Germany SailGP Team: Das ist Vettels neues Projekt
Sebastian Vettel
Sebastian Vettel strahlte über das ganze Gesicht. Der viermalige Formel-1-Weltmeister lachte, als er von seiner ersten Highspeed-Segelerfahrung auf dem Renn-Katamaran berichtete und freute sich dabei wie ein kleines Kind.
«Es war unglaublich», sagte der Deutsche in Los Angeles nach seiner wilden Fahrt mit dem F50-Renner, der bis zu 100 km/h schnell ist. «Es ist etwas ganz anderes, wenn du auf dem Boot bist, als wenn du es nur vom Land siehst. Alles bewegt sich, und ich bin sehr beeindruckt von den G-Kräften, die erreicht werden, wenn das Boot um die Kurve zieht», so Vettel, der zugibt, dass er das so nicht erwartet habe: «Ich hätte mir sogar einen Sicherheitsgurt gewünscht», meinte er. Und lachte wieder.
Nach seinem Rückzug aus der Formel 1 hat Vettel eine neue Herausforderung gefunden, die ihm ganz offensichtlich Spaß macht. Nein, der Heppenheimer schult nicht zum Profi-Segler um, stattdessen ist er seit ein paar Monaten offiziell Mitbesitzer des deutschen SailGP-Teams. Initiiert wurde das Projekt von Rennstallbesitzer Thomas Riedel, der mit seinem Unternehmen «Riedel Communications» Live-Produktionstools in den Bereichen Medien, Sport und Unterhaltung anbietet. Riedel kam durch seine Firma mit der SailGP in Berührung und war von der noch jungen Rennserie schnell begeistert. Ähnlich schnell wie Vettel, den er vor rund einem Jahr erstmals fragte, ob er Interesse habe, mit einzusteigen.
Vettel war schnell vom Projekt überzeugt
Es war gar nicht schwierig, den Landsmann zu überzeugen, «weil das Projekt einfach ein irre tolles ist», sagt Riedel, der mit seinem Unternehmen unter anderem für die Kommunikation in der Formel 1 zuständig ist, bei web.de. «Da war es einfach, ihm einfach mal davon zu erzählen. Und die gesamte Kombination hat funktioniert.» Diese Kombination ist eine aus Hochleistungssport, aus einem Hightech-Wettbewerb, aus Daten, Analyse, Teamwork, Siegen und Niederlagen - die SailGP als Formel 1 des Wassers sozusagen. Hinzu kommt das Thema Nachhaltigkeit, das sich die Serie mit einem eigenen Wettbewerb groß auf ihre Fahnen geschrieben hat. Und auch, dass es für Vettel etwas völlig Neues ist, ein anderes, etwas exotisches Betätigungsfeld. Investment inklusive.
Und wie bringt sich der 36-Jährige konkret ein? Exakt so, wie man es von ihm erwarten würde, und das bereits ab dem ersten Treffen mit den Verantwortlichen und dem Team. «Er hat uns von Anfang an Löcher in den Bauch gefragt. Der hat nicht aufgehört zu fragen», verrät Riedel. Vettel will den Sport verstehen, die Abläufe, die Regeln, die Strategie, und natürlich wissen: Wie kann man gewinnen? Wo kann man einen Unterschied machen?
Vettel fragt und fragt und fragt
Vettel liefert dabei Anregungen, stößt Diskussionen an, oder aber er stellt dem Team seine über die Jahre entwickelte Methodik gegen Jetlag oder sein Helm-Design zur Verfügung. Ist er nicht vor Ort, wird er zugeschaltet. Beim jüngsten Event in Los Angeles im Juli war Vettel nicht nur auf dem Boot, sondern in jedem Team-Meeting, «und er hat ziemlich schnell erkannt, dass die Serie viele Analogien zur Formel 1 hat», so Riedel.
Vor allem bei den Themen Daten, Sensorik oder Statistiken gibt es viele Parallelen. Und damit Bereiche, in denen Vettel sich aktiv einbringen kann. Das Team war nach der gemeinsamen Session beeindruckt, «alle haben gesagt, dass es das erste Mal war, dass jemand mitgesegelt ist, der auf Anhieb verstanden hat, wie die Dinge funktionieren», so Riedel. Auch die Datenleute seien begeistert gewesen, so der Teambesitzer, «denn seine Fragen waren auf den Punkt, präzise und den Kern treffend. Sebastian ist auf Augenhöhe mit allen. Ihn dabei zu haben mit seinem Kopf und vor allen Dingen auch mit seiner Passion ist großartig», freut sich Riedel über den personellen Coup.
Denn Vettel ist ein großer Name, ein Zugpferd, dabei aber kein bloßer Grußonkel, der in die Kameras winkt, sondern seine Erfahrung und seine in der Formel 1 unter Beweis gestellte Sieger-Mentalität mitbringt, kombiniert mit echtem Engagement. «Darin liegt die Magie des Erfolgs. Dass Dinge nicht nur passieren, weil sie die Verträge so verlangen, sondern weil Menschen gemeinsam irgendwie Spaß haben und damit auch den Ehrgeiz entwickeln zu gewinnen», so Riedel. Denn wie bei jedem Investment soll das Ganze natürlich auch etwas abwerfen. Die Jahresbudgets liegen in einem niedrigen zweistelligen Millionenbereich, und Vettel ist mit einem «signifikanten» Betrag eingestiegen. «Und es ist trotzdem vergleichsweise wenig für das, was er uns am Ende bringt», so Riedel.
Zaubern kann natürlich auch ein Vettel nicht, und so sehr sein Engagement das Team pusht und seine Anregungen helfen, zahlt die Mannschaft um «Driver» Erik Heil in der ersten Saison erwartungsgemäß Lehrgeld. Bei den ersten beiden Events der vierten SailGP-Saison in Chicago und Los Angeles landete die Mannschaft auf Platz zehn unter zehn Teams. Zuletzt in St. Tropez war es immerhin schon der siebte Rang.
Doch wichtig ist sowieso der zweite Blick. «Wir können schon sehen, dass wir uns gut bewegen. Wir schaffen es, im Mittelfeld mitzusegeln, auch wenn wir momentan in der Tabelle noch hinten sind. Aber wir haben jetzt schon den Respekt der anderen», sagt Riedel: «Und das macht Spaß.» Auch dank Vettel.
Doch bei allem Spaß ist auch der Ehrgeiz groß. Nach den ersten drei Events folgen in Saison 4 noch neun weitere, das nächste steigt am 23./24. September in Tarent/Itallien. «Wir wollen in absehbarer Zeit mal Rennen gewinnen und irgendwann auch um diesen Titel mitfahren», sagt Riedel, der für die Zukunft auch ein Event in Deutschland ins Auge fasst. «Aber momentan reiten wir auf dieser Welle, wo wir eine Synchronität spüren. Wir leben das gerade. Und wir brauchen gar nicht nach dem nächsten Ziel zu suchen.» Denn aktuell ist das Projekt noch das Ziel.
Auch, um den Segelsport in Deutschland ein bisschen aus der Nische zu holen. «Das ist zwar ein super Sport, aber viele Menschen wissen das nicht», so Riedel. Er aber weiß: «Das wird nicht morgen so sein wie Fußball. Und auch nicht wie Formel 1. Aber wir wollen beweisen, dass Sportarten, die nicht so präsent sind, auch spannend sein können.» Das bekomme man nur hin, indem man eine andere Öffentlichkeit erzeuge: «Dafür braucht man ein spannendes Gesicht.» Wie Vettel. Vor allem, wenn der über das ganze Gesicht strahlt.
Italien-GP, Autodromo Nazionale Monza
01. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, 1:13:41,143 h
02. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing, +6,064 sec
03. Carlos Sainz (E), Ferrari, +11,193
04. Charles Leclerc (MC), Ferrari, +11,377
05. George Russell (GB), Mercedes, +23,028
06. Lewis Hamilton (GB), Mercedes, +42,679
07. Alex Albon (T), Williams, +45,106
08. Lando Norris (GB), McLaren, +45,449
09. Fernando Alonso (E), Aston Martin, +46,294
10. Valtteri Bottas (FIN), Alfa Romeo, +1:04,056 min
11. Liam Lawson (NZ), AlphaTauri, +1:10,638
12. Oscar Piastri (AUS), McLaren, +1:13,074
13. Logan Sargeant (USA), Williams, 1:18,557
14. Guanyu Zhou (RCH), Alfa Romeo, 1:20,164
15. Pierre Gasly (F), Alpine, +1:22,510
16. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, +1:27,266
17. Nico Hülkenberg (D), Haas, +1 Runde
18. Kevin Magnussen (DK), Haas, +1 Runde
Out
Esteban Ocon (F), Alpine, Aufgabe
Yuki Tsunoda (J), AlphaTauri, Motorschaden
WM-Stand (nach 14 von 22 Grand Prix, ink. 3 von 6 Sprints)
Fahrer
01. Verstappen 364 Punkte
02. Pérez 219
03. Alonso 170
04. Hamilton 164
05. Sainz 117
06. Leclerc 111
07. Russell 109
08. Norris 79
09. Stroll 47
10. Gasly 37
11. Ocon 36
12. Piastri 36
13. Albon 21
14. Hülkenberg 9
15. Bottas 6
16. Zhou 4
17. Tsunoda 3
18. Magnussen 2
19. Sargeant 0
20. Lawson 0
21. De Vries 0
22. Ricciardo 0
Konstrukteurspokal
01. Red Bull Racing 583 Punkte
02. Mercedes 273
03. Ferrari 228
04. Aston Martin 217
05. McLaren 115
06. Alpine 73
07. Williams 21
08. Haas 11
09. Alfa Romeo 10
10. AlphaTauri 3