KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Die 2009er GP-Renner unter der Lupe

Von Paolo Bombara
Sergio Rinland und Pedro Diniz 1999 bei Sauber

Sergio Rinland und Pedro Diniz 1999 bei Sauber

Der argentinische Rennwagendesigner Sergio Rinland analysiert das F1-Startfeld 2009.

Sergio Rinland ist, was unsere englische Kollegen so malerisch als Wandersmann bezeichnen – ein Techniker, der viel herumgekommen ist. Der gebürtige Argentinier begann seine GP-Karriere 1983 bei RAM-March, es folgten Aufenthalte bei Williams, Brabham, BMS-Dallara, nochmals Brabham, Fondmetal, Forti, Benetton, Sauber und Arrows. Heute ist er leitender Ingenieur beim Sportwagenteam Epsilon Euskadi.

Für SPEEDWEEK online sagt er, welchen Teams er grosse Chancen einräumt und wer sich Sorgen machen muss.

BMW-Sauber

«Ein durchdachtes Auto, mit interessanten, liebevollen Details. BMW-Sauber hat sich KERS verschrieben, und sie scheinen die Energie-Rückgewinnung in Sachen Standfestigkeit im Griff zu haben. Das Team wird davon profitieren, dass man sehr früh mit dem 2009er Fahrzeug begonnen hat und sogar zwei Übergangsfahrzeuge baute.»

Brawn Grand Prix
«Auch für mich eine Überraschung. Die Tatsache, dass Brawn so spät kommt und dann solche Zeiten fahren kann, ist für mich ein Beweis dafür, wie vorzüglich man im Windkanal gearbeitet hat. Man verzichtet auf KERS, um sich das Leben nicht unnötig zu komplizieren. In der Form der Wintertests ist Brawn ein Sieganwärter, und zwar so lange, bis die grösseren Teams alles auf die Reihe gekriegt haben. Brawn ist das im positiven Sinne einfachste Auto, ohne Schnickschnack, aber mit cleveren Detaillösungen. Hut ab.»

Ferrari

«Der Ferrari ist auf KERS ausgelegt, und damit haben die Italiener die Probleme all jener, die mit der Energie-Rückgewinnung fahren – die Unterbringung, die Einschränkungen, mit Ballast arbeiten zu können, die voluminösen Seitenkästen. Die mangelnde Standfestigkeit macht Sorgen.»

Force India

«Nichts an diesem Auto überzeugt mich oder wirkt inspiriert. Ich verstehe nicht, wieso man nicht wie Brawn den Weg ohne KERS gegangen ist. Immerhin verwenden die auch einen Mercedes-Motor. Die Seitenkästen wirken auf mich klobig, wie jene von Ferrari, und komplex. Komplex in Sachen Aerodynamik bedeutet aber immer – es ist schwierig, in den optimalen Wirkungsbereich zu kommen.»

McLaren-Mercedes
«Ich weiss, es scheint nicht das schnellste Auto zu sein. Aber es gefällt mir trotzdem am besten. Kein anderes Auto ist so detailversessen gearbeitet. Ich bin sicher, es kommen noch jede Menge Aero-Teile, und der Wagen wird schneller. Die bisherigen Probleme gehen für mich darauf zurück, dass man einfach noch nicht alle Parameter optimal zum Funktionieren gebracht hat. Sollte das passieren, und ich gehe davon aus, dass dies bald passiert, dann ist mit den Silberpfeilen zu rechnen.»

Red Bull Racing und Scuderia Toro Rosso

«Selbst wenn im Heck verschiedene Motoren stecken ist das Grundkonzept das gleiche, also erlaube ich mir eine gemeinsame Einschätzung. Als ich den Wagen zum ersten Mal sah, so wundervoll kompakt, da war ich überzeugt, dass ohne KERS gefahren wird. Man sagt mir nun jedoch, es sei mit der Energie-Rückgewinnung getestet worden, also lag ich da wohl falsch. Dann muss mir Adrian Newey mal bei Gelegenheit erklären, wie er bei einem so eleganten Auto KERS untergebracht hat. Für mich neben dem McLaren das schönste Auto, von dem ich mir ebenfalls viel verspreche.»

Renault
«Tut mir leid, aber ich kann es nicht anders sagen – der Renault ist hässlich. Allerdings scheint er, nach dem Überwinden der ersten Kinderkrankheiten, zu funktionieren. Bei diesem Wagen habe ich mich nie gefragt, ob da wohl ein KERS drin stecke. Selbst wenn die Fahrzeugnase als Luftleitelement ausgelegt ist, um den Verlust an Abtrieb im mittleren, standardisierten Bereich teilweise zu kompensieren, frage ich mich schon, ob es wirklich eine so grosse Nase dazu brauchte. Doch keiner sollte vergessen, dass wir hier von jenen Aero-Experten sprechen, die 2005 und 2006 Weltmeister wurden – in Enstone wurde offenbar etwas entdeckt, was anderen verborgen geblieben ist.»

Toyota
«Ein Auto, dem man ansieht, wieviel Arbeit drin steckt. Sehr saubere Linien, kompakt, eindrucksvoll. Der Clou steckt – wie bei Brawn und Williams – im Heck, mit dem als Doppeldecker ausgelegten Diffusor. Ich bin gespannt darauf, wie sich diese Geschichte weiterentwickelt. Ob man also diese drei Teams einbremst oder ob die anderen Rennställe gezwungen sind, in diesem Bereich nachzurüsten. Der Toyota ist für mich eine Überraschung, seine Standfestigkeit ist eindrucksvoll, da liegen Podestplätze drin.»

Williams

«Abgesehen von den seltsamen Luftleit-Elementen auf Höhe des Fahrers ein sehr sauberes Auto. Bei der Nase hat man sich das gleiche überlegt wie bei Renault, und auch am Williams scheint sich das auszuzahlen. Zumal man beim Diffusor den Graubereich des Reglement ideal ausnutzt. Ein Fragezeichen ist für mich KERS, wo ja Williams als einziges Team eine Lösung mit Schwungrad entwickelt hat. Wir werden aber wohl frühestens in Barcelona sehen, ob diese Variante, die weniger Kühlbedarf voraussetzt und damit kleinere Seitenkästen erlaubt, unterm Strich die bessere ist. Was ich bislang gesehen habe, drängt das Urteil auf – mit Williams ist wieder zu rechnen.»


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