KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Keine Geldsorgen auf dem anderen Planeten

Von Elmar Brümmer
Felipe Massa (l.) und Kimi Räikkönen

Felipe Massa (l.) und Kimi Räikkönen

Felipe Massa und Kimi Räikkönen müssen in der Krise zwar nicht um ihren Job zittern, aber sie kämpfen um ihre Gehälter

Die Welt von Kimi Räikkönen ist eine gefährliche, aber sie bleibt immer heil. Denn es ist seine ganz eigene Welt. Besser ausgedrückt von Stefano Domenicali, seinem Teamchef bei Ferrari: «Kimi lebt auf einem anderen Planeten.» Das mentale Schutzschild, das an Autismus grenzt, hält Domenicali für eine der größten Stärken des Finnen. Nichts in der allgemeinen Diskussions-Weltmeisterschaft kann ihm etwas anhaben. Vor allem nichts aus der realen Welt mit ihren ganzen Krisen. Ein Planet, auf dem Geld keine Rolle spielt.

Beim Ferrari-Skicamp in Madonna di Campiglio entbrennt am frühen Donnerstag die Diskussion über Zahlen. Zunächst ganz harmlos, als Vize-Weltmeister Felipe Massa sich zur ungewöhnlichen Nummernverteilung durch den Automobilweltverband FIA äußern soll: Der klebt dem Brasilianer die Nummer vier aufs Auto, der schlechter platzierte Räikkönen bekommt die Drei. Massa kontert gelassen, aber mit fester Stimme «Zahlen sind doch bloß Zahlen.» Bei der nächsten Frage, die bewusst polemisch gestellt wird, kommt der Beinahe-Champ ins Stottern, obwohl er sonst reifer geworden ist. Der Pilot mit dem Musketier-Bärtchen soll abwägen, ob in der neuen Spar-Formel nicht auch die Fahrergehälter beschnitten werden müssen. Schließlich könnte man für die zehn Millionen Euro Salär, auf die Massa taxiert wird, 100 Ingenieure bezahlen, die das Team bestimmt schneller machen würden. Der 27-Jährige argumentiert im Kreis, und findet den salomonischen Ausstieg: «Niemand ist doch glücklich, wenn er auf Geld verzichten soll. Wir müssen versuchen, in Bereichen zu sparen, die keine Jobs kosten...» Von einer generellen Gehaltsobergrenze, dem so genannten salary cap aus dem US-Profisport, hält er nichts: «Das ist unfair. Denn manche bekommen trotzdem mehr Geld – zum Beispiel aus der Werbung.» Diese Art Sozialismus funktioniert im Kapital-Motorsport sicher nicht. Fakt aber ist, dass ein Drittel der drei Milliarden Euro, die in einer Formel-1-Saison umgesetzt werden, auf Personalkosten entfallen. Weshalb dieser Posten, ganz wie im richtigen Wirtschaftsleben, von allen Controllern gerade kritisch unter die Augen genommen wird. Die Formel 1 will sich schon aus Imagegründen als Formel Lidl präsentieren.

Ein Stündchen später schnappt die Falle auch für Räikkönen auf. Doch der Außerirdische wittert sie als Mann aus den finnischen Wäldern früh – und tappt dann trotzdem rein. «Über die Gehaltsbeschneidung will ich nicht reden, sie kommt ja doch nicht. Deshalb möchte ich gar nicht in diese Diskussion verwickelt werden.» Pech gehabt, schon ist er mittendrin. Die Frager aus dem Hamilton-Heimatland sind gnadenlos, wenn sie auch nur den kleinsten scoop wittern. Nächste Frage: «Kimi, findest Du diese Einstellung nicht ziemlich arrogant, wenn in England Tausende Leute ihren Job wegen der Krise verlieren.» Räikkönen, im Gehalts-Ratespiel auf 17 Millionen Euro taxiert, wird sauer: «Sehen Sie, genau deshalb will ich nicht drüber sprechen, weil ich genau weiß, dass etwas Negatives draus gemacht wird.» Dann zieht er sich wieder zurück auf den Planeten der Sorglosigkeit: «Ich kann mich über das Leben auf meinem Planeten nicht beklagen.» Das alte Supertramp-Prinzip: Crisis, what crisis?

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