KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Sirg Schützbach: «Weshalb sollte ich mir das antun?»

Von Günther Wiesinger
Nach Daniel Bacher Anfang April feiert heute mit Sirg Schützbach der zweite Weltklasse-Langbahnfahrer aus Baindt bei Ravensburg seinen 40. Geburtstag. SPEEDWEEK.com bat ihn zum Interview.

Von den 1970er-Jahren bis Anfang 2000 war Oberschwaben eine Goldgrube an sehr guten Bahnfahrern. Die kleine Ortschaft Baindt bei Ravensburg brachte mit Sirg Schützbach und den drei Bacher-Brüdern Ronald, Hermann und Daniel gleich vier starke Sportler hervor.

Hermann Bacher senior vom MSC Langnau war Mitte der 1980er-Jahre der Hauptinitiator der Schülerklassen in Süddeutschland, als Erster dieser jungen Fahrer stieg 1999 Sirg Schützbach nach seinem Bahnpokalsieg in Werlte in die I-Lizenz auf. Daniel Bacher folgte ein Jahr später; sie besuchten gemeinsam die Grundschule in Baindt und kennen sich ihr ganzes Leben.

In seinem vierten Jahr in der internationalen Klasse wurde Schützbach 2002 in Berghaupten mit 22 Jahren überraschend und mit Maximum Grasbahn-Europameister. 2007 gewann er den Grand Prix in Pfarrkirchen und wurde ein Jahr später auf der gleichen Bahn Deutscher Langbahn-Meister vor Gerd Riss und Bernd Diener. Ein zweites Mal schaffte er es 2009 in Herxheim als Zweiter im GP aufs Podest.

Von 2002 bis 2008 fuhr Schützbach im Langbahn-GP, seine beste WM-Platzierung eroberte er 2007 als Gesamtachter. Damals führte nach zwei von drei Grands Prix Stephan Katt die Weltmeisterschaft mit 36 Zählern vor den punktgleichen Schützbach und Riss (je 33) an. Schützbach vergeigte das letzte Rennen in Marmande, Riss wurde Champion und Katt Vierter.

Besonders lange und sehr schnelle Sand- und Grasbahnen mit weiten Kurven liebte Schützbach, heute feiert der Schussentäler seinen 40. Geburtstag.

Sirg, was machst du seit deinem Rücktritt Ende der Saison 2011?

Ich habe die KTM-Niederlassung von meinem Onkel in Baindt übernommen. Seither hat sich viel verändert, weil sich der Markt hin zur Elektromobilität gewandelt hat. Das wird immer mehr.

Hat dich die Coronakrise betroffen?

Am Anfang ja. Aber dadurch, dass die Werkstatt aufhaben durfte, konnte ich zumindest die laufenden Kosten durch Reparaturen decken. Als dann die Läden wieder öffnen durften, wurden wir überrannt. Die Menschen durften sechs Wochen kein Geld ausgeben und mussten dann alles auf einmal ausgeben.

In Verbindung mit dem guten Wetter war Corona für die Fahrradbranche sogar förderlich?

Aus heutiger Sicht ja. Wir werden aber die nächsten zwei oder drei Jahre merken, dass viele Leute einen vorgezogenen Kauf getätigt haben. Hintergrund war, dass die Menschen keinen Urlaub machen konnten, also kauften sie jetzt ein Fahrrad. Deshalb glaube ich, dass die nächsten Jahre ein bisschen rückläufig werden.

Es wird über die Jahre betrachtet also nicht so sein, dass mehr Fahrräder verkauft werden?

Nein.

Stimmt es, dass deine Frau Patricia gerne als Zuschauer auf mehr Rennen gehen würde und du die Bremse bist?

Hmm. Wenn ich Zeit habe und es ist etwas in der Nähe, dann fahre ich auch hin.

Nur hast du selten Zeit und es gibt auch keine Rennen in der Nähe?

Richtig. Und weit fahren will ich nicht mehr. Das liegt aber auch daran, dass ich mich bei vielen Veranstaltungen frage, weshalb ich mir das noch antun soll. Bei acht von zehn Veranstaltungen wird mir als Zuschauer ja nichts geboten. Dafür sitze ich nicht acht Stunden ins Auto, vier hin und vier zurück.

Gibt es auch positive Ausreißer, für die du das auf dich nimmst?

Offene Rennen – nein. Das muss dann schon ein Prädikat sein wie der GP-Challenge in Landshut, DM in Berghaupten oder ein GP in Herxheim.

Bei vielen Rennen dümpelt alles vor sich hin.

Ich war ein paar Mal beim Traktor-Pulling, da ist den ganzen Tag Action und Show. Dafür bezahle ich Eintritt. Und nicht, um dem Bahndienst zuzugucken.

Aber Bahndienst ist notwendig.

Ja, aber man kann Bahndienst so und so machen. Klar braucht man Bahndienst. Dann muss mir in dieser Zeit aber irgendetwas geboten werden. Es kann nicht sein, dass ich dasitze und aufs Handy schaue, weil mir langweilig ist. Es braucht zügige Veranstaltungen und in den Pausen muss etwas geboten werden, wie zum Beispiel Videointerviews. Vechta hat das früher immer gemacht, da saß der Zuschauer auf dem Hang und es lief immer etwas, wo ich gerne zuhöre oder zuschaue. Unterm Rennen Pausen mit einer halben Stunde dürfen nicht sein.

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