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Mercedes-Teamchef Toto Wolff: Fragezeichen Ferrari

Von Mathias Brunner
Toto Wolff

Toto Wolff

Im Gespräch mit Toto Wolff, dem Wiener Teamchef von Formel-1-Weltmeister Mercedes – über Reifen, Rennstrategien und ein reichlich verwirrendes Ferrari.
Toto, viele haben von Ferrari aufgrund ihrer Verbesserungen am Motor für Kanada einen erheblichen Schritt nach vorne erwartet. Aber das ist irgendwie nicht so richtig passiert. Hat dich das erstaunt?

Ein wenig schon. Denn am Freitag sah es für uns so aus, als hätte Ferrari einen massiven Schritt nach vorne getan. Das Tempo von Ferrari war eindrucksvoll, und was wir anhand unserer GPS-Daten sahen, hat uns ebenfalls beeindruckt. Aber wo ist dieser Speed nun hingekommen? Vielleicht haben wir am Samstag nicht das komplette Bild erhalten: Sebastian waren die Hände gebunden, aufgrund der bekannten technischen Probleme. Vielleicht ist es also für ein Urteil zu früh.

Erwartest du im Rennen also ein stärkeres Ferrari?

Was uns verwirrt: Die Einsätze von Ferrari am Freitag und am Samstag waren unterschiedlich. Warum ist das so? Entweder handelt es sich um Einstellungen am Chassis oder am Motor, oder sie haben mit verschiedenen Spritmengen herumgespielt. Für uns geht das alles nicht so richtig auf. Also weiss ich gar nicht so recht, was ich im Rennen von Ferrari erwarten soll. Zunächst schien Ferrari saustark zu sein, sehr schnell in den Kurven, sehr schnell auf den Geraden. Aber dann haben wir gemerkt, dass wir noch immer eine gewisse Reserve auf sie haben. Aber so ganz sicher bin ich mir da letztlich nicht.

Nico Rosberg erhielt ins Auto gefunkt, ein spezieller Reifensatz sei der Schlimmste, der nächste sei besser. Wie um alles in der Welt konntet ihr das wissen, wo doch alle Sätze angeblich identisch sein sollen?

(Mit Augenzwinkern gesagt) Wir haben diesen Funkspruch gestoppt, bevor wir noch mehr darüber verraten haben. Nein, ich kann im Detail darauf nicht eingehen. Es gibt bei uns eine gewisse Arbeitsweise mit den Reifen, die uns dabei helfen soll, die verschiedenen Walzen und ihr Verhalten besser zu verstehen. Das ist eine ziemlich hochgestochene Analyse.

Aber das geht noch immer nicht ganz auf: Wenn ihr eine so gute Analyse habt und ihr euch sicher wart, dass der nächste Reifensatz besser sein würde, wieso hat dann Nico Rosberg sein Auto verstellen lassen? Was ihn die Pole gekostet hat.

Die Unterschiede zwischen den Reifen sind sehr gering. Es wäre kein sehr wissenschaftlicher Ansatz gewesen, die Abstimmung nur basierend auf dem Wissen um diesen einen Satz zu ändern. Wenn Rosberg besonders im ersten Sektor des letzten Laufs zu langsam war, dann liegt das auch daran, dass die Reifen in diesem ersten Sektor nicht optimal auf Temperatur waren. Das Aufwärmen hat also nicht wie gewohnt funktioniert, und hier sprechen wir von einem anderen Problem als zuvor.

Die Chance auf einen Safety-Car-Einsatz im Rennen ist in Kanada immer hoch. Vor dem Hintergrund, was in Monaco passiert ist – sind die internen Abläufe geändert worden?

Grundsätzlich nein. (Hier widerspricht Wolff seinem Technikchef Paddy Lowe. Der hatte am Freitag hier in Montreal gesagt: «Wie bei allen Fehlern, die uns unterlaufen, schauen wir uns das in Ruhe an und entscheiden dann, in welcher Form wir daraus etwas lernen können, wie wir in Zukunft in einer ähnlichen Situation handeln sollen. Zunächst einmal gab es einige Hickser in der Software, die haben wir behoben. Wir haben auch die interne Kommunikation verändert und einige Leute davon losgelöst, so dass sie mehr Kapazität haben.») Wir haben nach Monaco sehr viel Kritik einstecken müssen, einiges davon war nicht ganz gerechtfertigt. Denn einige Kritiker haben das ganze Bild nicht erfassen können.

Aber es gibt schon gewisse Dinge, die wir bei einem nächsten Mal anders machen würden. Wir haben generell ein striktes, sehr funktionelles Protokoll, was Funkverkehr angeht, überaus diszipliniert. Das ist mit einer der Gründe, warum wir in den meisten Rennen makellos arbeiten. In Monte Carlo kamen einfach ein paar Dinge zusammen, mit dem bekannten Ergebnis. Aber zum Rennsport gehört eben auch das Risiko, dass unter grossen Zeitdruck mal etwas schieflaufen kann.

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