Formel 1: «Darauf kann man nicht stolz sein»

Die erfolgreiche Nachwuchsförderung von Aspar

Von Günther Wiesinger
Das Aspar Team von Jorge Martínez platzierte in der Saison 2023 vom European Talent Cup über die JuniorGP und die Moto3-WM bis in die Moto2- und MotoE-WM in fünf Klassen Fahrer in den Top-5 der Endabrechnung.

Während in Nordeuropa seit Jahren die Motorrad-GP-Talente nur sehr spärlich sprießen und sogar Deutschland 2024 keinen Stammfahrer in den drei GP-Klassen mehr stellt, wird zum Beispiel in der MotoGP-Klasse fast das halbe Startfeld von Spaniern besetzt. Österreich hat seit Michi Ranseders Rücktritt Ende 2009 sowie Max Koflers kurzer Episode (2021) keinen WM-Piloten mehr ins Teilnehmerfeld gebracht. Die Schweiz, die 2015 noch fünf Moto2-WM-Fahrer im Feld hatte (Lüthi, Aegerter, Krummenacher, Raffin und Mulhauser), schickt 2024 zumindest Rookie Noah Dettwiler ins Rennen.

In Spanien sieht es anders aus: Mit Jaume Masià und Pedro Acosta gewannen die Spanier 2023 in den Klassen Moto3 und Moto2 wieder zwei WM-Titel.

Jorge Martínez, als Rennfahrer selbst vierfacher Weltmeister, gilt in seiner Heimat als erfolgreicher Talent Scout und Weltmeister-Macher. Sein Team hat seit seinem Rücktritt vom aktiven Sport nicht weniger als neun Weltmeistertitel gewonnen.

2023 blickt das Aspar Team über alle Kategorien in fast 80 Rennen auf total 17 Siege und 34 Podestplätze zurück, dazu kommt ein Titelgewinn durch Máximo Quiles im European Talent Cup. Joel Esteban, der 2024 an der Seite von David Alonso sein Debüt in der Moto3-WM geben wird, feierte in der JuniorGP (vormals Junioren-WM) zwei Siege und stand vier Mal auf dem Podest.

Alonso seinerseits sicherte sich in der Moto3-WM mit vier Siegen und acht Podestplätzen in souveräner Manier den Titel «Rookie of Year» und den dritten Gesamtrang, in die Geschichtsbücher trug sich der 17-Jährige außerdem als erster GP-Sieger aus Kolumbien ein. In der Moto2-WM sammelte Jake Dixon für Aspar fünf Podestplätze, darunter zwei Siege. Dazu kamen aus der MotoE im ersten offiziellen WM-Jahr der Elektro-Serie sechs Podestplätze und zwei Siege durch Vizeweltmeister Jordi Torres.

SPEEDWEEK.com erkundigte sich beim 61-jährigen Teambesitzer Jorge «Aspar» Martínez, warum die Talentförderung in Spanien so gut funktioniert und wie er seine Finanzkrise nach den Jahren 2016 bis 2018 gemeistert hat.

Aspar, wie mühsam und aufwändig ist es, in Spanien all diese Talente zu finden?

Das System, das momentan in Spanien zur Nachwuchsförderung in Kraft ist, funktioniert unglaublich gut. Wir haben viele Rennstrecken, wir haben ein ausgezeichnetes Klima und Wetter, wir verfügen über sehr professionelle Teams, die hervorragende Unterstützung bekommen. All diese Zutaten tragen zum Erfolg bei.

Kümmert sich auch der spanische Motorradverband um den Nachwuchs? Investiert er Geld?

Nein, null. Die Nachwuchsprogramme werden alle privat finanziert, zu 100 Prozent.

Ich hatte ja mit meinem MotoGP-Team wegen Ausfällen von Sponsorgeldern in den Jahren 2016 bis 2018 finanzielle Sorgen.

Ja, du hast damals den Energie-Drink-Hersteller «Drive M7» aus Malaysia trotz eines gültigen Vertrags verloren, auch die Investmentgesellschaft SAMA Global aus Katar erfüllte die Verträge nicht. Es war von 3 Millionen Euro Schulden die Rede?

Nein, es waren sogar mehr. Drive M7 hatte einen Drei-Jahres-Vertrag, sie haben jedoch nur ein Jahr bezahlt und sind dann im zweiten Jahr eine Woche vor dem Saisonstart ausgestiegen. Für das zweite und dritte Jahre wurde nichts bezahlt.

Sponsor Sama aus Katar hat für fünf Jahre zugesagt. Nach einem Jahr war es vorbei. Das hat mich und mein Team über viele Jahre in tiefe finanzielle Schwierigkeiten gestürzt.

Du hast deshalb nach der Saison 2018 das MotoGP-Ducati-Team zugesperrt und die Plätze an Petronas-Yamaha übergeben? Du hattest auch Ärger wegen Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit dem Formel-1-Straßenkurs in Valencia.

Ja, das war 2015 und 2016. Aber inzwischen sind alle Verfahren beendet, es sind alle Vorwürfe vom Tisch. Seit ich mein MotoGP-Team Ende 2018 zugesperrt habe, hat sich alles zum Positiven verändert.

Jetzt konzentrieren wir uns auf die Klassen Moto3 und Moto2. Wir bauen Nachwuchsfahrer für die Zukunft auf. Deshalb investieren wir eine Menge Geld für unsere Nachwuchsschule in Spanien. Wir nehmen am European Talent Cup teil, an der JuniorGP, in der Moto3- und Moto2-EM sowie MotoE-WM. Wir setzen also fünf Teams ein.

Aber wir betreuen dazu ungefähr 100 weitere Talente, die zwischen 12 und 16 Jahren alt sind. Da werden noch Amateure trainiert, die auf höhere Aufgaben vorbereitet werden. Die besten Fahrer aus dieser Gruppe werden dann für die Zukunft aufgebaut.

Ex-Rennfahrer Nico Terol ist sehr stark in das Nachwuchsprojekt involviert. Er hat ein spezielles Trainingssystem für die jungen Fahrer ausgearbeitet.

In den letzten fünf Jahren haben wir deshalb die Junioren-WM mit Raúl Fernández, Izan Guevara und Daniel Holgado dreimal gewonnen. Und David Alonso hat 2021 den Red Bull Rookies Cup für sich entschieden, Holgado ist Dritter geworden.

Unser Ziel ist es, in den nächsten Jahren weiter viel Geld in diese Nachwuchs-Programme zu investieren.

Die Titelgewinne von Aspar Martínez als Teambesitzer

2006
Álvaro Bautista, Aprilia, 125 ccm
2007
Gabor Talmacsi, Aprilia, 125 ccm
2009
Julián Simón, Aprilia, 125 ccm
2011
Nicolas Terol, Aprilia, 125 ccm
2020
Albert Arenas, KTM, Moto3
2022
Izan Guevara, GASGAS, Moto3

Junioren-WM

2018: Raúl Fernández
2020: Izan Guevara
2021: Daniel Holgado

Jorge Martínez: Seine Titelgewinne als Fahrer

1986: 80 ccm, Derbi
1987: 80 ccm, Derbi
1988: 80 und 125 ccm, Derbi

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Imola 1994: Ayrton Senna tot, Augenzeuge berichtet

Von Mathias Brunner
​Keiner kann dieses Wochenende vergessen, egal ob er 1994 vor dem Fernseher saß oder in Imola war: Roland Ratzenberger und Ayrton Senna aus dem Leben gerissen, innerhalb eines Tages.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Do.. 09.05., 23:15, ORF Sport+
    Motorsport: Rechberg Rallye
  • Do.. 09.05., 23:35, Motorvision TV
    Motorheads
  • Do.. 09.05., 23:45, Hamburg 1
    car port
  • Fr.. 10.05., 00:05, Motorvision TV
    Australian Drag Racing Championship
  • Fr.. 10.05., 01:45, Motorvision TV
    On Tour
  • Fr.. 10.05., 03:00, Eurosport 2
    Motorsport: FIA-Langstrecken-WM
  • Fr.. 10.05., 03:00, ORF Sport+
    Motorsport: Rechberg Rallye
  • Fr.. 10.05., 03:45, Hamburg 1
    car port
  • Fr.. 10.05., 04:55, Motorvision TV
    Gearing Up
  • Fr.. 10.05., 05:45, Motorvision TV
    Motocross: FIM-Weltmeisterschaft
» zum TV-Programm
5