F1 in Deutschland: Auf dem Weg in eine dunkle Gasse

Von Andreas Reiners
Die Formel 1 hat es in Deutschland schwer

Die Formel 1 hat es in Deutschland schwer

Eine gute Nachricht gibt es ja: Nico Hülkenberg hält 2023 in der Formel 1 die deutsche Fahne hoch. Immerhin. Wenn auch in einem höchstens durchschnittlichen Auto.

Das war es dann aber auch, denn aus deutscher Sicht sieht die Zukunft in der Motorsport-Königsklasse weiterhin trist aus.  Sebastian Vettel hat aufgehört, Mick Schumacher sitzt bei Mercedes auf der Ersatzbank und, was am schlimmsten ist: Dahinter kommt nicht viel an Talent nach.

Einen Grand Prix auf deutschem Boden sucht man seit 2020 im Kalender auch vergeblich. Und es hat auch weiterhin niemand mehr Interesse an der Formel 1 im Free-TV. Denn die Sublizenz dafür ist immer noch zu vergeben, doch keiner greift zu. Die Rechte in Deutschland gehören seit 2021 Sky, Ende September 2022 war der Vertrag mit der Formel 1 vorzeitig um drei Jahre bis 2027 verlängert worden.

Vier Rennen müssen pro Saison im freien Fernsehen zu sehen sein. Dies gilt bis 2025, dann ist diese Klausel nur noch für einen Deutschland-GP zwingend. Doch die Sublizenz an den Sender zu bringen, ist im Moment offenbar ein Ding der Unmöglichkeit, auch vor dem dritten Saisonrennen tut sich nichts.

RTL hatte diese Sublizenz in den letzten beiden Jahren, erreichte in der vergangenen Saison bei den vier Läufen aber nur noch 2,5 Millionen Zuschauer im Schnitt. 2020, als der Kölner Privatsender noch alle Rennen zeigte, waren es noch vier Millionen pro Rennen. RTL wollte die Lizenz nicht mehr, nun wird seit Monaten ein Nachfolger gesucht - vergeblich.

Formel 1 in Deutschland weiter abgerutscht

Sportökonom Christoph Bertling ist von der Entwicklung nicht überrascht. «In den letzten Jahren hat man gesehen, dass die Formel 1 auf dem deutschen Markt weiter abgerutscht ist. Man muss auch die Historie sehen: Was man bei RTL von der Formel 1 erwartet hat, welche Erfolgsgeschichten man geschrieben hat und dass dieses Selbstverständnis nicht mehr zu erreichen ist», sagte Bertling im Gespräch mit SPEEDWEEK.COM.

Die Formel 1 stecke in Deutschland noch nicht unbedingt in einer Sackgasse, fahre aber «in eine dunkle Gasse, wo man nicht weiß, ob das Licht ausbleibt oder wieder angeht», so der Experte von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Das Problem ist vielschichtig.

Zum einen ist die Formel 1 selbst nicht mehr so stark am deutschen Markt interessiert, sondern daran, den US-Markt strategisch nach vorne zu treiben. Egal sei den Machern der Königsklasse die Lage in Deutschland aber nicht, sagt Bertling, «weil Deutschland ein enorm werbeträchtiger Markt ist, aber letztendlich ist es nicht mehr entscheidend».

Für Sky wiederum sind hohe Quoten auch nicht entscheidend, der Sender braucht durch das Pay-TV-Konzept wesentlich weniger Zuschauer als ein Free-TV-Sender, bei dem das Konzept auf Masse ausgelegt ist. Ein Formel-1-Rennen hat laut Aussage von Sky im Schnitt über eine Million Zuschauer, bei den Rennen 2022 konnte man insgesamt einen Zuschauer-Zuwachs von über 16 Prozent verzeichnen.

Wer nun aber 2023 die Formel 1 in Deutschland im Free-TV zeigt, ist komplett offen. Sky soll jährlich 50 bis 55 Millionen Euro für die Exklusiv-Rechte zahlen, was bei 23 Rennen rund 2,4 Millionen pro Lauf sind. Die vier Sublizenz-Rennen sollen demnach rund zehn Millionen Euro kosten - offenbar zu viel für die potenziellen Free-TV-Sender.

Falls sich tatsächlich kein Abnehmer für die Sublizenz findet, könnte Sky zum Beispiel eigene Übertragungen im Internet frei empfangbar machen, um den Vertrag mit der Formel 1 zu erfüllen. Ein Armutszeugnis wäre es trotzdem. Für Free-TV-Sender ist die Formel 1 im Moment «sehr unsicher und umstritten», so Bertling: «Warum sollten sie darauf setzen, wenn man sonst sehr viel im Angebot hat?»

Ein Umstand, der das zweite große Problem der Formel 1 in Deutschland unterstreicht: Es fehlen die Zugpferde, über die man die Investitionen wieder reinholen kann.

«Für das breite Publikum ist die Formel 1 nicht mehr besonders interessant und attraktiv. Es gibt zu wenig deutsche Stars, das Produkt bewegt sich zunehmend Richtung US-Markt», so Bertling.

Die Zeiten, zu denen zehn, zwölf Millionen vor dem Fernseher mit Michael Schumacher mitfieberten, sind lange vorbei. «Der Sport funktioniert nun mal sehr stark über Namen und Erfolge, über Stars, die man promoten kann. Die einzige Sportart, die sich davon ablösen kann, ist der Fußball», so Bertling, der dahinter im Kampf um den zweiten Rang «ein Hauen und Stechen» beobachtet.

Aktuell zum Nachteil der Formel 1.



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