Max Verstappen zu Esteban Ocon: «Dummer Idiot»
Ocon und Verstappen in Brasilien 2018
Fast wäre es im ersten Quali-Segment des Las Vegas-Qualifyings zu einem Crash gekommen: Zum Schluss des ersten Abschlusstrainingsteils wollte Alpine-Fahrer Esteban Ocon eine schnelle Runde beginnen, als Weltmeister Max Verstappen das gleiche Stück Asphalt für sich beanspruchte. Max am Funk: «So ein dummer Idiot!»
Auch Ocon meldete sich am Funk: «Aber das ist doch ein Witz! Verstappen taucht in die erste Kurve wie ein Verrückter.» Die Runde des Franzosen war im Eimer, am Ende wurde er in der Qualifikation nur 17.
Was erst später zu sehen war: Ocon hatte kurz davor Verstappen überholt, um sich Raum zu schaffen. Mit einem grenzwertigen Manöver. Der Sieger des Ungarn-GP von 2021 wehrte sich danach so: «Ich hatte in meiner ersten schnellen Runde Verkehr, und mir war klar – ich habe nur noch einen Versuch. Wenn der nicht passt, dann bin ich draussen.» Und genau so war es auch.
Ocon weiter: «Die Lage für Max ist anders. Er hat genug Speed im Auto, um auf eine zweite Runde verzichten zu können.»
Um keine Strafe wegen unnötigen Bummels zu riskieren, kurz vor seiner schnellen Runde, stach Ocon kurz vor Start und Ziel an einigen Gegnern vorbei, Tsunoda, Zhou und auch Gasly, dann noch an Verstappen.
Nochmals Esteban: «Wir haben eine genau Vorgabe, was die Maximalzeit einer Aufwärmrunde angeht. Ich sah die Gegner vor mir und wusste – wenn ich jetzt verlangsame und hinter ihnen meine Runde beginne, dann bin ich zu langsam. Ich wurde in dieser Saison schon mal bestraft für solch ein Vergehen. Also durfte ich mir kein zweites Mal leisten.»
«Ich hatte keine andere Wahl, als meine Position zu verteidigen. Der Unterschied zwischen Max und mir ist, dass er nun in der ersten Startreihe steht und ich auf Startplatz 17 bin.»
Ocon und Verstappen: Immer wieder Zoff
Was im Kartsport begann und sich in der Formel 3 fortsetzte, eskalierte in Brasilien 2018 und wurde zum gefundenen Fressen für die Medien. Es passiert schliesslich im modernen Rennsport nicht mehr so oft, dass sich zwei Piloten nach einem Formel-1-WM-Lauf an die Wäsche gehen. In Interlagos waren Ocon und Verstappen kollidiert, als sich der französische Fahrer (damals im Force India) zurückrunden wollte. Verstappen kostete das den Sieg.
Nach seiner Fahrt zu Rang 2 hinter Lewis Hamilton wurde Ocon von Max zur Rede gestellt, und als der eher hämisch reagierte, brannten bei Verstappen ein paar Sicherungen durch, und er schubste seinen Widersacher etwas in der Gegend herum.
Pippifax, meinten die meisten Formel-1-Fans danach, andere hingegen fanden – anfassen, das geht gar nicht. Dieser Meinung war auch der Autoverband, der Max für sein Verhalten zwei Tage gemeinnütziger Arbeit in Diensten der FIA aufbrummte.
Max über die Szenen nach dem Rennen: «Wir sind keine Roboter, wir sind alle Menschen mit Emotionen. Ich hatte eben den sicher scheinenden Sieg verloren. Wenn ich so daran denke, habe ich eigentlich recht ruhig reagiert. Das hätte viel schlimmer werden können. Zudem wissen die meisten Menschen nicht, wie es sich anfühlt, einen Rennwagen zu fahren und einen Sieg zu verlieren.»
«Ich habt nicht gehört, was dort gesagt wurde. Ihr habt nur mich schubsen sehen. Wenn ihr die ganze Unterhaltung kennen würdet, dann wäre das alles anders.»
Auf die Frage, was Ocon denn gesagt habe, meint Max: «Es spielt jetzt keine Rolle mehr. Es machte mich stinksauer, statt mich zu besänftigen. Wir haben eben alle Adrenalin im Körper.»
«Und das Schubsen? Das passiert doch in jedem Sport. Im Fussball sehen wir das ständig, also alles in allem war meine Reaktion eher gemässigt. Ich meine: Was erwarten die Leute denn von mir? Dass ich seine Hand schüttle und mich dafür bedanke, dass ich nur Zweiter geworden bin?»
Erst Wochen später verriet Verstappen, was genau Ocon gesagt hatte. In der Rotterdamer Tageszeitung «Algemeen Dagblad» (AD) sagte er: «Ich wollte von ihm wissen, warum er das getan hatte. Er lachte mir ins Gesicht. Ich fand das eine unangemessene Reaktion, immerhin hatte ich wegen ihm den Sieg verloren. Als ich ihn anschubste, begann er zu kreischen: ‘Holt eine Kamera!’ und ‘Schubs mich doch! Schubs mich doch!’ Ich fand, es gibt keinen Grund, mich zurückzuhalten, und die Kameras waren mir schnuppe.»
Las Vegas: So gehen sie ins Rennen
01. Charles Leclerc (MC), Ferrari
03. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing
03. George Russell (GB), Mercedes
04. Pierre Gasly (F), Alpine
05. Alex Albon (T), Williams
06. Logan Sargeant (USA), Williams
07. Valtteri Bottas (FIN), Alfa Romeo
08. Kevin Magnussen (DK), Haas
09. Fernando Alonso (E), Aston Martin
10. Lewis Hamilton (GB), Mercedes
11. Sergio Pérez (MEX), Red Bull Racing
12. Carlos Sainz (E), Ferrari *
13. Nico Hülkenberg (D), Haas
14. Daniel Ricciardo (AUS), AlphaTauri
15. Lando Norris (GB), McLaren
16. Esteban Ocon (F), Alpine
17. Guanyu Zhou (RCH), Alfa Romeo
18. Oscar Piastri (AUS), McLaren
19. Lance Stroll (CDN), Aston Martin**
20. Yuki Tsunoda (J), AlphaTauri, 1:36,447
* 10 Ränge zurück wegen Einbaus neuer Motorteile
** 5 Ränge zurück wegen Überholens unter gelber Flagge