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Neue Formel-1-Autos 2024: Täuschen, tricksen, tarnen

Von Mathias Brunner
​Ab 5. Februar zeigen die Formel-1-Rennställe ihre neuen Autos fast im Tagestakt. Oder etwa nicht? Für Präsentationen und Bilder von ersten Funktionstests gilt – trauen Sie Ihren Augen nicht!

Am 16. Januar 2024 ist der Traditionsrennstall McLaren vorgeprescht, am 2. Februar war die Reihe an Haas: Die Engländer und die US-Amerikaner haben im Netz gezeigt, wie ihre 2024er Autos bemalt sein werden. Im Netz wird größtenteils verbreitet – das sind die Autos für die kommende Saison. Aber das stimmt so nur teilweise.

Wer wirklich glaubt, dass die Rennwagen von McLaren und Haas so aussehen, wenn am 21. Februar auf dem Bahrain International Circuit die Formel-1-Wintertests beginnen, der hat sich Sand in die Augen streuen lassen.

Denn in dieser Phase von Präsentationen und Funktionstests gilt: Trauen Sie Ihren Augen nicht – denn Tricksen, Täuschen und Tarnen sind mit der Formel 1 so eng verbunden wie Aston mit Martin.

Die Rennställe lassen sich ungern in die Karten schauen. Und so gehört es zum Vollgasgeschäft, dass bei Präsentationen zwar nicht gleich gelogen, aber eben auch nicht die volle Wahrheit gesagt wird. Und dass Wintertests bei einigen Rennställen gleichzusetzen sind mit galoppierender Geheimniskrämerei, die an Paranoia grenzt.

Die meisten GP-Teams vermeiden es beispielsweise geschickt, Bildwinkel zu zeigen, welche clevere Details enthüllen. Wie praktisch, wenn Fahrzeugpräsentationen nur online stattfinden, da kann prima kontrolliert werden, was den Menschen gezeigt wird. Einige Rennställe zeigen Computergrafiken statt echter Bilder. Die lassen sich leichter manipulieren.

Einige Lösungen werden abgedeckt oder auf Fotos kurzerhand wegretuschiert. Jahrelang war es üblich, alte Frontflügel ans Auto zu hängen, weil man der Konkurrenz das neue Geflügel erst so spät als möglich zeigen will. Oder, wie aktuell, es wird lediglich eine neue Lackierung gezeigt und das dann als 2024er Auto verkauft.

Ebenfalls sehr beliebt: Gewisse Flächen am Wagen schwarz einzufärben, das verschluckt Konturen und macht es neugierigen Augen schwieriger, die wahre Form auszukundschaften. Oder das Auto wird gleich mit einer Tarnlackierung versehen, wie das Red Bull Racing 2015 mit dem Modell RB11 machte. Diese Rechnung ging gleich doppelt auf – der Verlauf der Karosserie war nur schwer erkennbar, und die Bilder gingen um die Welt. Werbewirkung: massiv.

An der Teststrecke ging das Versteckspiel jahrelang munter weiter: Die unsäglichen spanischen Wände hatten Hochkonjunktur, die Autos wurden bei jeder Rückkehr an die Box sofort hinter diesem rollenden Sichtschutz versteckt. Nicht nur zum Ärger der Berichterstatter, sondern vor allem jener Fans, die sich ein Ticket für die Haupttribüne gekauft hatten und dann nicht mal in die Box blicken konnten.

Der langjährige Formel-1-Techniker Gary Anderson kritisierte: «Ich fand dieses Affentheater immer komplett lächerlich. Wenn ein Team von einem anderen Rennstall Detailbilder des Autos will, dann kriegt es sie auch. Die spanischen Wände sind komplett sinnlos.»

Das sah – lieber spät als nie – endlich auch der Autoverband FIA ein: Sichtwände bei Testfahrten sind seit 2020 verboten. Somit ist der freie Blick in die Team-Boxen, der schon für die GP-Wochenenden vorgeschrieben ist, auch bei den Probefahrten mit den neuen Autos garantiert. Ausgenommen von dieser Regel sind Abdeckungen, die eine mechanische oder eine Schutzfunktion haben. Oder ein Fahrzeug hat ein größeres technisches Problem, dann geht der Rollladen runter.

Gary Anderson hat natürlich völlig Recht. Ist ein Auto auf der Bahn, klicken die Kameras im Stakkato: Nicht nur für Fachpublikationen, sondern auch für die Konkurrenz – Digitalaufnahmen der gegnerischen Fahrzeuge liegen innerhalb kürzester Zeit den Technikern in den Formel-1-Werken vor.

So mancher Fotograf verdient sich für die Spionage-Arbeit einen Batzen dazu. Das Studium der Gegner ist so wichtig wie die Analyse des eigenen Renners. Abkupfern gehört zum Geschäft.

Dazu fällt mir eine Anekdote mit der Britin Ruth Buscombe ein.

Die heutige Sauber-Strategin arbeitete vor ihrer langjährigen Tätigkeit für das Schweizer Team bei Ferrari als Ingenieurin in der Simulations-Abteilung, dann wurde sie Rennstrategin. In Formel-1-Kreisen bekannt wurde die Blondine, als sie bei Testfahrten in Abu Dhabi 2014 von einer Gallerie unmittelbar über der Mercedes-Box mit einer Wärmebildkamera den Silberpfeil filmte. Einige Mercedes-Mitarbeiter baten die Dame, damit höflicherweise aufzuhören.

Ein wenig älter war ein Kniff, der phantasievoll mit den Reizen der Frau spielte.

Da kam ein hübsches Girl mit ihrem angeblichen Freund in die Box und bat um einige Fotos, zur Gaudi der Rennmechaniker. Was die Schrauber nicht wussten: Das Objektiv des Fotografen wurde dabei nicht auf das angebliche Model gerichtet, sondern auf Details des gegnerischen Rennwagens, neben die sich die durchaus nicht unbedarfte Dame stellte.

Das ging noch weiter: Teils trug die Dame einen Rock im Schachbrettmuster, aufgrund dessen konnten die Masse des Autos nachvollzogen werden.

Spanische Wände sind teils durch menschliche Körper ersetzt worden. Nähert sich eine TV-Kamera, sagen wir mal der Ferrari-Box, um ein bestimmtes Detail des Rennwagens zu zeigen, so taucht wie aus dem Nichts eine Handvoll Mechaniker auf, die sich vor die Kamera stellen, als menschliches Schutzschild. Die gleiche Praxis wird gegen aufsässige Fotografen angewandt, die sich vor der Box platziert haben.

In seinem sehr empfehlenswerten Buch «How to Build a Car» verriet Star-Designer Adrian Newey, wie er die Gegner wie Ferrari ein wenig aus dem Konzept zu bringen pflegte. Der anerkannt beste Designer der Branche, der von March über Williams und McLaren zu Red Bull gezogen ist, schreibt in seinem Werk: «Techniker wie ich nutzen jede Gelegenheit, um sich die anderen Autos anzuschauen. Wenn ein leitender Ingenieur in die Nähe des gegnerischen Fahrzeugs kommt, schwärmen sofort deren Leute aus, um die Sicht auf ein Teil zu verdecken, das vielleicht meine Aufmerksamkeit geweckt hat. Bei Ferrari entsteht ein wahres Bienenhaus an Aktivität, sobald ich in deren Nähe wandere.»

«Also habe ich mir einen kleinen Trick ausgedacht. Ich gehe zu einer Stelle des Autos, die mich gar nicht besonders reizt. Sofort eilen die Mechaniker heran, wie Motten zum Licht, und während dieser Zeit haben unsere Fotografen auf der anderen Seite des Autos alle Zeit der Welt, um jene Teile abzulichten, die mich wirklich interessieren. Ferrari hat das nie durchschaut.»

Formel-1-Präsentationen

05. Februar: Sauber
05. Februar: Williams
07. Februar: Alpine
08. Februar: Visa Cash App RB
12. Februar: Aston Martin
13. Februar: Ferrari
14. Februar: Mercedes
14. Februar: McLaren
15. Februar: Red Bull Racing

Formel-1-Wintertests

21.02. bis 23.2. in Bahrain

Formel-1-WM 2024

02.03. Bahrain-GP, Bahrain International Circuit, Sakhir
09.03. Saudi-Arabien-GP, Jeddah Corniche Circuit, Dschidda
24.03. Australien-GP, Albert Park Circuit, Melbourne
07.04. Japan-GP, Suzuka International Racing Course, Suzuka
21.04. China-GP, Shanghai International Circuit, Shanghai
05.05. Miami-GP, Miami International Autodrome, Miami
19.05. Emilia Romagna-GP, Autodromo Enzo e Dino Ferrari, Imola
26.05. Monaco-GP, Circuit de Monaco, Monte Carlo
09.06. Kanada-GP, Circuit Gilles Villeneuve, Montreal
23.06. Spanien-GP, Circuit de Barcelona-Catalunya, Montmeló
30.06. Österreich-GP, Red Bull Ring, Spielberg
07.07. Großbritannien-GP, Silverstone Circuit, Silverstone
21.07. Ungarn-GP, Hungaroring, Budapest
28.07. Belgien-GP, Circuit de Spa-Francorchamps, Spa
25.08. Niederlande-GP, Circuit Zandvoort, Zandvoort
01.09. Italien-GP, Autodromo Nazionale di Monza, Monza
15.09. Aserbaidschan-GP, Baku City Circuit, Baku
22.09. Singapur-GP, Marina Bay Street Circuit, Singapur
20.10. Austin-GP, Circuit of the Americas, Austin
27.10. Mexiko-GP, Autódromo Hermann Rodríguez, Mexiko-Stadt
03.11. Brasilien-GP, Autódromo José Carlos Pace, Interlagos
23.11. Las Vegas-GP, Las Vegas Street Circuit, Las Vegas
01.12. Katar-GP, Losail International Circuit, Doha
08.12. Abu Dhabi-GP, Yas Marina Circuit, Yas Island


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