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Jacky Ickx 1973: Vier Verträge, drei Rennwagen

Von Mathias Brunner
​So etwas wäre heute undenkbar: Vor 51 Jahren trat der Belgier Jacky Ickx in der GP-Saison 1973 mit drei verschiedenen Rennwagen an, dazu hatte er einen Vertrag bei einem vierten Team unterzeichnet!

Ich muss immer ein wenig schmunzeln, wenn im Motorsport jeder Nachwuchsfahrer gleich zum Star ernannt wird, wenn er mal zwei Rennen in Serie gewonnen hat. Pardon, aber ein Star, das ist etwas Anderes. Star-Charisma verströmen Menschen, die Großes geleistet haben oder noch immer leisten. Stars unter den Rennfahrern sind selten. Jacky Ickx ist einer von ihnen.

Der heute 79-jährige Ickx ist einer aus der Garde der großen Piloten der 1960er und 1970er Jahre, die überlebt haben. Selbstverständlich ist das nicht. Der Brüsseler Ickx gibt zu, dass er in jungen Jahren auf Sicherheit gepfiffen hat, heute sieht er das ganz anders. Wie seine Wegbegleiter Jackie Stewart, Emerson Fittipaldi und Mario Andretti.

So wie Andretti ist Jacques Bernard «Jacky» Ickx einer der vielseitigsten Piloten der Rennhistorie: Achtfacher Grand-Prix-Sieger, WM-Zweiter 1969 mit Brabham und 1970 mit Ferrari, sechsfacher Le-Mans-Sieger, Sportwagen-Weltmeister 1982 und 1983, Paris-Dakar-Sieger – mit einer unfassbaren Karriere, die vom ersten Trial auf einer 50-ccm-Zündapp im August 1961 im belgischen Alsemberg bis in den Januar 2000 nach Kairo reicht, wo Ickx nach 483. Wettbewerb seiner Renn- und Rallye-Laufbahn gesagt hat: «Nun ist aber Schluss.»

Der Neuseeländer Chris Amon brachte es in seiner GP-Karriere auf elf Rennställe, der Italiener Andrea de Cesaris sogar auf zwölf. Aber wenn wir von verschiedenen Arbeitgebern in nur einer einzigen Saison ausgehen, dann kommt uns sofort Jacky Ickx in den Sinn, der im Oktober 1973 einen Vertrag bei Lotus unterzeichnete – und damit sein viertes Abkommen in jener Saison, denn der damalige Ferrari-Werksfahrer war zwischendurch auch für McLaren und Williams an der Arbeit!

Ickx war gerne bei Ferrari und schwärmt noch heute von dieser Zeit, der unvergessene Enzo Ferrari hatte den Belgier schon 1968 unter Vertrag, nach einem Jahr bei Brabham kehrte Ickx für 1970 nach Maranello zurück.

Aber in der Saison 1972 kamen Rückschläge: Nach gutem Saisonbeginn (drei Podestplätze in den ersten vier Rennen) konnte Jacky in den folgenden acht Rennen nur noch zwei Mal punkten – als Sieger in Deutschland und als Fünfter in den USA.

Eine weitere Ernüchterung folgte im Jahr darauf – das 1973er Modell war schlicht eine Gurke, die den feinfühligen Jacky an den Rand der Verzweiflung trieb. Schließlich deponierte er in Maranello, dass er so lange nicht mehr für Ferrari zu fahren gedenke, bis ein konkurrenzfähiges Auto auf Rädern stehe. Seltsamerweise kam er beim Alten mit dieser Arbeitsverweigerung durch! Die Gurke wurde dann von Arturo Merzario bewegt.

Als McLaren für den Nürburgring-GP im August Ickx ein drittes Auto (neben Denny Hulme und Peter Revson) offerierte, musste Jacky nicht lange überlegen. Nur die beiden Tyrrell von Jackie Stewart und François Cevert flitzten im Rennen schneller durch die Eifel. Wir lernen: Am Fahrer Ickx lag die Ferrari-Misere offenbar nicht.

Die italienischen Techniker gaben im Sommer Gas, die Techniker glaubten, dem Modell 312B3 endlich die Mucken ausgetrieben zu haben, aber Jacky konnte damit beim Monza-GP nur Achter werden – worauf er Maranello endgültig verließ.

Zum Ende der Saison hin sprang der WM-Zweite von 1969 und 1970 bei Frank Williams ein, wo er den Dänen Tom Belso ersetzte. In Watkins Glen verpasste Jacky den ersten Trainingstag, weil es Schwierigkeiten mit seinem Visum gab. Dann eroberte er mit Rang 7 das zweitbeste Ergebnis der von Frank Williams eingesetzten Iso-Marlboro-Ford-Renner. Nicht nur deswegen holte ihn Colin Chapman zu Lotus.

Kleine Fussnote: Die drei Teams von Ickx der Saison 1973 sind die erfolgreichsten Formel-1-Rennställe der GP-Historie geworden – Ferrari, McLaren, Williams.

Ickx wird sich gewünscht haben, er hätte die Saison 1973 ausgesessen: Ferrari erlebte 1974 mit Niki Lauda und Clay Regazzoni eine Renaissance, der Schweizer hätte um ein Haar den Titel geholt, der Wiener holte das 1975 nach. Da war Ickx mit Lotus WM-16.

Vierzig Jahre also, mit Anfängen bei Trial-Veranstaltungen, dann dem Schritt zu Tourenwagen, bevor der Wechsel in Einsitzer unvermeidlich war. Ickx mauserte sich zu einem der besten Regenfahrer der Welt, sass schon Ende der 1960er Jahren in den stärksten Sportwagen der Welt, in den berühmten Rennfarben von Gulf gewann er erstmals das 24 Stunden-Rennen von Le Mans.

Nach ersten Einsätzen mit Tyrrell und Brabham holte ihn Enzo Ferrari nach Maranello, rückblickend ein Hohn, dass ein so talentierter Mann nie Formel-1-Weltmeister geworden ist. Dafür wurde er zu einer Langstrecken- und Raid-Rallye-Legende.

Jacky Ickx fasst seine Karriere so zusammen: «Ich darf mich glücklich schätzen, dass ich überlebt habe. Das ist das Wichtigste.»

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