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Ross Brawn zum Technik-Kniff Mercedes: «Nie erwartet»

Von Mathias Brunner
Formel-1-Sportchef Ross Brawn spricht über die 2022er-Rennwagen. Der grosse Aufreger in Bahrain ist der extrem schmale Mercedes. Ex-Mercedes-Teamchef Brawn: «So etwas hätten wir nie erwartet.»

Ross Brawn hat als Technik- und Teamchef von Benetton, Ferrari, Honda, BrawnGP und Mercedes-Benz fast alles gesehen in der Formel 1. Aber der 67-jährige Engländer, heute Sportdirektor der Königsklasse, gibt offen zu: «Wir hätten mit einer so extremen Seitenkasten-Lösung wie am Mercedes nie gerechnet.»

Es ist DAS Thema am Bahrain International Circuit: die neuen Seitenkästen am Silberpfeil. Oder vielmehr die Frage der Gegner: Wo sind die Sidepods eigentlich hingekommen? Die achtfachen Gewinner der Konstrukteurs-Meisterschaft haben offenbar eine so innovative Lösung für die Kühlung gefunden, dass die Konkurrenz ehrfürchtig von «zero sidepods» spricht. Ein so schmales Formel-1-Auto haben wir schon lange nicht mehr gesehen. Hat Mercedes hier den aerodynamischen Stein der Weisen gefunden?

Ross Brawn sagt auf F1TV: «In Barcelona haben sich die Teams mit den neuen Rennwagen auf unbekanntes Terrain vorgewagt. Nun wird es ernst. Ich bin tief beeindruckt von zahlreichen Veränderungen der Autos von Spanien bis Bahrain. Was mich dabei freut – viele Leute hatten uns beim neuen Reglement vorgeworfen, alle Wagen würden am Ende gleich aussehen. Aber ganz im Gegenteil erleben wir bei diesen zehn Rennwagen eine erfrischende Vielfalt.»

«Es ist unmöglich, den Einfallsreichtum der Ingenieure abzuschätzen. Nachdem wir das neue Reglement veröffentlicht haben, stürzten sich Tausende von Spezialisten darauf, um herauszufinden, wie sich das neue Regelwerk in ein möglichst schnelles Rennauto übersetzen lässt.»

«Gerade beim Mercedes muss ich sagen: Mit so etwas hätten wir nie gerechnet. Unser erster Eindruck ist – diese Lösung ist extrem und einzigartig, aber wir sehen nichts, was dem Reglement widersprechen würde. Mercedes beweist, dass auf dem Gebiet der Motorkühlung grosse Fortschritte erzielt worden sind, also mit Wärmetauschern und Kühlern. Diese Forschritte, in Form kompakterer Lösungen, geben den Aerodynamikern mehr Spielraum.»

«Die Mercedes-Lösung wird eine Debatte über die Auslegung des Reglements auslösen, aber das ist normal bei einem neuen Reglement. Wir haben Hunderte von Schlupflöchern im Reglement geschlossen, aber glaubt mir – egal, wie sorgfältig unsere Leute hier arbeiten, die Innovation in der Formel 1 lässt sich nicht aufhalten.»

Bereits kursiert im Bahrain-Fahrerlager: Die Lösung am Mercedes entspreche nicht dem Geist des Reglements. Ross Brawn sagt: «Der Geist des Reglements ist eine Grauzone. Ich meine: Was soll das bedeuten? Unterm Strich ist nicht der Geist massgebend, sondern das, was im Reglement steht.»

«Was viele Leute vergessen: Wir haben ganz andere Möglichkeiten als früher, Änderungen im Reglement umzusetzen. Früher brauchte es dazu in der laufenden Saison die Einwilligung aller Teams, heute nur noch acht von zehn. Wenn uns also wirklich etwas durch die Lappen gegangen sein sollte, und wir finden, hier sollte das Reglement nachgebessert werden, dann können wir das tun. Und die Teams wissen das.»

«Ich bin tief beeindruckt von der Mercedes-Lösung. Wenn ein Team sich etwas so Besonderes einfallen lässt, dann bin ich grundsätzlich der Ansicht – Innovation soll nicht gleich bestraft oder eingedämmt werden. Was ich bislang höre, so entspricht der Wagen auch in dieser krassen Ausführung dem Reglement. Aber wenn die Gegner hier Einwände vorbringen, dann müssen die FIA-Spezialisten sich das ansehen, auch vor dem Hintergrund, ob es sich vielleicht um eine Lösung handelt, welche wir so nicht vorgesehen hatten.»

«Ich selber habe das im Laufe meiner Karriere oft erlebt: Man lässt sich etwas einfallen, die Regelhüter der FIA sind damit einverstanden, die Gegner aber nicht, und dann muss man sich das in Ruhe ansehen – mit vielleicht ganz anderem Ausgang.»

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