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Stefan Bradl: «Bin Meister der verpassten Chancen»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl blickt auf die schönsten Momente seiner GP-Laufbahn zurück. Die Moto2-Saison 2011 bleibt ein Höhepunkt. Bradl räumt aber ein: «In der MotoGP war ich der König im Vermasseln von Podestchancen.»

Stefan Bradl verbrachte den Jahreswechsel in New York City, am 4. Januar kehrt er zurück und setzt dann nach dem Kurzurlaub die Vorbereitung auf seine erste Superbike-WM-Saison fort. Ab 24. Januar testet das neue Red Bull Honda Team mit der neuen Fireblade erstmals in Jerez, am 25./26. Februar werden auf Phillip Island bereits die ersten beiden WM-Rennen ausgetragen.

Im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com blickt der 27-jährige Bayer auf seine GP-Karriere zurück, die ihm sieben Siege, 19 Podestplätze und den Moto2-WM-Titel 2011 bescherte.

Stefan, was war den schönstes Erlebnis im GP-Sport? Und was war die grösste Enttäuschung?

Das schönste Erlebnis war auf jeden Fall Laguna Seca 2013, mit dem Podestplatz hinter Sieger Márquez. Das war ein Top-Wochenende. Es ist von vorne bis hinten perfekt gewesen, mit Bestzeiten in den freien Trainings, im Qzali und im Warm-Up. Dass ich nicht gewonnen habe, war der einzige Schönheitsfehler...
Ich erinnere mich aber auch an andere gute Rennen, wo ich nur knapp einen Podestplatz verpasst habe. Ich erinnere mich an Mugello 2012, wo ich ganz knapp hinter Dovizioso als Vierter ins Ziel gekommen bin.
Austin 2014, auch dort habe ich den Kampf um den dritten Platz knapp gegen «Dovi» verloren, Sachsenring 2014 war ähnlich.
Ich war da schon ein bisschen der Meister der verpassten Chancen, wenn es ums Podium gegangen st.
Das hat Cal Crutchlow zum Beispiel 2016 besser gemacht. Wenn er die Chance auf das Podium gehabt hat, hat er sie meistens genützt. Er hat diese Gelegenheiten deutlich besser am Schopf gepackt.
Aber man darf nicht vergessen: Er ist vier Jahre älter als ich, er hat ein Jahr mehr MotoGP-Erfahrung als ich. Und er ist vorher schon die 1000-ccm-Superbikes gefahren.
Aber egal. Es ist, wie es ist. Er hat die Chancen, die sich ergeben haben, beim Schopf gepackt. Ich war der König im Vermasseln.
Aber keine Frage: Meine Moto2-Saison 2011 war schon erstaunlich. Wenn ich mich zurückerinnere... Ich hatte bei den ersten fünf Moto2-Rennen der Saison fünf Pole-Positions!
Ich kann mich auch an den Katar-GP 2010 erinnern, das war mein allererster Moto2-Einsatz. Ich habe in allen freien Trainings die Bestzeit erreicht, ich war im Qualifying Dritter, aber im Rennen hat mich leider De Angelis in der ersten Kurve abgeschossen.
Der Portugal-GP-Sieg 2010 war auch ein Highlight. Es war mein erster Sieg in der Moto2, den ich super durchgezogen habe. Ich bin dann zwar in Valencia 2010 beim letzten Rennen runtergefallen... Aber ich habe den guten Flow mit in die Saison 2011 genommen und beim Saisonauftakt in Katar einen Start/Ziel-Sieg erreicht, mit einem klaren 4,3-Sekunden-Vorsprung. Beim nächsten Rennen in Jerez stand ich wieder auf der Pole-Position, im Rennen bin ich Fünfter geworden, den nächsten WM-Lauf in Estoril habe ich wieder gewonnen. Ich war konstant immer vorne dabei, als Dritter in Le Mans, dann wieder als Sieger in Barcelona.

Du hast nachher den Regen-GP in Silverstone mit 7,6 sec Vorsprung gewonnen, Marc Márquez lag dann 84 Punkte hinter dir.

Ja, dann ist es natürlich losgegangen, alle haben von mir den Titelgewinn erwartet. Bei mir ging es dann auch darum, diesen Vorsprung geschickt zu verwalten.

Márquez hat aber in Japan die Führung übernommen. Doch dann ist er im ersten Australien-Training zweimal schwer gestürzt...

Ja, im Endeffekt war ich der Fahrer, der die meisten Punkte gesammelt und die Weltmeisterschaft gewonnen hat.
Das war nervenaufreibend, speziell in den letzten zwei Monaten, als es um die Wurst ging. In Motegi habe ich erstmals in dieser Saison 2011 die WM-Führung verloren. Eine Woche später in Australien habe ich sie mir wieder zurückgeholt.

Du hast nach dem Japan-GP 2011 gesagt: Wenn Márquez die WM-Führung nervlich besser verkraftet als ich, dann ist er ein cooler Hund, dann gönne ich ihm den WM-Titel.

Ja, richtig. Aber er hat dann auch einige Fehler eingebaut.
Denn eine Woche später ist der nächste Márquez-Crash in Sepang im FP1 passiert, er konnte deshalb dann die letzten zwei Rennen nicht bestreiten.
Wenn ich daran zurückdenke, was da alles vorgefallen ist, dann hat mich diese Saison einiges an Neven gekostet. Aber das ist ja auch das Schöne an diesem Sport.

Du hast damals auch neben der Piste viel Energie gebraucht. Es stand der Aufstieg in die MotoGP-WM zur Diskussion, bei LCR oder Tech-3-Yamaha, auch Kiefer plante vorübergehend ein eigenes Honda-MotoGP-Team. Im Oktober hast du bei Kiefer mündlich für eine weitere Moto2-Saison zugesagt, aber auch Martinez und Marc VDS wollten dich für ihre Moto2-Teama engagieren, JiR und das Schweizer CarXpert-Team hatten auch starkes Interesse.

Ja, die Belastungen abseits der Strecke darf man auch nicht ausser acht lassen. Alle fragten sich: Fährt Bradl jetzt 2012 MotoGP? Und dann ist es auf einmal schnell gegangen.

Als Marco Simoncelli beim vorletzten Grand Prix 2011 in Malaysia tödlich verunglückte, wurde bei Honda ein MotoGP-Platz verfügbar. Aber LCR-Honda-Teamchef Lucio Cecchinello wollte mach dem Reinfall mit Toni Elias zuerst keinen Moto2-Weltmeister mehr. Er wollte bewährte MotoGP-Fahrer wie Hopkins, Bautista oder de Puniet nehmen.

Ja, aber Honda hat sich dann bei LCR stark für mich eingesetzt. HRC hat mir einen Zwei-Tage-Test mit LCR in Valencia ermöglicht, danach war Lucio überzeugt. Er bot mir mit HRC-Unterstützung einen Vertrag für die MotoGP-Saison 2012 an.

(Wird fortgesetzt)

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