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Sebastian Vettel: «Vielleicht falle ich in ein Loch»

Von Mathias Brunner
Sebastian Vettel

Sebastian Vettel

Der vierfache Formel-1-Champion Sebastian Vettel spricht ausführlich über seine Entscheidung, am Ende der GP-Saison 2022 den Helm an den Nagel zu hängen. «Ich habe keine Ahnung, was dann passiert.»

Sebastian Vettel rief am Donnerstagmorgen die Aston Martin-F1-Mannschaft in der Box zusammen. «Es war mir ganz wichtig, dass sie von mir, also aus erster Hand erfahren, dass ich aufhöre am Ende der Saison. Ich weiss von Situationen, in welchen Menschen gewisse Entscheidungen aus den Medien erfahren haben, und ich fand immer – das hat keine Klasse. Also wollte ich das anders machen.»

Am Mittwoch informierte Vettel Aston Martin-Chef Lawrence Stroll darüber, dass er 2023 nicht mehr Grand-Prix-Fahrer sein wird. Sebastian über seinen Entscheidungsfindungsprozess: «Eine solche Entscheidung, die kommt nicht über Nacht, das ist ein Prozess, der jahrelang dauert. Aber der letzte Schritt kam am Mittwoch, als ich meinen Arbeitgeber informierte.»

«Ich habe viel darüber nachgedacht. Ich finde, es ist die richtige Zeit, um etwas Anderes zu machen. Ich weiss, wieviel Hingabe in eine Formel-1-Karriere fliesst, und ich bin der Meinung – wenn du etwas machst, dann musst du es richtig machen. Es ist für mich kein Reiz, in der Formel 1 zu bleiben, nur um ein Teil davon zu sein.»

«Das Ziel war immer, um Siege mitreden zu können. Jahrelang konnte ich das, bei tollen Teams. Ich sehe es als Privileg an, dass ich so viel erreichen konnte. Ich sehe Aston Martin in Sachen Qualität als absolut auf Augenhöhe mit den Rennställen, für die ich früher fahren durfte. Aber es ist kein Geheimnis, dass die Ergebnisse hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben sind. Siege waren leider nicht möglich. Aber die Art und Weise, wie sich die Mitarbeiter reinhängen, wie sie arbeiten, das ist alles Top-Klasse. Ich bin überzeugt, dass Team wird Fortschritte machen.»

«Es ist das Eine, wie sehr die Formel 1 das Denken dominiert, wie viel Hingabe sie erfordert. Aber dazu kommt, wie oft du eben nicht zuhause bist, getrennt von Familie und Kinder. Die Kids werden grösser, andere Dinge beginnen mich zu interessieren, das alles konnte ich nicht mehr ignorieren. Da ist viel gewachsen, so dass ich zu meiner Entscheidung kam, die ihr nun kennt.»

«Das ist keine alles oder nichts Frage. Es ist ja nicht so, dass ich Racing nicht mehr leiden kann. Ganz im Gegenteil bin ich noch immer mit Leib und Seele Rennfahrer. Aber es gab einfach so viele andere Themen, die mich in eine andere Richtung ziehen.»

Sebastian Vettel setzt sich für Umweltbelange ein, wie sehr hat das seine Entscheidung beeinträchtigt? «Klar spielte das eine grosse Rolle. Die Welt ändert sich. Unsere Zukunft steht auf dem Spiel. Ein Teil meiner Rennleidenschaft bringt Dinge mit sich, die sich mit Umweltschutz-Gedanken schwerlich vereinbaren lassen. Wie etwa rund um die Welt zu reisen. Oder Ressourcen zu verbrennen, im wörtlichen Sinne. Da kann man nicht wegschauen.»

Hat es dabei eine Rolle gespielt, dass Vettel für seine ehrlichen Worte als Heuchler bezeichnet wurde? Sebastian weiter: «Nein, denn ich weiss ja selber, dass ich in diesen Zusammenhängen ein Heuchler bin. Das muss mir keiner sagen. Aber darum geht es nicht. Es geht darum, dass ich weiss – wir können mehr machen, wir müssen mehr machen, für unsere Zukunft. Und alles macht einen Unterschied. Solche Vorwürfe haben mich nicht in den Rücktritt getrieben, aber ich denke mehr und mehr über unsere Welt nach, und ich möchte, dass junge Menschen wie meine Kinder sich über die gleichen Freiheiten freuen dürfen, wir ich geniessen konnte.»

«Ganz ehrlich, ich weiss nicht, was auf mich zukommt. Ich habe keine Ahnung, was nach dem Ende meiner Formel-1-Karriere passiert. Und klar macht mir das auch ein wenig Bammel. Vielleicht kommt nach einem so intensiven wie in der Königsklasse ein Loch, ich weiss nicht, wie gross das sein wird, ich weiss nicht, ob ich da reinfalle. Aber auf eine gewisse Art und Weise ist es auch spannend zu wissen, dass ein neues Kapitel beginnen wird. Ich bin ein neugieriger Mensch, also freue ich mich darauf.»

Wie hat die Familie auf die Entscheidung reagiert? Sebastian: «Wie gesagt, ich wälzte solche Gedanken schon länger. Ich bin ein Mensch, der ganz gerne weiss, was auf ihn zukommt. Und genau das Gegenteil passiert nun. Es ist nicht ganz einfach, sich damit anzufreunden. Aber dennoch fühlt es sich richtig an.»

«Meine Frau hat gesagt: ‘Du musst das machen, was du als das Richtige ansiehst.’ Ich sehe mich wirklich in einer sehr glücklichen Lage, nicht nur wegen der tollen Erfolge, die ich geniessen durfte, sondern auch wegen fabelhaften Menschen, die ich auf meinem Weg treffen konnte. Ich habe die Welt entdeckt und konnte meinen Horizont erweitern. Meine Frau sagte: ‘Es muss deine Entscheidung sein, ich kann das nicht für mich machen.’»


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