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Jürgen Lingg: «Bei Sandro dauert es länger»

Von Günther Wiesinger
Dynavolt-Intact-Cheftechniker Jürgen Lingg redet Klartext. Sandro Cortese müsse sich in den ersten Rennrunden mehr überwinden, lautet seine Forderung.

Beim deutschen Dynavolt Intact GP Team werden momentan die Weichen für eine erfolgreiche Moto2-Saison 2014 gestellt. «Wir wollen gute Einzelergebnisse einfahren», sagt Technik-Direktor Jürgen Lingg. «Das hatte ich mir eigentlich auch schon für 2013 ausgerechnet... Aber es war leider genau so schwer, wie wir in den schlimmsten Träumen vermutet haben. Vielleicht sogar noch schwerer. Ich habe eigentlich schon gedacht, dass wir bereits 2013 gute Einzelergebnisse einfahren können. Die sind auch in den Trainings gekommen. Aber Sandro hat sie einfach in den Rennen nicht abrufen können. Sein Speed ist nicht schlecht, der war eigentlich ganz gut, auch im Training. Sandro kann immer zwei, drei schnelle Runden fahren. Aber was ich nicht so brutal eingeschätzt habe, waren die Rennen, speziell die ersten paar Runden. Da kommt er halt überhaupt nicht mit. Das ist der Bereich, an dem wir arbeiten müssen und in dem wir 2013 eigentlich viele gute Ergebnisse verloren haben. Weil Sandro in dieser Phase einfach zu vorsichtig ist.»

«Unsere Situation ist auch besser als sie sich in der Tabelle widerspiegelt», fasst Lingg zusammen. «Denn nach der Sommerpause ist Sandro gestärkt nach Brünn gekommen. Vorher hat man gemerkt, wie lang die Saison bis dahin schon war, weil wir im Winter dauernd beim Testen waren. Und natürlich war nach der Saison 2012 durch den Titelgewinn das Medieninteresse sehr gross, Sandro hat viele Veranstaltungen abarbeiten müssen. Das war eine extreme Belastung. Ich habe jetzt zuletzt auch beim Almeria-Test im November gemerkt, dass Sandro ziemlich ausgebrannt war. Jetzt hat er sich erholen können. Deshalb hoffe ich, dass er im Frühjahr einen Schub macht.»

Lingg: «Die ersten Runden sind zu kontrolliert»

«Aber Sandro muss sich in den ersten Rennrunden klar steigern. Das ist zu kontrolliert, was er da macht. Das geht in dieser Klasse nicht», weiss Lingg. «In Brünn sah es nach dem fünften Startplatz sehr gut aus, aber der Handbruch hat uns zurückgeworfen. Für Australien haben wir uns nach der siebtbesten Trainingszeit auch einiges ausgerechnet. Aber dort hat uns im Rennen die Elektronik einen Streich gespielt. In Motegi dann wieder, dort war es der Schaltautomat.»

Beim Valencia-GP schaffte Cortese nach Startplatz 14 im Rennen nur den punktelosen 16. Rang. Hinter ihm trafen Morbidelli, Schrötter, Rea, Pons, Krummenacher und Cardús ein.

Cortese erklärte nachher, er müsse das Fahren mit gebrauchten Reifen noch vermehrt üben. Lingg: «Ich kenne den Sandro schon eine Weile. Deshalb habe ich mir von Valencia gar nichts erwartet, muss ich ganz ehrlich sagen. Dass an diesem Ergebnis irgendetwas schuld sein musste, ist klar...»

«Wir haben auf jeden Fall noch eine Menge Arbeit vor uns», ist sich Lingg bewusst. «Es geht halt nicht mit Gewalt. Und bei Sandro hat es immer schon ein bisschen länger gedauert. Aber das heisst ja noch lange nicht, dass er es nicht kann.»

Cortese gelang mit Rang 10 beim Aragón-GP sein einziges Top-Ten-Ergebnis. Doch es wurde durch ein grimmiges Manöver gegen Alex De Angelis in der letzten Runde ermöglicht, das dem Deutschen einen Strafpunkt einbrachte. «Es war eine harte Aktion. Ich habe sie mir nachher in der Aufzeichnung angeschaut... Ich will nicht sagen, er hat sich dort korrekt verhalten, auch mit seiner Aussage. Aber den Sandro hat halt genervt, dass er mit De Angelis rumfahren musste», vermutet Lingg. «Das war taktisch. Er ist halt ein Rennfahrer.»

Lingg meint, Sandro Cortese müsse lernen, sich in den ersten Rennrunden mehr zu überwinden. «Dass er schneller fahren kann, zeigt er ja in den Trainings. Dann geht er raus und fährt eine schnelle Runde. Er kann also den Schalter schon umlegen und sich sagen: So jetzt zählt es», ist sich Lingg bewusst. «Ich habe auch Sandros Vergangenheit analysiert. 2010 hat er seine ersten Pole-Positions in der 125er-Klasse erzielt und Wahnsinns-Erste-Runden hingelegt. Er ist dann zweimal oder öfter nach der Trainingsbestzeit in der ersten Runde gestürzt. Ich habe ihm dann 2011 eingetrichtert: Das Rennen ist lang; das gewinnst du nicht in der ersten Runde. Das ist auf fruchtbaren Boden gefallen. Das hat er sich sehr zu Herzen genommen. Sandro hat 2011 seine ersten zwei GP-Siege feiert. Und in der Moto3-WM 2012 war dieses Verhalten sehr gut, weil er dort die nötigen Reserven gehabt hat. Aber diese Fahrweise muss er jetzt wieder ablegen. Wir haben ihm das also beigebracht. Aber das ist etwas, was wir ihm wieder abgewöhnen müssen! Und das geht nicht von heute auf morgen. und es geht nicht mit Gewalt. Sandro bemüht sich unheimlich. Es ist für ihn auch irgendwo frustrierend. Das merkt man. Er will... Wir sind natürlich alle vom Erfolg verwöhnt, deshalb ist es für uns hart. Aber wir müssen mehr Gelduld haben. Vielleicht mehr, als wir gedacht haben. Hoffentlich geht uns da der Atem nicht aus.»

Sandro Cortese hat sich vorgenommen, dorthin zurückzukehren, wo er schon gewesen ist – auf das Siegerpodest.

Davon will Jürgen Lingg nicht sprechen. Nicht nach den kümmerlichen 19 Punkten aus 17 Rennen in der Saison 2013. «Die Top-Ten müssen sein, ganz klar», lautet die Devise des Intact-Teamteilhabers.

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