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Die letzten Turbos

Von Guido Quirmbach
Der letzte Turbo-Grand-Prix: Prost vor Senna in den McLaren-Honda

Der letzte Turbo-Grand-Prix: Prost vor Senna in den McLaren-Honda

Am 13. November 1988 fand der letzte Grand Prix der Turbo-Ära statt.

Heute vor 24 Jahren in Adelaide: Alain Prost schiesst gleich am Start in Führung vor seinem Teamkollegen Ayrton Senna, der bereits seit zwei Wochen als Weltmeister feststeht, und gewinnt den Großen Preis von Australien. Es war der 15. Sieg in 16 Rennen für den McLaren MP 4/4 mit dem Honda-Turbo und der bis dato letzte Turbosieg überhaupt. Ab 1989 waren Turbos in der Formel 1 verboten.

Silverstone, Grosser Preis von England 1977: Mit Renault kommt erstmals ein Turbo-Motor in die Formel 1. Die Franzosen fahren schon in Le Mans mit Turbos und suchen nun den Weg in die Königsklasse. Das Debüt ist beachtlich, mit nur 1,6 Sekunden Rückstand zur Spitze fährt Jean-Pierre Jabouille auf Startplatz 21, im Rennen scheidet er aus.
Es dauert lange, bis die Turbos erstmals richtig laufen. Der 1,5-Liter-Motor hat im Gegensatz zu den 3,0-Liter-Saugmotoren Vorteile in der Spitzenleistung, aber enorme Probleme mit dem Ansprechverhalten. Dazu ist die Standfestigkeit noch mehr als dürftig.

Der Durchbruch erfolgt erst 1979: Es gelingen die ersten Pole-Positions, und beim Heimspiel in Dijon sorgt erneut Jabouille für den historischen ersten Sieg eines Turbos in der Formel 1.
Dessen Teamkollege René Arnoux kann 1980 gleich zu Saisonbeginn zwei Rennen gewinnen, allerdings sorgen nach wie vor viele Ausfälle dafür, dass der Weltmeister Alan Jones weiterhin mit einem Saugmotor bewaffnet ist.

Ferrari springt 1981 auf den Turbo-Zug auf: Und sorgt für die Sensation, denn war Renault bislang nur auf den schnellen Strecken konkurrenzfähig, siegt Gilles Villeneuve in Monaco: Dort, wo Renault noch regelmässig um die Qualifikation kämpfte. Villeneuve holt zwei Siege, Alain Prost im Renault drei, doch Weltmeister wird erneut ein Sauger, nämlich Nelson Piquet im Brabham.

Inzwischen hat auch der Letzte erkannt, dass der Turbo die Zukunft ist. Bernie Ecclestone ist die Entwicklung zuwider, er weiss, dass der Turbo vor allem die Kosten in die Höhe treibt. Kein Vergleich zum für jedermann käuflichen Ford-Cosworth, der im Prinzip seit seinem Debüt in Zandvoort 1967 zwar in vielen Details verbessert wurde, aber noch immer von der Basis her der gleiche Motor ist.
Ecclestone musste mitziehen, wenn er Erfolg haben will. Er besorgt sich BMW als Partner. Viele Turbos, die sich gegenseitig Punkte wegnehmen, und viele Tragödien sorgen 1982, dass der Weltmeister wieder einen Saugmotor im Heck hatte: Keke Rosberg feiert nur einen Sieg, aber fährt regelmässig in die Punkte und aufs Treppchen.

Doch 1983 war es dann vorbei: Mit Watson im McLaren, Rosberg im Williams und zuletzt Michele Alboreto in Detroit gingen nur noch drei Siege überhaupt an Sauger. Nelson Piquet im Brabham-BMW war der erste Weltmeister in einem Turbo.

Die Leistungen der Motoren explodierten, Leistungen von mehr als 700 PS waren die Regel, mehr als 200 mehr als die Sauger.

Man versuchte, der Entwicklung Herr zu werden, indem man den Sprit reduzierte. 220 Liter mussten 1984 reichen, Nachtanken war verboten. McLaren löste mit dem von Porsche entwickelten TAG-Turbo-Motor das Problem am besten, Niki Lauda wurde Weltmeister, einen halben Punkt vor Teamkollege Alain Prost. Der holte sich den Titel 1985 und 1986.

Doch die Spritlimitierung im Rennen, die 1986 auf 195 Liter verschärft wurde, löste das Problem der Leistung im Qualifying nicht. Die Autos wurden PS-Monster: Für die Qualifikation wurde der Ladedruck des Turbos in die Höhe getrieben, 1200 PS, manche sprachen von 1400 PS, waren 1986 kurzzeitig möglich. Vor lauter Leistung waren die Fahrzeuge kaum auf der Bahn zu halten, ein faszinierendes Schauspiel. Danach war der Motor reif für die Schrottpresse. Doch einigen Herstellern war dieser Preis für die Pole-Position wert. Nur gingen die Kosten in astronomische Höhen, Teams wie RAM oder ATS gaben auf.

Für 1987 dann gab es die Bremse, der Ladedruck wurde per sogenanntem Pop-off-Ventil auf 4 bar begrenzt. Dazu wurde die Rückkehr der zwischendurch verbotenen Saugmotoren forciert. Weltmeister 1987 wurde Nelson Piquet, der im Williams den ersten Titel für Honda holte. Zum Dank verliess Honda das Team von dem seit einem Jahr im Rollstuhl sitzenden Teamchef Frank Williams. Der war nicht bereit, Honda mehr Einfluss, unter anderem in die Fahrerwahl, in seinem Rennstall zu gewähren. Honda zog es zu McLaren und brachte Wunderknabe Ayrton Senna von Lotus gleich mit.

Für die Saison 1988 dann wurde der Ladedruck auf 2,5 bar begrenzt, Sprit gab es nur noch 150 Liter. Viele glaubten, das sei für die Turbos das Ende: Doch sie gewannen alle Grands Prix. Beinahe hätte dies McLaren alleine geschafft, doch in Monza schied erst Alain Prost aus, und Senna hatte beim Überrunden mit dem Franzosen Jean-Louis Schlesser, der für ein Rennen den erkrankten Nigel Mansell bei Williams vertrat, die inzwischen mit Judd-Saugmotoren starteten, eine Kollision. So holte Gerhard Berger im Ferrari-Land den Heimsieg. Senna holte in Suzuka den Titel, das Jahr war der Beginn des Dauerstreites von Prost und Senna. Und gleichzeitig das Ende einer faszinierenden Ära.

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