Sergio Pérez: Ferrari und McLaren auf dem Holzweg

Von Mathias Brunner
Sergio Pérez (Force India) in Monaco vor Sebastian Vettel im Ferrari

Sergio Pérez (Force India) in Monaco vor Sebastian Vettel im Ferrari

​Sergio Pérez schied aus dem Ferrari-Förderprogramm aus, als er zu McLaren-Mercedes wechselte. Nach nur einem Jahr McLaren musste der Mexikaner gehen. Haben sich die Top-Teams in Pérez getäuscht?

Lewis Hamilton ist der Sieger des Grand Prix von Monaco 2016, aber Sergio Pérez ist einer der Gewinner: Rang 3 im GP-Klassiker, auf Platz 9 der WM-Zwischenwertung vorgerückt, von den Fans zum Fahrer des Tages gewählt, die Frage ist nun – haben sich die Top-Teams in Pérez getäuscht?

Sergio Pérez hat unter schwierigen Bedingungen in Monte Carlo alles richtig gemacht. Er behielt die Nerven (was vielen anderen Piloten nicht gelang), er ging behutsam mit seinen Reifen um, er wechselte zum richtigen Zeitpunkt. Am Ende kam Sergio ausgerechnet vor einem Ferrari ins Ziel (dem Auto von Sebastian Vettel). Das hat eine gewisse Würze, denn Pérez war einst Mitglied des Ferrari-Förderprogramms.

Eine Rückblende: Vor sechs Jahren war Sergio 20 Jahre alt und galt als Senkrechtstarter. Im November 2010 fuhr er für Sauber seinen ersten Formel-1-Test und wurde von den Schweizern für 2011 unter Vertrag genommen, erneut die Telekommunikationsfirma Telmex war Steigbügelhalter. Ausserdem bekam er einen Fördervertrag bei Ferrari.

Der Beginn war schwierg: Erst beim fünften Saisonrennen in Spanien holte Pérez als Neunter seine ersten Punkte in der Formel 1. Das folgende Rennen, den Grand Prix von Monaco, musste sich Sergio Pérez von Krankenbett aus ansehen. Er war im Qualifying in Monte Carlo ausgangs des Tunnels nach einem Fahrfehler seitwärts in die Begrenzungsmauer eingeschlagen und hatte sich eine Gehirnerschütterung und eine Stauchung am Oberschenkel zugezogen. Es war ein Abziehbild von Karl Wendlingers Unfall 1994, allerdings mit weniger gravierenden Folgen.

Der Crash in Monte Carlo hatte auch in Kanada Auswirkungen. Nach dem ersten freien Training fühlte sich «Checo» so schlecht, dass das Team beschloss, ihn durch Pedro de la Rosa zu ersetzen. Zwei Rennen später, beim Grand Prix von Grossbritannien, überquerte Pérez die Ziellinie als Siebter und feierte sein bestes Saisonergebnis. Am Ende seines Debütjahres in der Formel 1 war er als 16. der Fahrerwertung gelistet, musste sich seinem Teamkollegen Kamui Kobayashi aber mit 14 zu 30 Punkten geschlagen geben.

2012 blieb Sergio Pérez bei Sauber und sammelte beim zweiten Rennen der Saison in Malaysia seine ersten Führungsrunden. Bei wechselnden Wetterbedingungen jagte er den führenden Fernando Alonso und war drauf und dran, den Grand Prix sensationell zu gewinnen. Nach einem Fahrfehler kurz vor Schluss kam er jedoch 2,2 Sekunden hinter dem Ferrari als Zweiter ins Ziel und stand zum ersten Mal in der Formel 1 auf dem Podium. Im Laufe der Saison folgten noch zwei weitere Podestplatzierungen: In Kanada als Dritter und in Italien als Zweiter. In Monza festigte Pérez seinen Ruf als Reifenflüsterer: Nur wenige Fahrer im Feld konnten so behutsam mit ihren Walzen umgehen. Am Ende des Jahres war Pérez WM-Zehnter und hatte sich mit 66 zu 60 Punkten gegen seinen Teamkollegen Kamui Kobayashi durchgesetzt.

2013 sollte Sergio Pérez der grosse Durchbruch gelingen, doch es kam anders. Sein Wechsel ins Top-Team McLaren, wo er Lewis Hamilton ersetzte, verlief ganz und gar nicht nach Wunsch. Für diesen Wechsel wurde die Zusammenarbeit mit Ferrari beendet. Dass dies auch anders geht, zeigen Mercedes und Renault. Mercedes-Zögling Esteban Ocon ist zur Ausbildung an Renault ausgeliehen. Aber die Rivalität zwischen Ferrari und McLaren ist zu gross für so eine Lösung.

Beim ersten Rennen für sein neues Team kam er als Elfter ins Ziel. Nach Platz 9 und der schnellsten Rennrunde in Malaysia kam es in Bahrain zur ersten Auseinandersetzung mit seinem Teamkollegen Jenson Button. Im Kampf um Platz 6, den Pérez schliesslich gewann, berührten sich die Autos der beiden Teamkollegen einige Male, und Button meinte nachher, Pérez Fahrstil sei für die Formel 1 viel zu gefährlich.

Weiteren Krach bekam der Mexikaner in Monaco, wo er am Tunnelausgang erst seinen Teamkollegen Jenson Button und auch Ferrari-Pilot Fernando Alonso abdrängte, bevor er mit Kimi Räikkönen kollidierte und ausfiel. Der Finne hätte Pérez am liebsten «eine reingehauen», wie Kimi nachher meinte. Sein bestes Ergebnis erreichte er in Indien mit Platz 5 und beendete auch die letzten drei Saisonrennen in den Punkterängen. Für McLaren hatte Pérez seinen Fördervertrag bei Ferrari sausen lassen, nun stand er als WM-Elfter vor den Trümmern seiner Karriere.

Am 13. November 2013 bestätigte Sergio Pérez, dass er McLaren zum Jahresende verlassen würde, obwohl sein Engagement in Woking ursprünglich mehrere Jahre hätte dauern sollen. McLaren hatte sich für Kevin Magnussen entschieden, Pérez heuerte im Dezember für bei Force India als Teamkollege von Nico Hülkenberg an. Es galt, die Karriere neu aufzubauen.

Das gelingt Pérez ziemlich gut: In jedem seiner Force-India-Jahre stand er einmal auf dem Siegerpodest – 2014 in Bahrain, 2015 in Russland, 2016 in Monaco, jedes Mal als Dritter. Er hat sich in jedem Jahr gesteigert. WM-Elfter 2014, dann Zehnter, dann Neunter, derzeit ebenfalls Neunter.

Sergio Pérez sagt mit leichter Bitterkeit: «Ich hatte es bei McLaren nicht leicht, leider erinnern sich viele nur an diese Episode. Keiner denkt an meine Rennen bei Sauber oder nun bei Force India. Ich hoffe, meine Leistungen sind ein Signal an die besten Teams. Mehr als durch gute Einsätze überzeugen kann ich nicht. Ich glaube, ich habe mich als Rennfahrer beträchtlich weiterentwickelt. Wenn erneut eine Anfrage eines Spitzenrennstalls kommt, dann bin ich bereit. Bis dahin mach ich einfach meinen Job.»

Die Fahrer des Tages 2016

Australien: Romain Grosjean
Bahrain: Romain Grosjean
China: Daniil Kvyat
Russland: Kevin Magnussen
Spanien: Max Verstappen
Monaco: Sergio Pérez

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