Harley-Davidson: Eigene Serie in der MotoGP

Ein Europäer in Texas

Kolumne von Peter Hesseler
Zwischendurch mal Hinweis in eigener Sache: Nach Wochen im mittle

Zwischendurch mal Hinweis in eigener Sache: Nach Wochen im mittle

Beeindruckende neue Rennanlage in Austin, aber die Skepsis vor dem American Way of Life bleibt…

Zwischendurch mal Hinweis in eigener Sache: Nach Wochen im mittleren und fernen Osten (ein Kollege hat sich in Indien eine handfeste Malaria eingefangen), ist es eine willkommene Abwechslung für den F1-Reisenden, mal wieder Richtung Westen durchzustarten.

Gut, die Zollkontrollen bei der Einreise in die USA scheinen nach dem Muster der alten UdSSR abzulaufen. Da kennen die Amis keinen Spass.

Aber wenn mal man drin ist, weckt Texas ur-amerikanische Gefühle: atemberaubende Brückenkonstruktionen rund um Houston, auf dem Weg nach Austin endlose Prärie mit faulen Rinderherden, deren beste Stücke man sich lebhaft auf einem Grill vorstellen kann. Dazwischen Unmengen verrottender Gas-Food-Lodging- und All-you-can-Eat-Schildern. In Austin am Abend eine erstaunlich einladende Skyline Marke Manhattan, nur en miniature.

Der Amerikaner grüsst den Wildfremden meist so freundlich wie einen lange verschollenen Bruder, was uns Europäer immer ein wenig übertrieben vorkommt. Aber man gewöhnt sich dran, ohne jede Kassiererin gleich zu umarmen.

Die Ruhe der Texaner kann einen bisweilen ganz schön kribbelig machen. Selbst in endlosen Schlangen auf der Abbiegespur zum Media-Areal des Circuit of the Americas hält der Einweiser scheinbar mit jedem Abbieger einen persönlichen Plausch, auch wenn sich die Wartenden dahinter zwei Kilometer stauen.

Ein Shuttle-Bus, sonst den Medienvertretern vertraglich zugesichert, ist am Abend nirgendwo in Sicht, obwohl es deren sechs geben soll. Unsere Fahrerin am Morgen kriecht durch das Gelände, dass ein Fussmarsch mehr Sinn gemacht hätte.

Es gibt Dinge, die uns schwer einleuchten: Warum das Rauchen etwa selbst im Garten unseres B&B verboten ist (schlecht für die Bäume?).

Warum die Amerikaner 60 Meter Breite Highways und Achtzylinder-Autos bauen, um dann mit 100 Km/h darauf entlang zu krebsen.

Warum es an jeder Ecke Kaffee gibt, sogar zum kostenlosen Nachfüllen, aber nie einen richtigen. Am Ende ist doch hier das Wasser dafür teurer als das Pulver…

Im hauseigene Kühlschrank (so gross wie zwei bei uns) stapeln sich die Nahrungsmittel, doch alles ist low-fat, non-fat, light-cream, nutritiv, gefährlich-gesund. Trotzdem begegnen dir überall Menschen mit doppelter Leibesfülle. Kein Wunder: Die Coke-Becher im What-a-Bürger erreichen fast das Format von Wassereimern…

Im Gespräch mit Kollegen aus Florida muss ich meine Eindrücke vorsichtig dosieren, damit sie nicht denken, ich finde hier alles daneben. Es gibt die europäische Seite, die Genüsse, den Geschmack, den Stil, aber nur in den Städten.

Trotzdem frage ich die Florida-Boys, die so gerne hören würden, dass hier alles toll ist, warum sie bauen, wie sie bauen?

Tausend Fragezeichen springen mich an.

Als ich erkläre, dass ich nach jedem Hurricane angesichts der Fernsehbilder wie neulich von «Sandy» die armen Leute bedaure, die ihre Holzhäuser regelmässig von Baggern abtransportieren lassen müssen, doch sehr bedauere. Die Einsatztruppen, die die Überland-Strompfosten (aus Holz), die zu tausenden bedenklich schaukelnden und niedergerissenen Ampel-Konstruktionen an Kreuzungen wieder in Stand setzen müssen, nur damit sie beim nächsten Tornado ein paar Wochen später wieder weggefegt werden wie Lego-Burgen, sagt einer von ihnen: «Wir haben auch Steinhäuser – in einigen Städten.»

Die scheinen aber doch in der Minderheit zu sein.

Die Prärie ist weit. Und derzeit fegt ein kalter Wind unter dem blauen Himmel her. Trotzdem laufen viele Klimaanlagen wie im Hochsommer (allein die Klimaanlagen von Houston sollen an einem Tag so viel Strom verbrauchen wie der Kleinstaat Luxemburg im ganzen Jahr).

Amerika ist Amerika. Und es hat eben auch schon Traditionen: Zum Beispiel werden die Busse, auch wenn sie nicht im Einsatz sind, in der Mittagspause meistens mit laufendem Motor stehen gelassen. So billig ist der Sprit hier aber auch wieder nicht. Und wenn schon…

Ich frage die Florida-Boys, warum?

«Wegen der Klimaanlagen. Und weil es besser für den Motor ist.» Irgendwo habe ich mal gelernt, dass es für die Schmierung der Maschine besser sein soll, wenn sie warm gefahren wird. Aber wir Europäer…

Ein anderer Ami sagt mir zur Begründung: «Weil wir es uns offenbar leisten können.» Ich horche auf – und hoffe, er hat Unrecht.

Zwei Tage bin ich nun hier: Es gibt alles. Und es gibt alles rund um die Uhr. Das hat echte Vorteile. Aber was ich noch nicht gesehen habe, ist ein Fahrrad. Oder: ein Mensch auf einem Fahrrad. Auch die Benutzung von Motorrädern, Mopeds, Rollern scheinen hier unter Strafe zu stehen.

In Indianapolis wurde ich einmal nachts von einem Polizeiwagen auf offener Strasse angehalten. Der Beamte pampte mich an: «Warum laufen sie hier herum.» Da regte sich meine europäische Arroganz: «Warum nicht?»

Da wollte er meinen Pass sehen, logisch.

«Haben Sie kein Auto?», fragte er dann.

Antwort: «Ich gehe gerne zu Fuss, besonders nach dem Abendessen.»

«Das ist aber gefährlich», sagte er.

Antwort: «Dass hier jeder eine Waffe tragen darf, macht mich auch ganz nervös.»

Ihm klappte die Kinnlade runter, dann quetschte er seinen Autofahrer-Korpus hinter das Lenkrad und rauschte davon.

Nein, Amis sind keine Radfahrer, keine Fussgänger, keine Kaffeetrinker, keine Raucher. Sie sind Waffenträger, Schnell- und-Light-Esser, Auto-Fahrer, Tüten-Trinker, Plastik-Vernichter. Aber mobiler als unsereins. Sie können ihre Häuser mit einem Handgriff an den Wohnwagen anklemmen und in die nächste Stadt umsiedeln. Zum nächsten Job. Die meisten Berufstätigen hier haben ja inzwischen zwei bis vier Arbeitgeber gleichzeitig.

Doch sie sind nicht so beweglich, wie man angesichts ihrer sportlichen Erfolge glauben könnte: Immer, wenn man einen längeren Blick auf eine der vielen, riesigen Sportanlagen wirft, sind die Benutzer meistens in statische Tätigkeiten vertieft. Vielleicht sind gerade Taktik-Einweisungen an der Reihe. Dass mal alle rennen wie die Verrückten, sieht man selten. Vielleicht wäre es uncool, zu schwitzen. Sie wie es empörend ist, nackt eine Sauna zu betreten, was bei uns die Vorschrift ist.

Auf den Punkt gebracht: Sie fahren dicke Autos – und die langsam.Wir fahren sparsame Modelle – und die schnell.

Mal sehen, wer mit seiner Methode besser zum Ziel kommt.

USA. Love it. Or leave it!

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