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DMSB-Rettungsstaffel ist 50: Herbert Linge sei Dank

Von Rainer Braun
Der Aufbau der mobilen Rettungsstaffel mit geschultem Personal gilt als das große Lebenswerk von Herbert Linge (94), des ehemaligern Porsche-Rennfahrers und Betriebsleiters in der Weissacher Porsche-Versuchsabteilung.

Angefangen hatte alles im Laufe der Saison 1972 mit einer Eigeninitiative von Herbert Linge und ein paar Porsche-Mitstreitern – man konnte und wollte nicht mehr länger mit ansehen, wie Rennfahrer nach Unfällen hilflos in brennenden Autos saßen und den Feuertod starben.

Als erste Sofortmaßnahme ließ Linge einen ausrangierten Porsche 914/6 aus der Versuchsabteilung zum schnellen Feuerwehrauto umbauen. Unter der Heckklappe wurde eine 120 Kilo-Halon-Löschanlage mit acht Metern Schlauch und einem garantierten Aktionsradius von 20 Metern als Maßanfertigung der Firma «Deugra» eingepasst. An Bord befanden sich außerdem eine hydraulische Presse, Blechscheren, Seilwinde, Säge und sonstiges Bergewerkzeug. Und natürlich Sprechfunk.

Linge und der legendäre Heidelberger Unfallarzt Dr. Eddie Rothenfelder bildeten die Erstbesatzung des sandfarbenen 914/6 R-Wagens, der zunächst bei den großen Rennen in Hockenheim und am Nürburgring dem Feld in der Startrunde hinterher eilte.

«Die erste Runde ist immer die gefährlichste», wusste Linge aus eigener Erfahrung, «da passiert am meisten und schnelles Eingreifen ist hier besonders wichtig.»

Mühelos hielt der frühere Porsche-Werksfahrer, GT-Meister und zwölffache Le Mans-Teilnehmer das Tempo der letzten Startreihe, und wenn es krachte, war er schon nach wenigen Sekunden zur Stelle und entschied blitzschnell über Stopp oder Weiterfahrt.

Ging die erste Runde ohne Einsatz zu Ende, wurde der R-Porsche mit laufendem Motor bei Start und Ziel geparkt. Die beiden Männer, mit Helm und Overall ausgerüstet, blieben sitzen und rückten sofort wieder aus, wenn ein Notruf von der Strecke einlief und das «go» von der Rennleitung kam.

Widerspruchslos erteilte die ONS (Oberste Nationale Sportkommission), also unser heutiger DMSB (Deutscher Motor Sport Bund), ihren Segen für die noch nirgends verankerten Sonderfahrten des Porsche 914 mit dem großen R auf den Türen und am Heck.

Hilfreich war dabei sicher auch die Tatsache, dass Linge Fahrervertreter im ONS-Gremium war und immer wieder die Notwendigkeit schneller Rettungs-Maßnahmen bei Feuerunfällen und sonstigen heiklen Zwischenfällen anmahnte.

Im damaligen ONS-Geschäftsführer Sigismund von Kahlen fand er einen überzeugten Fürsprecher und Mitkämpfer, der dem Projekt jede nur erdenkliche Unterstützung zukommen ließ. Neben der Hauptfigur Linge zählten auch der Langenfelder Motorsportclub mit seinem Präsidenten Otto-Paul Rutat und dem Radio-Reporter Ernst Harmening sowie Georg Bellof (Vater des unvergessenen Stefan Bellof) zu den Initiatoren und Mitbegründern der segensreichen Einrichtung.

Für viele Rennfahrer, eingeklemmt in brennenden oder völlig demolierten Autos, wurde der Mann mit der Löschkanone in den folgenden Jahren zum Lebensretter. Gleich zu Beginn, als es nur den Porsche 914/6 in inoffizieller Mission gab, musste die R-Wagen-Besatzung oft genug eingreifen, um das Schlimmste zu verhindern.

So auch im Oktober 1972 am Nürburgring, wo der Start-Ziel-Bereich haarscharf an einer Katastrophe vorbeischrammt. Beim Indy-Start zum Rennen der Interserie brach der McLaren-Chevy von Franz Pesch beim Beschleunigen aus, schoss quer durch Feld nach rechts, traf den Ferrari 512 M des Schweizers Herbert Müller und flog über die Leitplanke in die Tankstelle. Wie durch ein Wunder blieb die Explosion trotz umgerissener Zapfsäule aus. Dafür detonierte der prallvolle Tank des Ferrari, der nach Überschlag mit den Rädern nach oben in der Einfahrt zur Boxengasse landete.

Aus dem vorderen Teil der Boxenanfahrt wurde sofort ein riesiges Flammenmeer. Gerade noch rechtzeitig traf Linge im R-Wagen ein, um mit der Halon-Kanone sein segensreiches Werk zu erledigen. Nach eineinhalb Minuten war auch das Riesenfeuer rund um den Ferrari gelöscht, zurück blieb ein dampfendes Gerippe. Müller kam mit Brandverletzungen im Gesicht davon.

Mit Hilfe der deutschen Automobil- und Zubehör-Industrie nahm die offizielle Realisierung der Staffel Fahrt auf. So kam innerhalb von vier Monaten ein stattlicher Fuhrpark von einem Dutzend Staffel-Autos zusammen.

Porsche ersetzte den alten 914/6 unbürokratisch durch einen gebrauchten 911er für Linge und den Doc, die restliche Flotte der sogenannten «S-Wagen» kam als Leihgabe oder Spende von allen möglichen Herstellern. Im Rahmen des Formel-2-EM-Laufs in Hockenheim im April 1973 und wenig später auch am Nürburgring präsentierte die Sportbehörde ihre «ONS-Rennstrecken-Sicherungsstaffel» offiziell der Presse, den Veranstaltern und den Fahrern.

Kaum einen Monat nach der Präsentation trat schon wieder der Ernstfall ein. Am Nürburgring absolvierte die Formel-Super-V im Vorprogramm des 1000-km-Rennens einen Lauf zum Europa-Cup. In der Startrunde gab es im schnellen Streckenabschnitt Flugplatz einen schlimmen Massenunfall mit einem halben Dutzend beteiligter Fahrzeuge. Die Fahrbahn glich einem Trümmerfeld, ein Rennwagen brannte.

Auch hier wurde Linge zum rettenden Engel und löschte mit einem gezielten Halon-Strahl. Der betreffende Fahrer kam dank des schnellen Eingreifens noch glimpflich davon, seine Brandwunden waren hauptsächlich auf geschmolzenes Material des Overalls zurückzuführen. «Das ist ein besonders trübes Kapitel», klagte Linge damals. «Entweder ist das Material minderwertig, oder die Kerle haben nur normale T-Shirts drunter, die bei einem Feuer sofort schmelzen und sich wunderbar in die Haut brennen.»

Heute ist die Rettungsstaffel des DMSB ein Profi-Unternehmen mit reichlich Personal und Einsatzfahrzeugen. Allein der reine Materialwert der Flotte wird aktuell auf mehrere Millionen Euro taxiert. Eine Rennveranstaltung ohne die schnelle Eingreiftruppe ist heute undenkbar.

Ganze Generationen von Rennfahrern müssten Initiator Herbert Linge dankbar sein, vielen haben er und seine Männer das Leben gerettet. Bescheiden sagt der ruhige Schwabe dazu nur: «Ich habe damals nur gemacht, was gemacht werden musste. Schön zu sehen, was daraus geworden ist.»

Für seinen selbstlosen Einsatz erhielt Herbert Linge 1982 das Bundesverdienstkreuz.

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