F), Haas, Schäden nach Kollision mit Latifi
Nicholas Latifi (CDN), Williams, Schäden nach Kollision mit Grosjean
Antonio Giovinazzi (I), Alfa Romeo, Getriebedefekt

WM-Stand nach 14 von 17 Rennen

Fahrer
1. Hamilton 307 Punkte
2. Bottas 197
3. Verstappen 170
4. Pérez 100
5. Leclerc 97
6. Ricciardo 96
7. Sainz 75
8. Norris 74
9. Albon 70
10. Gasly 63
11. Stroll 59
12. Ocon 40
13. Vettel 33
14. Kvyat 26
15. Nico Hülkenberg (D) 10
16. Räikkönen 4
17. Giovinazzi 4
18. Grosjean 2
19. Magnussen 1
20. Latifi 0
21. Russell 0

Marken
1. Mercedes 504
2. Red Bull Racing 240
3. Racing Point 154
4. McLaren 149
5. Renault 136
6. Ferrari 130
7. AlphaTauri 89
8. Alfa Romeo 8
9. Haas 3
10. Williams 0


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