Frauen-WM: Hoffnung nach schlimmem Unfall

Stefan Bellof: Ein viel zu kurzes Leben im Zeitraffer

Von Uwe Mahla
1961 verhinderte das Schicksal, dass mit Wolfgang Graf Berghe von Trips der erste Deutsche Formel-1-Champion wurde. Der zweite Deutsche mit WM-Potenzial war nicht Michael Schumacher, sondern Stefan Bellof.

Am 1. September 1985 verunglückte der erst 27 Jahre alte Gießener Stefan Bellof tödlich – bei dem Versuch, seinen Porsche-Markengefährten Jacky Ickx in der berüchtigten Eau Rouge-Kurve des Circuit de Spa-Francorchamps zu überholen. So jäh, wie der kometenhafte Aufstieg bis dahin verlaufen war, so jäh endete er bei diesem riskanten Manöver.

Innerhalb von nur vier Jahren hatte sich Bellof vom namenlosen Formel-3-Youngster in die elitäre Gruppe der internationalen Spitzenfahrer katapultiert.

Dann ebenbürtig mit Assen wie Stuck, Bell, Ickx, Mass, Rosberg und Stommelen feierte er seine größten Triumphe in den bärenstarken Porsche-Sportwagen sowohl des Werks als auch einiger Privatteams.

Bis dahin machte Bellof sich in dem ihm eigenen Zeitraffer-Tempo ein Namen in der Formel Super V, der Formel 3 und besonders in der Formel 2: Während er die deutsche Formel-3-Meisterschaft 1981 als Dritter abschloss, konnte er ein Jahr später mit dem deutschen Maurer-BMW-Team auf Anhieb seine ersten beiden Formel-2-Rennen gewinnen, in Silverstone und Hockenheim. Die Rennwelt stand Kopf.

Am Ende wurde er Vierter im Europa-Championat, aber da hatten ihn die Strategen der Werke und auch der Formel 1 schon längst auf dem Zettel.

Grandiose Rennen im Porsche kennzeichneten seinen Weg im Sportwagen – sinnbildlich dafür seine Rekordrunde auf der Nordschleife des Nürburgrings: Seine 6:11,13 Minuten für die damalige Fahrzeug-Generation und darüber hinaus ein Wert für die Ewigkeit.

Fast zwangsläufig folgte sein Auftritt in der Königsklasse. Und bezeichnend für die Manier, wie er sich dort einordnete, war sein Husarenritt beim Großen Preis von Monaco 1984, der jeden, aber auch jeden Formel-1-Kenner begeisterte und überzeugte.

Wegen des PS-Mankos seines Saugmotor-Tyrrell gegenüber der gesamten Turbo-Konkurrenz startete er vom Ende des Feldes, aber im Regen preschte er verwegen bis auf Platz 3 vor, als das Rennen abgebrochen wurde. Bellof war in der Schlussphase schneller als Spitzenreiter Prost und auch schneller als der ebenfalls entfesselt fahrende Senna.

Unvergessen und unvergesslich sein gewagtes Überholmanöver, als er sich an Arnoux im Ferrari auf dem Bergabstück zur Mirabeau am Franzosen vorbeiquetschte.

Wäre das Rennen nicht abgebrochen worden, dann hätte weder Prost gewonnen, noch Senna, sondern Bellof.

Sein sensationeller dritter Platz wäre sein bestes Formel-1-Ergebnis gewesen, fand allerdings keinen Niederschlag in den Statistiken. Denn das gesamte Team wurde im Nachhinein disqualifiziert, Tyrrell hatte beim Gewicht geschummelt und eine Wasserkühlung für die Bremsen installiert. Bei der Abnahme war deren Behälter mit Wasser gefüllt, im Rennen jedoch leer. Bei einem Boxenstopp kurz vor Rennende befüllte man diese mit Bleikugeln und erreichte so das erforderliche Mindestgewicht. Eine unfassbar dreiste Aktion.

Was Stefan Bellof immer auszeichnete, waren sein scheinbar grenzenloser Mut und eine überirdische Fahrzeugbeherrschung. Beides setzte er mit Leichtigkeit und fröhlicher Unbefangenheit um.

Ich erinnere mich besonders an den Großen Preis USA-Ost, Detroit, 23. Juni 1985: Stefan hatte mit dem vierten Rang gerade das beste Ergebnis seiner kurzen, aber eindrucksvollen Formel 1-Karriere eingefahren. Es sollten nur noch fünf weitere folgen bis zu seinem Todestag. Jetzt saß er mit eine Flasche Bier in der Badewanne, als ich klopfte.

Ich kannte Stefan schon als Bub aus jener Zeit, da sein Vater seinen Renn-BMW 1600 an meinen Freund Helmut Rösser verkauft hatte, der damit 1972 den Deutschen Rundstreckenpokal gewann. Später hatten wir gemeinsam mit seinem Bruder Goa eine Menge Spaß mit seinen Renn-Karts.

Zurück nach Detroit: Wir wollten zusammen zum Flughafen fahren. Er patschte triefendnass zur Tür und ließ mich ein mit den Worten: «So eine Scheiße, fährt mir doch der Brundle kurz vor Schluss noch in die Karre – ich hätte Dritter werden können!» Martin Brundle war damals sein Stallgefährte bei Tyrrell.

Es folgte eine längere hessische Fluchtirade, und dann unvermittelt: «Ich hab’ dir auch ’n Bier kaltgestellt!» Na denn Prost, und dann sofort diese unnachahmlich schallende Bellof-Lache, die ich nie vergessen werde.

Wie gut war dieser Stefan Bellof wirklich? Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart hat gesagt: «Stefan war das größte Talent, das ich je erlebt habe.»


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