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Keine klare Linie

Kolumne von Peter Hesseler
Buemi musste 10 Extra-Sekunden herschenken

Buemi musste 10 Extra-Sekunden herschenken

FIA-Kommissare sprechen immer noch Urteile, deren Strafbemessungen nicht immer nachvollziehbar sind.

Die Rennkommissare werde ich wohl nie ganz verstehen. Vielleicht liegt es daran, dass bei jedem Rennen andere «Experten» mit Berufserfahrung den regulären FIA-Kommissaren als «Berater mit Stimmrecht» zur Seite stehen. Diesmal (Malaysia) war es Emmanuele Pirro, ein italienischer Sportwagen-Pilot mit überschaubarer Formel-1-Vergangenheit.

In Sepang wurde Sébastien Buemi mit einer Durchfahrstrafe plus zehn Sekunden belegt, abzusitzen am Ende der Boxengass, wegen Geschwindigkeitsübertretung in den Boxen (er hatte den Speedlimiter versehentlich zweimal gedrückt). Die Strafe kostete den Toro-Rosso-Fahrer mehr als 30 Sekunden. Er wurde Zwölfter, verlor womöglich vier Plätze.

Fernando Alonso wurde für seinen hochaggressiven Nasenstüber an Lewis Hamilton (gegen dessen Hinterrad) mit 20 Sekunden Zeitstrafe belegt – nach dem Rennen. Das hatte keine Folgen: Der Ferrari-Pilot blieb Sechster, was zum Zeitpunkt des Urteilsspruchs absehbar war. – Warum also wurde die Strafe dann überhaupt noch ausgesprochen? Aus Prinzip? Oder der Symbolkraft wegen?

Und: War Alonsos Aktion etwa harmloser als jene Buemis?

Lewis Hamilton machte laut Schöffen mehr als einen (erlaubten) Spurwechsel auf der Geraden und wurde dafür im Nachhinein mit 20 Extra-Sekunden abgestraft. Wir haben uns unter Fernseh-Experten umgehört: Die hatten ein angebliches Fehlverhalten Hamiltons – wie auch wir – nicht mal im Ansatz gesehen.

Hamilton verlor Rang 7 an Kobayashi, wurde Achter. Dazu wäre anzumerken: Haben die Kommissare bessere Bilder als wir? Und bessere als das Fernsehen?

Und zur Erinnerung: Als Hamilton in seinem McLaren-Mercedes vor einem Jahr an gleicher Stelle Schlangenlinien vor Vitaly Petrov fuhr und so den Russen selbst für Laien erkennbar unfair blockierte, kam er ungeschoren davon.

Im Gegensatz dazu musste Hamiltons Teamkollege Jenson Button im ersten Saisonlauf 2011 in Melbourne eine Durchfahrtsstrafe schlucken. Er hatte eine Schikane abgeschnitten und danach seinen durch das unkorrekte Manöver eroberten Platz nicht an Felipe Massa zurückgegeben. Das war nicht böswillig (von Button), aber dreist und nicht besonders clever. Sein Team, McLaren-Mercedes, erbat im Rennen per e-Mail um Rat, wie man verfahren solle. Als Antwort kam die Strafzuweisung, was McLaren beleidigt zur Kenntnis nahm. Jenson rutschte aus dem Vorderfeld auf Rang 12 ab.

Auch Rubens Barrichello wurde in Melbourne mit einer Durchfahrtstrafe belegt, weil er Nico Rosberg tölpelhaft (aus dem Rennen) gerammt hatte. In diesem Fall ist das «Vergehen» vergleichbar mit jenem Alonsos in Malaysia. Es erklärt aber immer noch nicht, warum Buemi noch zehn Sekunden oben drauf absitzen musste.

Eine einheitliche Linie im Maasnahmenkatalog der FIA ist in dieser Saison bisher nicht erkennbar. Sie bleibt sich immerhin ihrer «Schlangenlinien-Juristerei» treu. Denn nachvollziehbar und konsequent ist die Rechtsprechung im GP-Sport noch nie gewesen.

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