Christian Danner: «Das ist hirnverbrannter Unsinn»

Von Gerhard Kuntschik
Christian Danner

Christian Danner

Während die Formel 1 Sommerpause macht und ab Ende August neun Läufe absolviert, geht die Formel E am kommenden Wochenende ins Finale. RTL-GP-Experte Christian Danner über Elektro- und Königsklasse.

Die Formel E steht vor dem Saisonfinale. In den Rennen 15 und 16 am neuen Schauplatz Seoul werden die Titel zwischen Stoffel Vandoorne (Mercedes/185 Punkte), Mitch Evans (Jaguar/149) und Edoardo Mortara (Venturi/144) sowie zwischen Mercedes (291), Venturi (255) und DS Techeetah (244) entschieden.

Zuletzt beim Londoner E-Prix diskutierten Fans der Formel E, wann diese die Formel 1 ein- oder gar überholen würde – auch angesichts des politischen Zwangs (in der EU) zu künftiger Elektromobilität. Top-Rennsport nur noch Batterie-elektrisch statt Hybrid?

Eine klare Meinung hat dazu Christian Danner, seit Jahren Formel-1-Kommentator von RTL und in der Formel E für ProSieben dabei. Der 62-jährige Münchner fuhr selbst fünf Jahre Formel 1, später DTM und IndyCars.

Danner sagt: «Grundsätzlich glaube ich, dass die Formel E eine sehr gesunde Zukunft hat, im urbanen Bereich und weil E-Mobilität durch die Rennserie sexy wird, wie das keinem anderen Motorsportbereich gelingt. Die Formel E wird aber immer die Formel E bleiben und nicht zur Formel 1 mutieren, sie nie überholen oder gar ablösen.»

«Die Formel 1 ist allein wegen ihrer Historie die gewachsene Spitzenklasse des Motorsports, der Gipfel. Die Formel E ist eine Meisterschaft, die noch am Entstehen ist und an Wichtigkeit gewinnen wird. Wie in anderen Sportarten auch muss ja nicht nur eine Disziplin existieren und eine vielversprechende Zukunft haben. Das können auch mehrere sein, und daher wird sich die Formel E weiter entwickeln, in die Breite gehen, aber die Formel 1 wird die Nummer 1 bleiben.»

Ein Thema, das Danner sehr bewegt, ist ein von der Politik vorgegebener Weg zu allgemeinen E-Mobilität. schimpft: «Das ist hirnverbrannter Irrsinn, eine Fehleinschätzung von Leuten, die von den physikalischen und ökonomischen Gegebenheiten keine Ahnung haben, die sich in Wunschdenken verirrt haben, das völliger Unsinn ist.»

«Batterie-elektrische Fahrzeuge sind grundsätzlich gut, aber bei einer Batterie-Technologie wie jetzt und einem Strom-Mix wie derzeit und den zur Verfügung stehenden Rohstoffen ist dieser Weg absolut ungeeignet, einen Turnaround zu bewältigen. Von Infrastrukturen und Laden gar nicht zu reden.»

«Das Automobil hat eine Zukunft – aber nur dann, wenn wir nicht in einen regulatorischen Todeszyklus hineinmanövriert werden, der heißt: Du darfst nur noch von da nach da und mit diesem Verkehrsmittel fahren. Ich halte es für ein absolutes Grundrecht, dass ich entscheiden kann, wie ich wohin komme. Das nennt man Individualverkehr.»

«Ob ich nun zu Fuß gehe, den Helikopter nehme, mit der Eisenbahn fahre oder das Ruderboot bewege, das ist doch meine eigene Angelegenheit! Das ist in anderen Ländern anders. Wie man in China von Chengdu nach Shenzhen kommt, sagt die Regierung, und nicht du. Das ist der Unterschied. Wir sollten stolz darauf sein, dass wir eine Freiheit in einem demokratischen System haben. Und diese Freiheit der Mobilität sollte man nicht mit Füßen treten, sondern wie ein Juwel auf Händen tragen und der nächsten Generation übergeben.»

Den Nutzen des Motorsports für die Serienproduktion sieht Danner durchaus kritisch: «Ein schwieriges Thema. Weil der Motorsport immer Testfeld für neue Technologien war. Aber das auf Performancesteigerung ausgelegte Streben der Ingenieure hat zu Lösungen geführt, die im Pkw-Bereich nicht praktikabel sind. Deswegen bleibe ich dabei, dass dieser Geist des ‚Geht nicht, gibt’s nicht‘, des nicht um fünf Uhr die Arbeit niederlegen, eine Einstellung ist, die ganz viel bringt. Ein moderner Formel-1-Motor ist so in einem Serienauto nicht einsetzbar, sehr wohl aber serienrelevant für einzelne Komponenten wie Steuerungselektronik oder Batterie-Management.»

Und dann gibt es auch noch den Aspekt Sicherheit. Der Münchner meint dazu: «Wir haben seit den 1970er-Jahren eine unglaublich positive Entwicklung, was die Sicherheit in Autos betrifft. Heute hat man eine gute Chance, einen schweren Unfall glimpflich zu überstehen, Stichwort Gurten, Airbags, Aufprallschutz. Das sind Aspekte, die wir in einer Zeit, in der alles neu sein muss, einfach vergessen.»

Danner geht auch auf ein persönliches Erlebnis ein. «Ich habe kürzlich in Berlin erlebt, wie ein Start-up einen People Mover, der aus dem 3D-Drucker kam, präsentierte. Mit Bundesförderung natürlich. Da fragte ich: ‚Habt ihr mal den Karren gegen die Wand gefahren?’ – ‘Nein’, sagten sie, ‘das Ding fährt ja autonom.’ Und da fragte ich: ‘Aha, autonom gibt es also keine Unfälle mehr?’ Das ist, wie wenn sich alle an die Verkehrszeichen halten, und es gibt keine Unfälle mehr. Hallo? Willkommen in der Realität! Viele Errungenschaften unserer Mobilitätsstruktur sind gerade dabei, abgeschafft zu werden.»

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