Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Details zur GP-Strecke Miami: Eine Prise Wahnsinn

Von Mathias Brunner
Der Engländer Clive Bowen, Gründer der Firma «Apex Circuit Design», spricht über die ungewöhnliche Arbeit am Miami International Autodrome: «Wir hatten mit der Pistenführung Glück im Unglück.»

Vor dem ersten Formel-1-WM Lauf in Florida seit 1959 hat Clive Bowen über die Eigenheiten der neuen Strecke «Miami International Autodrome» gesprochen. Der Gründer der Firma «Apex Circuit Design» gibt zu: «Es war nicht ganz einfach, auf dem Gelände des Hard Rock-Stadions einen Formel-1-Kurs einzubetten, aber bei aller Bescheidenheit glaube ich, dass uns ein sehr interessanter Kurs gelungen ist.»

«Die vielleicht grösste Herausforderung bestand darin, immer daran zu denken: Diese Anlage muss während des ganzen Jahres für zahlreiche Veranstaltungen genutzt werden.»

Einer der Pläne sah vor, die 199th Street von Miami Gardens (südlich des Stadions) zu nutzen, also das Gelände des Hard Rock zu verlassen. Bald wurde klar – Anwohner waren davon nicht begeistert. Clive Bowen: «Also haben wir die Passage in den Kurven 4 bis 8 enger gestaltet als eigentlich geplant. Aber wie sich herausgestellt hat, war das Glück im Unglück, denn auf diese Weise konnten wir eine Prise Wahnsinn in den Kurs einbauen.»

Dies ist auch der Teil, in welchem die Randsteine entfernt wurden – im schnellen Schlangenlinie von 6 und 7. Bowen: «Wir haben erlebt, wie in Dschidda der Wagen von Mick Schumacher auf dem Kerb aufsetzte und dann und in die Mauer krachte. Also haben wir die Randsteine bei uns entfernt, um so etwas zu verhindern. Im Fernsehen wird noch immer ein Kerb zu sehen sein, aber der ist nur aufgemalt.»

«Wir wurden durch den begrenzten Raum zu gewissen Lösungen gezwungen, die letztlich interessantere Kurven erzeugten. So erinnert Kurve 8 an die Beausset-Passage von Paul Ricard und der Anlauf zu Kurve 11 entspricht dem letzten Sektor von Baku.»

Es folgt der Pistenteil um den künstlichen Strand herum (Kurven 11 und 12), gemäss Bowen «ein Stadionteil, vergleichbar mit jenem in Mexiko-Stadt. Die Bahn hier ist eng und lässt keine Patzer zu. Gerade Kurve 16 hat null Auslauf, wir vergleichen sie gerne mit der Wall of Champions in Montreal und nennen sie scherzhaft unseren Fahrfehler-Erzeuger. Die Bahn steigt nach der Beach an und fällt zur 16 wieder ab, hier ist höchste Präzision gefragt.»

Die letzte Asphaltschicht wurde im Februar gelegt, die Pistenoberfläche ist rau wie Schmirgelpapier. Bowen: «Das ist beabsichtigt, um von der ersten Trainingsrunde an guten Grip zu bieten, auch auf möglicherweise nasser Bahn. Allerdings wird das den Reifenverschleiss erhöhen, die Teams werden sich darauf einstellen müssen.»

Fast vier Dutzend verschiedene Pistenvarianten wurden erwogen, bis die heutige 5,41 Kilometer lange Bahn feststand. Dabei war von Anfang an klar: Die Königspalmen entlang der 203. Strasse (Pistenpassage von den Kurven 16 bis 17) und eine mehr als hundert Jahre lange Eiche bleiben auf jeden Fall, «denn Bäume geben nicht nur Flair, sondern vermitteln auch einen guten Eindruck von Speed», wie Bowen sagt.

So etwas gibt es nur in Miami: Auf diesen Palmen machen es sich gerne auch Leguane gemütlich. Vor dem Rennwochenende wurde sichergestellt, dass keine der pflanzenfressenden Echsen auf den Ästen hockt und möglicherweise auf die Strecke fällt. Die hiesigen Leguane können bis zu einem halben Meter lang und zehn Kilogramm schwer werden.

Welchen Pistenteil hält Bowen für den anspruchsvollsten? Der Brite sagt: «In Sachen Fahrzeugverhalten ist die Passage von 4 bis 6 recht knifflig, die Fahrer kommen hier mit 300 Sachen an, aber in diesen S-Kurven müssen sie zwei Gänge runterschalten. Wir haben errechnet, dass die seitlichen Fliehkräfte hier bis zu 5g betragen werden. Und ich glaube auch, dass die langsame Passage von 13 bis 16 einige Piloten vor Schwierigkeiten stellen wird.»


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