Formel 1: Carlos Sainz zurück zu Ferrari?

Gerhard Berger redet Klartext: So krankt die Formel 1

Kolumne von Mathias Brunner
Gerhard Berger in seinem 1988er Ferrari am Red Bull Ring

Gerhard Berger in seinem 1988er Ferrari am Red Bull Ring

Als Gast der Sendung «Sport und Talk aus dem Hangar-7» von ServusTV sagt der Tiroler Gerhard Berger (56), wo es mit dem Grand-Prix-Sport im Argen liegt.

Während viele Grand-Prix-Freunde noch darüber rätseln, wie an einem ganzen GP-Wochenende die Strafen für Motorenwechsel im Hinblick auf die Startaufstellung hochgerechnet werden, da präsentierte uns der Autoverband FIA in Monza ein neues Kabarettstück – stundenlange Diskussion über Reifendrücke, am Ende eben doch keine Strafe für den unter Verdacht stehenden Lewis Hamilton, erneut haben sich die Regelmacher in den Fuss geschossen. Wundert sich da noch jemand, dass sich selbst langjährige Fans von ihrem Sport abwenden?

Gerhard Berger, in der Formel 1 210 Grands Prix alt geworden, zehnfacher Sieger, WM-Dritter 1988 und 1994 ist im Herzen geblieben, was er immer war – ein echter Racer. Und als solcher schmerzt es ihn, was da passiert.

Als Gast der Sendung «Sport und Talk aus dem Hangar-7» von ServusTV sagt der Tiroler: «Grundsätzlich muss ich einfach sagen – wir würden alle so gern einen Zweikampf, Dreikampf, Vierkampf sehen um den Sieg und nicht den ganzen Abend und auch noch am nächsten Tag über das blöde Reifenthema diskutieren müssen.»

«Der Fehler lag an der präzisen Ausführung des Reglements, an einer genauen Definition, wann wird da gemessen und unter welchen Umständen. Aber zu welchem Zeitpunkt die Reifen nun welche Drücke aufweisen und ob das reglementskonform ist, das sollte doch nicht das Hauptthema an einem Rennwochenende sein.»

«Wir haben am Sonntag in Monza ein Rennen gesehen, der Hamilton ist da vorne weggefahren, es kann keiner dagegenhalten. Wir würden halt gerne mehr Fahrer im Kampf um den Sieg erleben, das fehlt uns ein wenig.»

«Das Reglement ist sehr komplex, und es gibt Spezialisten in den Rennställen, die sind nur damit beschäftigt, Grauzonen zu finden. Wo können wir da einhängen? Wo können wir vielleicht einen Vorteil finden, und wenn es sich nur um ein Rennen handelt? Natürlich wird das Reglement später im Detail angepasst, dann lässt sich eine solche Lücke nicht mehr nutzen. Die Kritik gilt nicht Mercedes, sondern der FIA, welche das Reglement schreibt. Die Regeln müssen eben so genau verfasst werden, dass die Teams keine solchen Lücken finden.»

«Ich vermisse einfach den harten Rennsport Fahrer gegen Fahrer, wo sich wirklich in der letzten Runde, in den letzten Sekunden eines Grand Prix Sieg oder Niederlage entscheiden. Mir ist das zu wenig emotional, zu technisch, zu kompliziert vom Reglement her. Man muss heute ein Fan sein mit extremem Tiefgang, um überhaupt zu verstehen, was da abgeht. Mir, der ein Leben lang im Rennsport verbracht hat, geht das ja genauso.»

«Ich sitze dann vor dem Fernseher und muss mir wirklich alle Mühe geben zu verstehen, was die da eigentlich genau machen. Aber wir müssen an die Fans denken, die vielleicht alle vierzehn Tage mal ein Rennen angucken und schlicht nicht die Zeit haben, immer nachzulesen, was gerade wieder aktuell ist, für den ist das schwierig. Es wird dann argumentiert: es sei halt ein technischer Sport und der sei nun mal kompliziert. Schon, aber Sport ist doch Emotion, und Emotion wird nur erzeugt, wenn die Fans das verstehen und es am Schluss wirklich um einen Zweikampf Fahrer gegen Fahrer geht. Und das haben wir verloren.»

«Ich kenne persönlich die ganzen Leute, welche das Reglement schreiben, und das sind gute Leute. Aber manchmal kommt es mir schon so vor, als sähen sie vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Es wird ständig versucht, den Zweikampf zu erleichtern durch alle möglichen Massnahmen. Wir hatten den verstellbaren Heckflügel, der soll es einfacher machen zu überholen. Dann wollten sie ein modernes, zeitgemässes Reglement machen mit den ganzen Hybridsystemen. Gleichzeitig bremst man aber alles wieder ein und sagt, man dürfe den Motor nicht weiterentwickeln. Das passt für mich alles nicht mehr zusammen.»

«Letztlich geht es nicht um hochgestochene Technik. Wir haben tollen Motorsport in der MotoGP, der ist noch so, wie es sein sollte. Da kämpfen die Motorrad-Asse bis zur letzten Kurve Ellbogen an Ellbogen, und das wollen die Leute sehen. Die Fahrer meistern Maschinen, da denkst du dir beim Zuschauen – wow! Wie machen die das? Das sind wahre Künstler. Und dieses Gefühl ist in der Formel 1 verloren gegangen. Wir müssen zurück zur Denke: der Star ist der Fahrer, und die Piloten müssen am Sonntag in härtester Arbeit ihren Sieg erringen, und dann sind die Fans auch wieder begeistert.»

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