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IRRC: Verändert der Tod von Joey den Besten etwas?

Von Günther Wiesinger
Max Geenen, der Teamchef des verunglückten Joey den Besten, sieht nach den Ereignissen von Imatra bei der IRRC-Organisation akuten Handlungsbedarf. Aber bisher ist keine Bereitschaft zu erkennen. Es herrscht Schweigen.

Nach dem tödlichen Unfall des beliebten 30-jährigen Niederländers Joey den Besten beim IRRC-Event auf dem 4,9 km langen Strassenkurs von Imatra/Finnland würden viele Road Race-Fans und offenbar auch Fahrer, die sich für unverwundbar halten, am liebsten zur Tagesordnung übergehen und die grotesken Begebenheiten, die zu diesem verheerenden Unfall in der Einführungsrunde beitrugen, am liebsten verschweigen und als unliebsamen Betriebsunfall der Szene ad acta legen.

Wer die grotesken Zustände anprangert, gilt in der Szene offenbar sofort als Nestbeschmutzer. Die unliebsamen Berichterstatter werden als lästige Störenfriede betrachtet, Kritik scheint in diesem Gefilde unerwünscht zu sein.

Aber wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.

Der SPEEDWEEK.com-Reporter hat in den 1970er- und 1980er-Jahren genügend Grand Prix mit Todesopfern erlebt, in Opatija 1977 starben sogar drei GP-Piloten an einem Tag. Ohne die mutigen Reaktionen von Barry Sheene und seiner Kollegen würden vielleicht heute noch in manchen Ländern keine permanenten GP-Rennstrecken und keine professionelle Rennleitung existieren. 

Die IRRC wirkt aus der Zeit gefallen, aber sie hat unzählige Anhänger und gewiss ihre Berechtigung. Aber ihr aktuelles Geschäftsmodell muss dringend auf den Prüfstand gestellt werden. 

Aber der Deutsche Max Geenen (26), als Besitzer der Firma Motorradtechnik Geenen GmbH auch Sponsor und bester Freund des toten 1000-ccm-Kawasaki-Superbike-Piloten, will die Szene wachrütteln, um zu vermeiden, dass bei nächstbester Gelegenheit wieder so bizarre Vorkommnisse passieren wie am Sonntag in Finnland. Denn seiner Meinung nach sei das zweite Superbike-Rennen angesichts des angekündigten Wolkenbruchs zu lange verschoben worden, in der Einführungsrunde standen tiefe Pfützen.

Joey den Besten starb dann wegen Aquaplanings beim Aufprall gegen einen nur alibimäßig geschützten Lichtmast mit ca. 180 km/h. Der Rennarzt traf zwei Minuten nach dem dramatischen Unglück an der Unfallstelle ein und konnte nur noch den Tod des Kawasaki-Piloten feststellen.

Der tief betroffene Max Geenen schilderte die unbeschreiblichen Zustände beim finnischen Event der International Road Racing Championship (IRRC) auf der ehemaligen GP-Strecke, die nur ca. 4 km von der russischen Grenze entfernt liegt, nach seiner Rückkehr nach Kempen (Niederrhein), weil er das Verhalten der Organisation und der IRRC-Verantwortlichen für beschämend hält und die Situation für künftige Veranstaltungen verbessern will, damit der Tod seines Freundes zumindest nicht als völlig überflüssig und sinnlos in Erinnerung bleibt.

Denn schon vor vier Jahren wurde die Traditionsveranstaltung in Finnland von einem tragischen Unglück überschattet, als der Schweizer Mathias Gnägi tödlich verunglückte. Am Tag genau 23 Jahre nach seinem berühmten Namensvetter Joey Dunlop, der bei einem Rennen in Tallinn (Estland) sein Leben lassen musste, starb nun auch Joey den Besten, der wegen seiner Bewunderung für den dreifachen Weltmeister Loris Capirossi mit der Startnummer 65 antrat.

Joey den Besten war seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der IRRC-Gemeinde. 2014 und 2017 gewann er die Gesamtwertung der Supersport-Klasse, 2015 und 2016 beendete er diese Kategorie hinter dem Tschechen Marek Červený an zweiter Stelle. Danach wechselte er in die Superbike-Klasse, die er 2021 an der dritten Stelle abschloss.

Weitere Fakten: Die IRRC besteht seit einigen Jahren aus fünf Veranstaltungen, bei der pro Klasse zwei Rennen gefahren werden. Wegen des 100-Jahr-Jubiläums in Schleiz gibt es diese Saison zwei zusätzliche Rennen, also insgesamt zwölf.

Bis jetzt sind Hengelo (NL), Schleiz und Imatra (Finnland) gefahren worden. Nach der Halbzeit der Meisterschaft folgt Ende Juli noch Chimay (Belgien), danach Horice (Tschechien) und Frohburg. In Horice hat Joey 2023 bereits am Rennen «300 Kurven von Horice» teilgenommen. 

In der IRRC sind Deutsche, Niederländer und Belgier für die Abwicklung der sechs Veranstaltungen im Jahr zuständig. Eine gesamtverantwortliche Organisation wie in der MotoGP, Superbike-WM oder IDM existiert nicht.

Und es wird zwar mit FIM-Lizenzen gefahren, aber um eine offizielle FIM-Meisterschaft handelt es sich nicht.

Die IRRC-Funktionäre fühlen sich offenbar für die Abwicklung der Rennen nicht zuständig, sie überlassen das dem sportlichen Ausrichter oder Streckenbetreiber. «Das ist halt fatal für die Serie, denn keiner fühlt sich verantwortlich», ärgert sich Geenen. «Wenn man ein Anliegen hat, wird man von Pontius zu Pilatus geschickt, also von einem zum andern.»

Der GP-Zirkus hat sich 1982 aus Imatra verabschiedet, weil dort der schottische Seitenwagen-Star Jock Taylor tödlich verunglückt war und die 500-ccm-Piloten längst auf eine permanente Rundstrecke pochten. Die heutige Piste ist vom Streckenverkauf her weitgehend mit der ehemalige GP-Piste identisch.

Der ewig gestrige Schweizer FIM-Funktionär Soldati hatte wenig Verständnis für die Wünsche der Stars nach mehr Sicherheit. «Je mehr Bäume eine GP-Piste säumen, desto vorsichtiger gehen die Piloten ans Werk», faselte der umstrittene Eidgenosse, dem die Gesundheit der Akteure kein Anliegen war – wie so manchem seiner FIM-Kollegen damals.

Für die gesamte IRRC-Rennserie wurden vor ein paar Jahren ein Nenngeld von 1200 Euro pro Fahrer eingezogen. Inzwischen werden 1650 Euro verlangt, weil mit Schleiz ein weiteres Event dazu kam. Geenen: «Im Endeffekt ist die Startgebühr sehr gering. Ich will nicht behaupten, sie ist zu gering. Aber es wäre sinnvoller, wenn man etwas mehr kassieren würde und dafür die Gefahrenstellen besser absichern würde. In Horice gibt es eine Kurve, da steht sozusagen ein Haus in der Auslaufzone. Wir haben darüber gesprochen, dass es besser wäre, dort Airfences hinzustellen; dann wäre die Strecke viel sicherer.»

«Natürlich kann man einen Straßenkurs nicht 100-prozentig ‘safe’ machen», ist sich der Teamchef bewusst. «Aber mir ist es wichtig, dass man so viele Sicherheitsvorkehrungen wir möglich trifft. Für kein Team in der IRRC wäre es schlimm, wenn es dafür 500 Euro mehr im Jahr zahlen müsste, aber die Piloten dafür in einigen kritischen Kurven mehr Sicherheit erhalten würden. Es gibt bekannte neuralgische Stellen, die entschärft werden müssten. Das war wichtig und wird auch für die Zukunft von Bedeutung sein.»

Stand in der IRRC-Superbike-Serie (nach 3 von 6 Events)

1. Lukas Maurer, (CH), Kawasaki, 140 Punkte
2. Patrick Hoff (D), BMW, 92
3. Didier Grams (D), BMW, 87
4. Joey den Besten (NL), Kawasaki, 64
5. Nico Müller (D), BMW, 58
6. Markus Karlsson (S), BMW, 57
7. Vincent Lombois (B), Yamaha, 53
8. Luca Gottardi (I), BMW, 52
9. Johannes Schwimmbeck (D), BMW, 45
10. Laurent Hoffmann (B), 44


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