Strafpunkte: Zwangsjacke der Fahrer bitte abschaffen!

Kolumne von Mathias Brunner
Pastor Maldonado gegen Sergio Pérez: Wo gehobelt wird, fliegen Späne

Pastor Maldonado gegen Sergio Pérez: Wo gehobelt wird, fliegen Späne

​Anfangs 2014 wurde im Grand-Prix-Sport ein Strafpunktesystem eingeführt: Wer innerhalb von 12 Monaten 12 Strafpunkte kassiert, schaut einmal zu. Glücklich ist mit diesem System niemand.

Die Formel 1 ist überreglementiert, auch was die Fahrer angeht, das ist der kraftvolle und traurige Eindruck vieler Grand-Prix-Fans. Die Piloten werden von vielen Fans nicht mehr als Helden wahrgenommen, sondern als ferngesteuerte Puppen, denen von Technikern an den Kommandoständen alles vorgekaut werden muss. Die Menschen, welche das am meisten stört, sind die Betroffenen – die Fahrer selber.

Offiziell äussert sich keiner gerne gegen die FIA. Denn damit würde sich ein Fahrer auf rechtlich dünnes Eis begeben. Ein Passus im Reglement des Automobilverbands droht Strafen für Aufmüpfige an. Der entsprechende Abschnitt ist ein Gummiparagraph, der nach Belieben ausgelegt werden kann.

Aber die Piloten sind mit vielem unzufrieden, angefangen beim heutigen Strafsystem. Zur Erinnerung: Zur Saison 2014 hin führte der Autoverband FIA ein neues Strafpunktesystem ein. Maximal elf Strafpunkte darf sich ein GP-Pilot in einem Zeitraum von zwölf Monaten (also über eine Saison hinaus) leisten. Wer sich mehr zuschulden kommen lässt, der kommt gewissermassen auf die Strafbank und muss einen Grand Prix lang zuschauen.

Der letzte Fahrer, der eine solche Strafe erhielt (damals ohne Punktesystem) war Romain Grosjean – nach dem Auslösen der Startkollision von Belgien 2012. In Monza fuhr damals Lotus-Testfahrer Jérôme d’Ambrosio anstelle des Genfers.

Ich höre aber von vielen Fans: «Wir wollen keine Rennen, in welchen bei der geringsten Berührung zweier Gegner eine Strafe ausgesprochen wird. Wir wollen durchaus, dass beim Hobeln mal Späne fliegen. Und wir wollen Fahrer, die Typen sein und verbal mal auf den Putz hauen dürfen, statt in politischer Korrektheit ersäuft zu werden.»

Was wohl der grosse Ayrton Senna zu all dem gesagt hätte?

Fakt ist: Viele Ansätze mutiger Angriffe mündeten in den letzten zwei Jahren zwangsläufig in Strafen. Dabei ist ein Rad-an-Rad-Duell die Essenz des Rennsports, das sind doch die Szenen, welche die Fans am Rand ihrer Sofasessel halten sollen.

Die Mächtigen im Sport scheinen langsam die Zeichen der Zeit zu erkennen. Die Rennkommissare wurden im vergangenen Sommer angehalten, mehr Augenmass zu zeigen und auch mal fünfe gerade sein zu lassen.

Die Regelhüter der FIA sollten nicht wie pingelige Parkgebührwächter sein. Die FIA in Paris sollte nicht zur Strafpunktebank von Flensburg verkommen. Rennfahrer sollten dazu ermutigt werden, sich auf ihre Gegner zu werfen. Bestraft gehören nur Fouls mit erheblichem Gefahrenpotenzial, so wie damals von Grosjean in Belgien.

Frühere Rennfahrer sind ins Rennkommissarsystem eingebunden. Bei jedem Grand Prix wachen drei FIA-Vertreter über das Geschehen (einer des jeweiligen Landes, zwei aus dem guten Dutzend der Rennkommissare), dazu ein früherer Racer wie Nigel Mansell, Tom Kristensen oder Mark Blundell.

Von anderen hat die FIA inzwischen einen Korb erhalten. Der deutsche GP-Sieger Heinz-Harald Frentzen will bei den Formel-1-Rennen nicht mehr als Berater der Stewards antreten. «Es macht mir keinen Spass, meine Berufskollegen dauernd zu bestrafen», erklärte er angewidert.

FIA-Präsident Jean Todt, Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone und die Teamchefs sind zur Überzeugung gelangt: Genug ist genug.

Bei den Sitzungen der Strategiegruppe und der Formel-1-Kommission in Genf von Montag und Dienstag dieser Woche hat sich die Erkenntnis durchgesetzt – die Fahrer brauchen wieder eine längere Leine.

Noch unklar ist, wie das von den Rennkommissaren umgesetzt werden soll. Entsprechende Vorschläge sind in Arbeit. Einfach wird das nicht. Denn viele Fans sagen zu Recht: Es gibt zu wenig Konstanz bei den Entscheidungen der FIA-Stewards.

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