Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Neues Rätsel Racing-Raritäten: Ein hoher Hügel

Von Mathias Brunner
​Bei unserem neuen Rätsel Racing-Raritäten handelt es sich um einen Hügel, der für diesen Fahrer nicht zu erklimmen war. Wer ist das? Wo und wann ist dieses Foto gemacht worden? Machen auch Sie mit!

Meist aus dem Archiv unserer Partner der britischen Foto-Agentur LAT stellen wir jede Woche ein kleines Stück Motorsporthistorie vor. Das Vorgehen ist kinderleicht – sagen Sie uns, wer zu erkennen ist, wo und wann das Bild entstand (Beispiel: Jo Siffert, Monza, 1970) und gewinnen Sie mit etwas Glück einen kleinen Preis. Bitte Namen, Adresse, Geburtsjahr und Telefonnummer nicht vergessen. Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com. Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.

Die richtige Lösung vom letzten Mal: Der Schotte Jim Clark beim Indy 500 des Jahres 1966 – wir haben uns erlaubt, zur 500. Ausgabe des Rätsels das 500 als passenden Rückblick zu verwenden.

Mein langjähriger Formel-1-Weggefährte Helmut Zwickl hat den Aufstieg und die Triumphe des legendären Rennfahrers miterlebt. Der Tod von Jim Clark erschütterte die Rennwelt so wie rund 25 Jahre später der Verlust von Ayrton Senna. Niemand könnte besser beschreiben, was die Faszination Jim Clark ausmacht, daher gebe ich an dieser Stelle das Wort an Helmut Zwickl.

Jim Clark war der Mann der einsamen Siegesfahrten. Sir Jackie Stewart hält ihn für den brillantesten Rennfahrer aller Zeiten, seine Kurvenfahrten mit so meisterlichem Strich gezeichnet wie von van Gogh, Rembrandt oder Gaugin. Ironie des Schicksals: Ausgerechnet der Kurvenkünstler Jim Clark starb am 7. April 1968 in Hockenheim auf fast gerader Strecke.

Jim Clark, am 4. März 1936 im schottischen Kaff Kilmany geboren, hat lediglich in seiner Karriere lediglich 72 Grands Prix bestritten. Er wurde 1963 und 1965 Weltmeister. Mit einem etwas standfesteren Lotus hätten es vier Titel sein müssen. Der stille Schotte gewann 25 Formel-1-WM-Läufe und 1965 die 500 Meilen von Indianapolis, als wäre dies das Normalste der Welt.

Was Jim Clark der Nachwelt hinterliess, waren einsame Siegesfahrten. Er sprach mit Leistungen, selten mit Worten. Er hatte das stumme Charisma eines Mönchs. Colin Chapman, der geniale Lotus-Konstrukteur, probierte seine gewagtesten Konstruktionen am Schotten aus. Jimmy war gewissermassen seine Labor-Maus.

Clark war geprägt von der Einsamkeit seines geliebten schottischen Hochlands, vom einfachen, gesunden, aber strapaziösen Landleben. Sein goldener rechter Fuss watete in stinknormalen Gummistiefeln umher, Clark hütete Schafe, baute Scheunen und mistete Ställe aus, dabei fühlte er sich am wohlsten. So weit zum Glamour der Formel 1.

Mit einem DKW fuhr er 1956 sein erstes Rennen, auf einem Flugplatz bei Aberdeen – sein Sieg gab vor, was danach passierte. 1959 bestritt er 52 Rennen auf einem Lister-Jaguar und einem Lotus-Elite. Im Schnitt gewann er jedes zweite Mal.

Im März 1960 fuhr Clark seinen ersten Lotus-Werkseinsatz, ein Formel Junior-Rennen in Goodwood. 1961 war ein Ferrari-Jahr, der rote Renner mit der Haischnauze war fast unschlagbar. Am Nürburgring rutschte Clark von der Bahn, offenbar durch ein technisches Gebrechen. In Monza kollidierte Clark mit Wolfgang Trips, der bei diesem Unfall starb. Die Rekonstruktion sprach Clark von jeglicher Mitschuld frei.

In Belgien 1962 gewann Clark den ersten Formel 1-Grand Prix seines Lebens. Clark fuhr in den Ardennen vier Mal in Folge zum Sieg, dabei hat er die Strecke nicht ausstehen können. Monaco hingegen hat er geliebt, dort aber nie gewonnen. Ironie des Rennschicksals.

Clark ging sparsam mit Worten um, aber nicht mit Gedanken. Er wusste genau, dass jeder Fehler oder jeder Defekt der letzte sein konnte. Und Defekte gab es im Lotus häufig. Immerhin galt, was Graham Hill so treffend über Lotus sagte: «Wenn dich dein Hinterrad überholt, weisst du, dass du in einem Lotus sitzt.»

In Rouen brach am Wagen von Clark die Lenkung. «Du hättest mich beinahe gekillt», herrschte er Chapman an. Eine Ölablassschraube, die sich vom Lotus verabschiedete, kostete ihn in East London (Südafrika) den Titel, Graham Hill wurde Weltmeister 1962.

1963 gewann Jim Clark sieben von zehn WM-Läufen und wurde in Indianapolis Zweiter. 1964 verlor er das grösste Autorennen der Welt wegen eines Reifenplatzers. 1965 jedoch gewann er mit neuem Rekordschnitt von 241 km/h endlich auch die 500. Die Fachwelt verneigte sich in Demut.

1965 war Jim Clarks Traumjahr schlechthin – er siegte in Südafrika, Belgien, Frankreich, England und den Niederlanden. Mit einem weiteren Lorbeerkranz am Nürburgring entthronte er am 1. August Weltmeister John Surtees. Ein Sieg war dem anderen ähnlich: Raketenstart, einige fantastisch schnelle Runden befreiten ihn vom Feld, Clark wischte die Gegner mühelos weg wie wir ein paar lästige Fliegen.

Von der Box hervorragend geführt, kontrollierte er an der Spitze seine Gegner. Das waren keine Siegesfahrten, das waren Machtdemonstrationen.

Es gab nur ganz wenige Rennen in seiner Karriere, bei welchen Jimmy wirklich all sein Talent aufbringen musste. Nach zehn, zwanzig Runden lag er meist vorne. Die Gegner resignierten.

Zahlen lügen vielleicht doch nicht: Von seinen 72 Formel-1-WM-Läufen gewann er 25, wurde aber nur einmal Zweiter. Bei einem Drittel seiner Rennen schied er wegen Defekts aus. Bei den restlichen Grands Prix fuhr er in der Regel unter die besten Drei. 1963 bis 1965 erreichte er bei 23 Zielankünften 16 Siege.

Clark hält bis heute den Rekord der so genannten «Grand Slams» der Königsklasse – wenn also ein Fahrer von der Pole-Position losfährt, jede Runde führt, die beste Rennrunde fährt und das Rennen gewinnt. Der stille Schotte schaffte dies in den 60er Jahren in einer Zeitspanne von 32 Rennen acht Mal. Ihm am nächsten kommt Lewis Hamilton, dem dies bislang sechs Mal gelungen ist, zuletzt in Abu Dhabi 2019. Aber Hamilton brauchte dazu nicht 32 Einsätze wie Clark, sondern fast acht Mal so viele (250).

Sein vielleicht bestes Rennen hat Jim Clark nicht gewonnen: 1967 preschte er in Monza von Pole-Position los und führte, dann kam er wegen platten Reifens zur Box. Das Wechseln der Räder kostete eine Runde. Der Schotte ging als 16. wieder auf die Bahn. Clark brannte einen Rundenrekord nach dem anderen in den Asphalt, machte die eine Runde gut und ging als Leader in die letzte Runde. Dann ging ihm der Sprit aus, mit stotterndem Motor wurde er Dritter. Die Tifosi feierten ihn, als hätte er in einem Ferrari gewonnen.

Sein Privatleben war tabu. Jackie Stewart, der mit ihm eine Saison lang in London eine Wohnung teilte, sagte mir einmal: «Es dauerte Monate, bis wir ein richtiges Männergespräch führen konnten.»

Clark kaute ständig an seinen Fingernägeln, Ausdruck von Unsicherheit und Nervosität. Im Rennwagen hingegen war er eiskalt und zu allem entschlossen. Sein Fahrstil war geschliffen, die Gene des Lotus verlangten sparsame Lenkkorrekturen, so wie Jimmy konnte ihn niemand am Limit fahren.

Stewart erinnert sich: «Kaum zu glauben, dass er privat ein höchst unentschlossener Mensch war, über so triviale Dinge wie – wo gehen wir Abendessen?»

Jim Clark tat am 7. April 1968 in einem Formel 2-Lotus im Wald von Hockenheim seinen letzten Atemzug. Schleichender Reifenschaden? Aufhängungsdefekt? Oder doch ein blockierender Motor?

Letztlich wurde nie restlos geklärt, was den Besten seiner Zeit vor 50 Jahren aus der Bahn warf.

Ein Fahrfehler war es gewiss nicht, denn Clark galt als unfehlbar.

So weit also Helmut Zwickl zum Phänomen Jim Clark.

Damit zum neuen Rätsel: Dieser Mann trägt einen berühmten Namen, aber das hat nicht gereicht für den Schritt in die Formel 1.

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