Nelson Piquet, Paul Rosche und der Wolpertinger
Wolpertinger, Nelson Piquet und Paul Rosche
Dass Nelson Fredo Piquet Sotto Maior (in der Mundart seiner bayerischen Lieblingsmechaniker «da Nölsen») zu den erfolgreichsten und besten Formel-1-Rennfahrern alle Zeiten zählt, ist unbestritten.
Das wird schon durch seine 485,5 WM-Punkte, 60 Podiumsplätze, 23 Grand-Prix-Siege (Piquet: «Eigentlich 24, einer, Brasilien 1982, wurde mir ungerechter Weise aberkannt») und drei Weltmeistertitel (zwei mit Brabham, 1981 und 1983, und einer mit Williams 1987) nachdrücklich belegt.
Dass er sich während seiner langen Karriere nicht nur Freunde gemacht hatte, ist ebenfalls nicht unbekannt. Speziell gegen Nigel Mansell und Ayrton Senna pflegte der Brasilianer eine herzliche verbale Aggressivität. Das hatte aber, wie er selbst später einräumte, weniger mit Antipathie zu tun, als vielmehr mit gezielter trickreicher Strategie – einer Disziplin, in der Nelson ein ebenso begnadeter Meister war wie hinter dem Volant.
Von seinen Heldentaten auf der Piste ist hinlänglich in den Geschichtsbüchern geschrieben. Mir sind verständlicher Weise solche aus unserer gemeinsamen Zeit im Brabham-BMW besonders erinnerlich.
Zum Beispiel sein erster Sieg mit unserem BMW-Vierzylinder beim Großen Preis von Kanada 1982, wo er der gesamten Konkurrenz scheinbar ungerührt auf und davon fuhr. Sein Engagement war insbesondere deshalb so bedeutsam, weil er gerade mal eine Woche zuvor unter unglücklichen Umständen in Detroit die Qualifikation verpasst hatte, für einen Weltmeister ein sehr demütigendes Erlebnis!
Wir BMWler wussten schon sehr bald, was wir an unserem Nelson hatten. Er hatte sich von den allerersten Testfahrten regelrecht in unseren Turbo verknallt und – anders als Andere – an ihn geglaubt. Er hatte ganz früh erkannt, was es heißen würde, mit ihm durch dick und dünn zu gehen.
Wenn in der frühen Phase, so Anfang 1981, mal ein größeres Problem auftauchte (und davon gab es jede Menge), dann war oft er es, der nicht lange rumfluchte, sondern zielstrebig auf Fehlersuche ging. Seine Analysen halfen oft weiter, wenn die Techniker vor Rätsel standen.
Schnell war auch klar: Es brauchte einen Fahrer von seiner Extraklasse, um das ehrgeizige Projekt Vierzylinder-Turbo richtig zum Laufen zu bringen.
Neben allen anderen Eigenschaften entpuppte er sich schnell als richtig guter Kamerad, als einer, der auch mal auf die Schnelle half, wenn seine Hilfe dringend gebraucht wurde.
Nicht zuletzt aber hat sein Witz dazu beigetragen, gute Laune zu verbreiten, wenn der Haussegen mal schief hing. Kurzum, wir waren ihm schon Einiges schuldig. Und da wir uns auf seinen Humor verlassen konnten, haben wir uns immer wieder mal ein verrücktes Geschenk für ihn ausgedacht.
In diesem Fall einen Wolpertinger, eine ziemlich angsteinflößende ausgestopfte Mischung aus mehreren Tieren, mit einem bösen Gebiss, Greifsklauen, Flügeln und Geweih. Das Ganze garniert mit ein paar krummen Ventilen, damit es auch einen motorsportlichen Bezug hatte.
Nelson bekam also irgendwann in Kyalami seinen Wolpertinger von Paul Rosche überreicht. Er freute sich auch artig, man alberte und feixte ein wenig herum. Dann stellte Piquet das seltsame ausgestopfte Fabeltier auf den Beifahrersitz seines Autos. Und die Sache war erledigt.
Später warf er dem einheimischen Parkwächter den Zündschlüssel zu mit der Bitte, sein Auto ordnungsgemäß zu parken. Der ging zum Wagen. Zunächst passierte gar nichts. Dann, beim Einsteigen, fiel sein Blick auf den «Beifahrer». Es geschah wieder erstmal nichts. Plötzlich ein markerschütternder Schrei. Der arme Kerl raste über den Parkplatz, als wäre der Deibel persönlich hinter ihm her.
In der Folge verweigerte der Bursche mit absoluter Bestimmtheit, einen BMW zu rangieren.