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Moto2-WM: Ein Friedhof voller Talente

Kolumne von Michael Scott
Tom Lüthi: Er fährt seit 2010 in der Moto2, vorher schon drei Jahre in der 250er-WM

Tom Lüthi: Er fährt seit 2010 in der Moto2, vorher schon drei Jahre in der 250er-WM

Die Moto2 ist technsich anspruchslos. Wer dort als Fahrer zu lange herumlungert, verkümmert und kommt nie mehr in die MotoGP-Klasse.

Wofür gibt es den MotoGP-Sport? Die Antwort, beziehungsweise die Antworten, sind sehr unterschiedlich – abhängig davon, wen man fragt.

Für die Fahrer ist es ein Ego-Trip, den sie sich durch persönliches Können holen, und ein Adrenalin-Kick, der durch die Risiken entsteht, welche die Fahrer eingehen, wenn sie zusammen mit anderen gefährlichen Freaks komplett am Limit fahren.

Für die Fans steht der Motorsport für unterschiedliche indirekte Freuden: Sie bewundern das Talent der Fahrer, die technische Leistungsfähigkeit und (seien wir ehrlich) ein gewisses makabres Verlangen nach Stürzen. Für die Dorna geht es nur darum, Geschäft zu machen, Profit daraus zu schlagen und den Kapitalwert zu erhöhen. Die Bilanz ist dabei viel wichtiger als der Stand in der Fahrer-Weltmeisterschaft.

Für mich sollte es darum gehen, dass man Fortschritte in der Technik macht. Ein Versuchsgelände, auf dem mechanischer Ideenreichtum entsteht und schlussendlich vervollkommnet wird.

Dieses Verlangen wurde in den letzten zehn Jahren durch Kürzungen im Budget von Seiten der Dorna schrittweise vereitelt.

Und für die Moto2-Fahrer? Das ist schwierig. Seit dem Beginn dieser Klasse im Jahr 2010 habe ich den Ersatz der charmanten 250er mit wachsender Verzweiflung beobachtet. Die fetten Maschinen mit ihren massigen Honda-CBR600RR-Motoren machen nicht nur ein grässliches kreischendes Geräusch und sind mit breiten Serien-Getrieben ausgestattet, sondern sie belasten auch die Fahrer.

Ich bin heftig kritisiert worden, weil ich die Moto2-Klasse als «Friedhof voller Talente» bezeichnet habe, aber ich bleibe dabei. Das liegt an der hohen Anzahl an ehemaligen Weltmeistern, die irgendwo im Mittelfeld herumfahren. Hier ein paar Namen von 125 ccm/Moto3-Champions, denen es heutzutage so geht: Cortese, Lüthi, Simón, Alex Marquez Junior und Sam Lowes, der Supersport-Weltmeister war. Nur Lowes und manchmal Lüthi schaffen es, um vordere Plätze zu kämpfen. Und der aktuelle Moto3-WM-Leader Danny Kent musste nach der Saison 2013 in die kleinste Klasse zurückkehren, um sein offensichtliches Talent unter Beweis stellen zu können.

Übergewichtig, übermüdet und unterpowert; so werden den Moto2-Fahrern durch die Technik die Flügel gestutzt, da sie – beispielsweise – keine Chance haben, gleichstarke Motorräder auf der Geraden zu überholen. Das ist eine Waffe, die gute Fahrer nützen können sollten, aber diese Möglichkeit wird ihnen verwehrt. Und in den Boxen sollten die Rennmechaniker in der Verfassung sein, den Fahrern die Motoren und die Elektronik zu präparieren und die ideale Kombination des Getriebes zu finden. Das gibt es ebenfalls nicht.

Ich will damit nicht das Können jener untergraben, die trotzdem regelmässig Erfolge feiern. Johann Zarcos massiver Vorsprung in der WM wurde nicht durch Glück erreicht. Aber was ist mit den anderen?

Auch ist die Moto2 keine ernstzunehmende Vorbereitung auf die MotoGP, in der Elektronik- und Getriebeveränderungen (gerade) noch möglich sind. Moto2-Fahrer sind in die Königsklasse aufgestiegen, wie zum Beispiel Marc Márquez, Bradl und Smith, die alle dasselbe Lied singen: Es ist nicht die zusätzliche Power, wegen der man am meisten lernt. Sondern es sind die zusätzlichen Möglichkeiten, die ein ordentliches Grand-Prix-Motorrad bietet.

Nehmt all das zusammen und schaut auch den Fall Jack Miller an, der erste Pilot in der modernen Zeit, der nicht in die Moto2-Lehre gegangen ist, indem er direkt von der Moto3 in die Königsklasse aufgestiegen ist. Sein einziger Vorgänger war übrigens auch ein Australier: Der gefürchtete «King of Slide» Garry McCoy, der drei 500-ccm-GP-Siege im privaten Red Bull-Yamaha-Team geholt hat. Ein gutes Omen, falls es jemals eines gegeben hat.

Schaut euch also mal Millers engen Freund Maverick Vinales an. Er ist ein Jahr lang in der Moto2 gefahren, hat vier Rennen gewonnen und die Mittelgewichtsklasse danach so schnell er konnte verlassen, um mit Suzuki in der MotoGP zu fahren. Er hat das vorbildlich gemacht und dann rasch die MotoGP-Möglichkeit bekommen.

Wenn man zu lange in der Moto2 herumlungert, kann es sein, dass man dort verkümmert und im Dreck stecken bleibt.

Wir wissen, dass die 250er-Klasse ?vom Aussterben bedroht war, weil die Zweitakter eine gefährdete Spezies waren, Aprilia eine jahrelange Vormachtstellung hatte und dadurch die Leasing-Preise in astronomische Höhe schossen.

Irgendetwas musste geschehen.

Genau so ist es jetzt. Es muss etwas passieren, damit die Moto2-Kategorie die Würde einer wichtigen Grand-Prix-Klasse zurückerhält und wieder die natürliche Ordnung von fahrerischem Talent herstellt.

Die Moto2 ist vielleicht ein Klamauk für die Urteilsunfähigen... Aber eine Grand-Prix-Weltmeisterschafts-Klasse?

Die Moto3 hingegen ist der lebende Beweis dafür, dass man trotz finanzieller Limits und technischer Einschränkungen sauberen Rennsport betreiben kann. Die Moto2 verdient es, wieder auf die richtige Spur gebracht zu werden: Offen für gegnerische Fabrikanten und mit Vorschriften, die einen guten Platz in der technischen Hierarchie versprechen.

Für Moto3 und MotoGP ist eine maximale Bohrung vorgeschrieben; im Prinzip ist ein 1000-ccm-MotoGP-Motor aus vier 250-ccm-Zylindern zusammengesetzt.

Die Moto2 sollte in der Mitte liegen: zwei Zylinder und 500 ccm – und richtige Rennmotoren. Die Fahrer verdienen es und die Fans genauso. Zumindest für die Saison 2019. Bitte, Herr Ezpeleta, tun sie etwas.  

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