Enrico Janoschka: Ehrlich, realistisch und bescheiden

Von Rudi Hagen
Enrico Janoschka hört auf

Enrico Janoschka hört auf

20 Jahre fuhr Enrico Janoschka in der Internationalen Lizenzklasse und gehörte zur Spitze der deutschen Langbahnfahrer. Der 41-Jährige hat seine Karriere jetzt für beendet erklärt.

An das genaue Geschehen seines Sturzes beim Grasbahnrennen in Melsungen erinnert sich Enrico Janoschka nicht mehr, nur die Runde davor ist ihm noch im Gedächtnis. Aufgrund der drei gebrochenen Halswirbel musste der Sarmstorfer anschließend zwölf Wochen lang eine Halskrause tragen. Nach einer MRT in der vergangenen Woche konnte er diese nun ablegen. SPEEDWEEK.com interviewte Enrico Janoschka vor seinem offiziellen Abschied vom aktiven Bahnsport, der im Rahmen der NBM-Tagung am 19. November in Mulmshorn stattfinden wird.

Teil 2:

Ricky, die Halskrause ist ab. Jetzt geht es aufwärts, oder?

Bestimmt. Seit letzter Woche brauche ich das Ding nicht mehr. Schmerzen habe ich damit kaum gehabt, aber ich musste acht Wochen eine Halskrause tragen, die keine Bewegung zuließ, dann bekam ich eine bequemere. Jetzt hat der Arzt meinen Hals hin und her gedreht und gesagt, alles wäre wieder in Ordnung.

Blicken wir zurück. Erinnerst du dich noch an deinen Einstieg in die damalige A-Lizenz?

Das war 1996. Also ich war da nicht so erfolgreich. Ich hatte kein Geld und war von Hause aus so erzogen, dass immer gespart und nicht groß was gekauft wird, ohne schon was geleistet zu haben. Dann habe ich Egon Müller kennengelernt. In Mühldorf sind wir da noch gegeneinander gefahren, aber ich habe groß kein Land gesehen. Am Ende habe ich ihn angesprochen, ob ich mal einen Motor von ihm haben könnte. So ging das dann los mit Egon und mir. Das hat dann über die Jahre gehalten. Auch heute noch telefonieren wir alle zwei, drei Wochen und freuen uns auch, wenn wir uns sehen.

Wie lief es weiter mit deiner Karriere?

Ich wurde erfolgreicher und war dann auch das erste Mal Teilnehmer am Langbahn-Grand-Prix. Ich war einmal Vierter bei der Einzel-WM, zweimal Dritter bei der EM und dreimal Team-Weltmeister. Insgesamt war das eine Jahr mal gut, das andere Jahr mal schlechter, aber ich habe immer versucht, mich durchzukämpfen, auch wenn ich mal nicht so erfolgreich war. Es musste ja immer irgendwie weitergehen.

In Teterow bist du aber ein Held, nicht wahr?

Held will ich nicht sagen, aber es hat mir immer Spaß gemacht da zu fahren. Doch es ist auch eine sehr gefährliche Bahn. Mir ist zum Glück dort nie etwas passiert im Gegensatz zu anderen. Aber hier bei uns zuhause waren eigentlich immer alle fokussiert auf das Bergringrennen in Teterow. Wie oft ich da gewonnen habe, das kann ich gar nicht mehr nachvollziehen.

Du hast mal über Teterow gesagt, dort hättest du deinen schönsten Sieg errungen? Wie war das gemeint?

Ich glaube, das war 2006. Ich konnte da vorher einige Jahre nicht mitfahren, weil ich zu Pfingsten immer zu einer FIM-Quali wie der in St. Macaire in Frankreich musste. Es war schön, nach sechs Jahren Abwesenheit endlich nach Teterow zurückzukehren und beide Hauptrennen zu gewinnen. Vor allem war es für mich dann auch eine Genugtuung, den Leuten hier bei mir zuhause in Mecklenburg-Vorpommern zu beweisen, dass ich es irgendwie doch kann. Denn da ich in Teterow so lange nicht dabei war, blieb für mich nur Parchim, um mich den Fans in meiner näheren Umgebung zu zeigen. Aber Parchim ist eine Sandbahn und auf der kam ich nie so gut klar.

Du bist geborener Güstrower mit der Speedwaybahn vor der Haustür. Der ganz große Speedway-König warst du aber nicht.

Och, ich fand, ich war gut, keine Frage. Ich habe wie alle mit Speedway angefangen, aber so viele Speedwayrennen gab es nicht und da habe ich es mal auf der Langbahn probiert. Das hat mir viel besser gefallen. Aber ich hatte aus England im Speedway Angebote, dort in der Liga zu fahren. Aber das kam für mich nie in Frage, dieser ganze Stress mit dem Hin und Her. Das habe ich sofort abgeblockt und es auch nie ausprobiert.

Die Arbeit war dir neben dem Sport immer wichtig.

Ja, meine Frau Jenny habe ich 2005 bei einem Rennen kennengelernt. Nachdem unser erstes Kind zur Welt kam, haben wir uns ein Haus in Sarmstorf gekauft. Ich habe mich dann später selbstständig gemacht und nicht nur acht Stunden, sondern auch zehn oder zwölf Stunden täglich gearbeitet. Und dann bin ich noch jeden Abend in die Werkstatt gegangen um die Motorräder für die Rennen vorzubereiten. Die letzten Jahre bin ich aber immer weniger Rennen gefahren. An einem Wochenende bin ich gefahren, dann habe ich die Woche über gearbeitet und habe am nächsten Wochenende in der Werkstatt mein Material vorbereitet für das kommende Wochenende, wo ich dann wieder fahren konnte. Mir hat dabei aber auch noch jemand geholfen, denn das hätte ich sonst mit der Arbeit gar nicht mehr alleine geschafft.

Bist du, abgesehen von Melsungen, von schweren Verletzungen verschont geblieben?

In Nordhastedt habe ich mir Mitte der 1990er Jahre beim Speedway beide Beine gebrochen, das war schon sehr schlimm und ist mir sehr in Erinnerung geblieben. Ich war damals total hilflos selbst bei den einfachsten täglichen Dingen.

Wie charakterisierst du dich?

Ich denke, ich bin ehrlich und vor allen Dingen realistisch. Ich habe nie große Töne gespuckt und war immer eher bescheiden.

Hast du im Laufe der Jahre auch Kameraden unter den anderen Fahrern gefunden?

Kameraden will ich nicht sagen, aber mit Matten Kröger und mit Stephan Katt habe ich mich immer gut verstanden.

Gab es auf der Bahn auch solche, die du als «rotes Tuch» bezeichnen würdest?

Nein, das nicht. Wir sind nun mal auf der Bahn alle im Rennsport unterwegs. Und wenn du da mit Höchstgeschwindigkeit herumbretterst, passieren immer mal Fehler, mir auch.

Du kamst eigentlich in jeder Saison erst nach einigen Rennen in Schwung. Woran lag das?

Wegen der Arbeit und dem damit verbundenen Stress konnte ich mich nie so richtig auf die Saison vorbereiten, wie andere das vielleicht machen. Fitness oder so etwas habe ich nie gemacht, weil ich einfach keine Zeit dazu hatte. Ich habe mich zu Saisonbeginn auf das Motorrad draufgesetzt und bin losgefahren. Die Rennen im Frühjahr wie Parchim, Lübbenau und Schwarme waren für mich irgendwie ein Training für die wichtigen Rennen, die dann kamen.

Am 19. November sollst du in Mulmshorn im Rahmen der NBM-Tagung geehrt werden. Gibt es da ein paar Tränen bei dir?

Ich denke nicht, denn innerlich wusste ich schon lange, dass ich in naher Zukunft aufhören werde. Daher tut es dann auch nicht so weh, wenn es soweit ist.

Wir wünschen dir und deiner Familie alles Gute für die Zukunft. Wird man dich zukünftig bei einigen Rennen auch mal als Zuschauer antreffen?

Bei mir in der Umgebung auf jeden Fall.

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