Formel 1: Aus für Perez bei Red Bull Racing

Kompaktklasse mit Raffinesse

Von Peter Hesseler
F60 - ein hervorragendes Studienobjekt für den Fahrzeugbau

F60 - ein hervorragendes Studienobjekt für den Fahrzeugbau

Ferrari bemühte sich redlich, seinen neuen Boliden den Fotografen beim Roll-Out in Mugello nicht regelrecht zum Fraß vorzuwerfen.

Einige Eifrige, die ihre Linsen weit unter die Nase oder das Hinterteil des F60 stecken wollten, wurden sanft zurückgepfiffen. Auch die Galerie der freigegebenen Fotos strotzt nicht gerade vor Freizügigkeit. Man weiß: Bei den Roten scheint eben jedes Detail noch etwas interessanter und geheimer zu sein als bei anderen Formel-1-Rennställen. Einzig die Slicks, 2009 nach elf Jahren Verbannung wieder in Mode, werden ohne Argwohn dargeboten.

Und dennoch kommen die Feinheiten des Einsatzfahrzeugs für 2009 nach und nach ans Licht. Ferrari weiß auch das, nur sollen der Konkurrenz die Kopiervorlagen und technischen Lösungen des führenden Konstruktionsbüros des GP-Sports nicht frei Haus geliefert werden.

Was man dem Auto, dem ersten 2009 präsentierten überhaupt, deutlich ansieht: Die individuellen Unterscheidungsmerkmale werden immer weniger. Wie Superkonstrukteur Adrian Newey (Red Bull) treffend bemerkte: «Nur im Bereich der Vorderachse kann ein Designer heutzutage seinem Auto noch einen Stempel aufdrücken.»

Trotzdem stellt der extrem kompakte Ferrari F60, der sicher nicht alle Geheimnisse seiner Entwickler entblößt, ein hervorragendes Studienobjekt für den Fahrzeugbau im modernen GP-Sport dar. Denn mittels aerodynamischen Restriktionen haben die Regelhüter auf dem Papier ca. 50 Prozent des Anpressdrucks reduziert, und bei Ferrari sieht man nun erstmals die Gegenmittel der Ingenieure.
 
Der zentrale Teil des Frontflügels ist vorgegeben. Auch dürfen keine Brücken wie Doppeldecker-Oberteile die äußeren Profile mehr mit der Nase verbinden. Ferrari hat an den Frontflügelendplatten kleine Kaskaden angesetzt, die einen Teil der Luft unter das Auto befördern, wo er am dringendsten benötigt wird, und einen Teil über den Unterboden hinweg nach hinten wegbeschleunigt. An der Wölbung der Endplatten selbst erkennt man, wie die Strömungsluft um den Reifen herum geführt werden soll.

Im Inneren eben jener Endplatten ist die winzige Mechanik untergebracht, die es den Fahrern erlaubt, einmal pro Runde am Lenkrad die Einstellung der Frontflügel anzupassen. Das ist neu und erhöht das Anforderungsprofil für die Piloten.
 
In der Nase fehlt –regelbedingt – neuerdings ein Belüftungsloch. Dann folgen eine sehr aufgeräumte Vorderradaufhängung sowie eine Schlüsselzone des gesamten Fahrzeugs: das Gebiet vor und um die Seitenkästen. Ferrari hat diese derart verkürzt und verkleinert und verschoben, dass sich davor Raum für drei Luftleitbleche auftat. In diesem wird der Luftstrom nach hinten beruhigt bzw. kanalisiert. Kurios dabei: Die neue Installation der Rückspiegel, die quasi auf einer in den Unterboden hineinreichenden Strebe lagern, die gleichzeitig Bestandteil des wichtigen Seitenaufprallschutzes ist. Hier erahnt man die Raffinesse im Design.
 
Der eingangs verkleinerten Kühlschächte werden durch vergrößerte Luftaustritte hinter auf Seitenkästen kompensiert. In den Seitenkästen selbst befinden sich vorne unten allerdings kleine Zusatzöffnungen, die eigens die hitzeempfindliche und am Motor angebrachte neue Hybridtechnologie KERS (Kinematic Energy Recovery System) belüften. Ein Knopf zur Aktivierung von rund 60 Zusatz-PS (dann 830 insgesamt), die durch die Hybrid-Technik kurzfristig aktivierbar sind –etwa für Überholmanöver oder für deren Abwehr – ist auf Lenkrad angebracht und trägt die Aufschrift ‚K‘ – für KERS.

Die Auspuffendrohre ragen nun wegen des Verkleidungsverbots auf dem Chassis blank und nach hinten gekrümmt aus dem Auto. Heckflügel und Diffusor verraten noch wenig kreatives Potenzial und schweigen sich über die letzte Philosophie des Autos aus. Doch die Verringerung des Radstands um drei Zentimeter weist darauf hin, dass bei der aerodynamischen Stabilität Kompromisse gemacht wurden zugunsten einer schnelleren Erwärmung der Reifen. Das war 2008 der Schwachpunkt des Autos aus Maranello, kostete in der Qualifikation ein paar Grad Temperatur, die nötige Haftung, schließlich wertvolle Startplätze und letztlich womöglich den WM-Titel.

Ein Geheimnis bleibt vorläufig die für die Wettbewerbsfähigkeit mitentscheidende Gewichtsverteilung im F60. Denn sie hängt vom KERS-Einsatz ab. Und der ist – bei den Italienern – noch nicht beschlossene Sache, eher Verschlusssache…

Felipe Massa gab nach ersten Proberunden in Mugello noch keinen Kommentar zum Fahrverhalten seines neuen Dienstfahrzeugs ab, sieht sich persönlich jedoch «physisch und psychisch bestens» für die nächste Titeljagd gerüstet. Die Scuderia gewann in den letzten zehn Jahren acht Konstrukteurstitel, aber nur sechsmal die Fahrerkrone. Massa glaubt, dass der Kampf darüber 2009 zwischen «mehr Gegnern ausgetragen wird als zuletzt: McLaren, BMW und Renault sind im Rennen – mit uns.»
Voriges Jahr verlor er den Titel im Finale von Brasilien, vor der eigenen Haustür, 400 Meter vor dem Ziel.

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