Bob Fernley: Früherer Force India-Teamchef ist tot
Robert «Bob» Fernley
Robert «Bob» Fernley ist tot: Der langjährige Teamchef des Force India-Rennstalls ist im Alter von 70 Jahren gestorben. FIA-Präsident Stefano Domenicali meldete sich so zu Wort: «Ich bin sehr traurig. Bob war ein wichtiger Bestandteil der Formel 1, seine Liebe und seine Leidenschaft für den Sport waren ansteckend.»
Bob Fernley war schon als kleiner Junge vom Motorsport fasziniert, als er 17 Jahre alt war, fuhr er ein paar Rallyes. Schon bald wurde ihm aber klar, dass sein Talent nicht ausreichte, um es bis ganz nach oben zu schaffen, und so beschloss der in Kalkutta (Indien) geborene Engländer, andere Talente in sich zu suchen, um im Rennsport Karriere zu machen.
In den 1970er Jahren gründete er mit seinem Geschäftspartner Bobby Howlings die Firma «Amco Motor Racing», kaufte ausgediente Formel-1-Autos und verkaufte diese als Sammlerstücke.
Durch die Beziehungen, welche die beiden Geschäftspartner auf diese Weise in der Formel 1 aufbauten, kamen Fernley und Howlings mit der britischen Aurora-Serie in Kontakt, in der sowohl Formel-1- als auch Formel-2-Autos zugelassen waren. Fernley fand, es wäre an der Zeit, vom Handel in den Sport umzusteigen.
1982 wurden sie mit dem Schotten Jim Crawford und einem Rennwagen von Ensign Meister und machten den nächsten Schritt in die CanAm-Serie, 1984 dann zu den IndyCars, immer mit Crawford als Fahrer. Dann aber beschloss Fernley, mit dem Rennsport aufzuhören und dem Tingelleben in den USA den Rücken zu wenden.
In den 1980er lernte Fernley jedoch Vijay Mallya kennen, und als der Inder einen von Fernleys Rennwagen kaufte, kümmerte sich Fernley um den Einsatz des Fahrzeugs in Indien. Gemeinsam traten sie in Indien zu Rennen an, wobei sich der Unternehmer Mallya als nicht untalentierter Hobby-Racer erwies.
Als Mallya 2007 den Rennstall Spyker F1 kaufte und in Force India umbenannte, war klar, dass Fernley wieder mit an Bord sein würde. Fernley arbeitete als stellvertretender Teamchef und war bei allen WM-Läufen mit dabei.
Force India hat unter Fernley verblüffende Fortschritte erzielt: Das in Silverstone stationierte Team zeigte 2015 seine beste Formel-1-Saison – fünfter Gesamtrang. Das Team galt als chronisch knapp finanziert, erarbeitete sich aber den Ruf, die beschränkten Mittel überaus effizient einzusetzen. Auch das hatte Fernley im Laufe der Jahre gelernt.
2016 gelang dem effizientesten Rennstall der Formel 1 sogar eine weitere Steigerung: Toller vierter Schlussrang hinter den grossen Drei Mercedes, Red Bull Racing und Ferrari. Fernley durfte auf seine Truppe zu Recht sehr stolz sein. 2017 wiederholte Force India diese tolle Leistung – dieses Mal hinter Mercedes-Benz, Ferrari und RBR.
Doch im Hintergrund rumorte es: Die Schlinge zog sich langsam zu um den Hals von Force-India-Mitbesitzer Vijay Mallya. Im Sommer 2018 musste der Rennstall unter Gläubigerschutz gestellt werden, in diesem Verfahren wurde ein neuer Besitzer gefunden, eine Gruppe von Investoren um den Kanadier Lawrence Stroll griff zu. Aus dem Team wurde zunächst Racing Point, dann ab 2021 Aston Martin.
Eine Weile wurde es still um Bob – bis November 2018. Dann verkündete McLaren, dass Fernley das 2019er Indy-Projekt von McLaren leiten würde, sein offizieller Job-Titel war: President McLaren IndyCar. Der Engländer übernahm diesen Posten mit sofortiger Wirkung und war direkt McLaren-CEO Zak Brown unterstellt.
Das Indy-Programm des zweiterfolgreichsten Formel-1-Teams nach Ferrari sah für 2019 lediglich das Rennen der Rennen vor – die 500 Meilen von Indianapolis. Bob Fernley sollte parallel dazu die Weichen zu einem erheblich grösseren Engagement stellen, ab 2020 fuhr McLaren vollzeit IndyCar.
Aber der Ausflug nach Indy 2019 wurde ein Fiasko: Fernando Alonso schaffte die Qualifkation fürs Rennen nicht, weil das Team zu wenig gut vorbereitet war. Der Vertrag von Fernley wurde nicht erneuert.
Ende Dezember 2020 übernahm Fernley die Leitung der Einsitzer-Kommission beim Autosport-Weltverband FIA, Anfang 2022 gab er diesen Posten ab.
McLaren-CEO Zak Brown sagte bei der Verpflichtung von Fernley auf die Frage, was Bob besonders auszeichne: «Grossartige Leute zusammenbringen und das Beste aus ihnen holen, das ist eine Gabe und ein Geschenk.»