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Stefan Bradl: Aprilia konnte 2015-Daten nicht nutzen

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl: «Wenn man mit Italienern zusammenarbeitet, muss man mit Verspätungen rechnen...»

Stefan Bradl: «Wenn man mit Italienern zusammenarbeitet, muss man mit Verspätungen rechnen...»

Durch die verspätete Fertigstellung der Aprilia RS-GP 16 wurde die Saison 2016 stark beeinträchtigt. Trotz vieler Schwierigkeiten versichert Stefan Bradl: «Die Aprilia-Ära war eine schöne Zeit.»

In drei Wochen testet Stefan Bradl bereits die neue Honda CBR 1000 RR SP2-Fireblade in Jerez/Spanien. Das wird für den Moto2-Weltmeister von 2011 das erste große Kräftemessen in der Superbike-WM sein. Denn bei den November-Tests in Aragón und Jerez fehlten etliche Teams, außerdem war Bradl noch mit dem Vorjahres-Material unterwegs.

Stefan Bradl wäre gerne noch eine weitere Saison in der MotoGP-WM gefahren, aber die erste Saisonhälfte mit dem Aprilia-Werksteam war schwierig. Das neue Motorrad war erst Ende Februar startbereit, mit rund vier Monaten Verspätung, das neue Triebwerk lief erst mit vier Monaten Verspätung erstmals auf dem Prüfstand, es leistete dann laut Aprilia-Techniker Marcus Eschenbacher nur 245 PS, Ducati trat mit rund 275 PS an.

Aprilia-Rennchef Romano Albesiano sagte dann, man müsse die ersten drei Grand Prix in Katar, Texas und Argentinien als zusätzliche Wintertests betrachten. Im Team wurde auch kritisiert, dass im Winter zu viel mit der alten APX-Software gefahren wurde, obwohl für 2017 die Einheits-ECU von Magneti Marelli vorgeschrieben war, mit der Rivale Ducati viel mehr Erfahrung hatte. «Es wird eine halbe Saison dauern, bis wir das Maximum aus der neuen Software herausholen», stellte Albesiano fest.

Jan Witteveen, erfolgreicher Aprilia-Rennstratege bis 2004, wunderte sich. «Warum hat Aprilia die MotoGP-WM 2015 mit dem alten Claiming-Rule-Bike und dem Superbike-Motor bestritten? Man wusste ja, dass 2016 ein neues Reifenfabrikat kommt, dazu die neue Motorensteuerung und ein komplett neues Motorrad. Man hat also 2015 überhaupt nichts gelernt. Aprilia hätte wie Suzuki und KTM lieber ein Jahr testen sollen. Dann wäre die neue Maschine auch rechtzeitig fertig geworden.»

Stefan, durch die verspätete Fertigstellung der Aprilia RS-GP 16 wurde die Saison 2016 stark beeinträchtigt? Hätte Aprilia im Jahr 2015 besser nur testen sollen?

Ja, warum sie schon 2015 in die WM zurückgekehrt sind, hat keiner so recht verstanden. Neue Reifenmarke, neue ECU, neues Bike. Wir konnten die Daten von 2015 nicht nützen. Wir sind bei den Grand Prix am Freitag im FP1 immer bei Null gestartet, besonders vom Elektronik-Set-up her.

Es war ja geplant, dass die neue Werks-Aprilia für den ersten Sepang-Test startklar wird. Aprilia hat aber dann am ersten großen Wintertest mit der 2015-Maschine teilgenommen, statt des Phillip-Island-Tests fand ein privates Roll-out in Katar statt, das nicht sehr verheißungsvoll verlief. Wann hast du kapiert, dass die erste Saisonhälfte schwierig wird?

Wenn man mit Italienern zusammenarbeitet, muss man mit Verspätungen rechnen... In diesem Fahrerlager wird viel erzählt. Das ist generell so, das ist nicht nur auf Aprilia bezogen. Es wurden bei Aprilia jedenfalls dauernd Termine über den Haufen geworfen.

Der erste Prüfstandversuch hätte im Oktober stattfinden sollen, das völlig neue Triebwerk wurde dann erst kurz vor dem Jahresende nach Weihnachten erstmals zum Laufen gebracht.

Ich wusste, man darf nicht alles ernst nehmen. Bei dem, was im MotoGP-Fahrerlager erzählt wird, ist viel heiße Luft dabei. Es kommt dann im Endeffekt oft anders als es geplant ist. So war es bei Aprilia auch. Aber ich habe mich im Aprilia-Team wohlgefühlt, es war eine professionelle Truppe. Die Leute, mit denen ich zusammengearbeitet habe, haben dafür gesorgt, dass die Aprilia-Ära eine schöne Zeit wurde.

Ich kann mich aber erinnern, dass die neue Aprilia bei diesem Privattest in Katar Ende Februar gerade zwei Runden gefahren ist, dann haben wir sie wieder abstellen müssen. Es gab technische Probleme... Es war dann wirklich so, wie es Romano Albesiano angekündigt hat, die ersten drei Grand Prix waren für uns Testfahrten.

In der ersten Saisonhälfte waren wir nicht in der Lage, uns mit diesem neuen Motorrad große Ziele zu stecken. Es war nicht möglich, in diesen ersten Rennen zu attackieren. Trotzdem ging nach zwei, drei Rennen schon die Diskussion los, wer in der Saison 2017 neben Sam Lowes bei Aprilia fahren wird.

Aprilia nahm zu etlichen anderen Topfahrern Kontakt auf, sogar mit Cal Crutchlow wurde verhandelt.

Ja, es war dann Anfang Juni in Mugello klar, dass Aleix Espargaró vor der Türe stand. Es gab dann von Le Mans weg immer den Fight Bradl gegen Bautista, denn nur einer von uns zwei würde bei Aprilia einen Platz für 2017 haben. Das war klar.

Sam Lowes hatte schon einen Vertrag für 2017. Warum der so früh verpflichtet wurde, ist auch eine Frage...

Beim Catalunya-GP war dann ziemlich klar, dass bei Aprilia beide Fahrer gehen müssen. Diese Entscheidung hat Aprilia getroffen. Danach ging das ganze Thema wieder los: Was passiert 2017?

Aprilia hatte bei Saisonmitte auf manchen Strecken richtig Mühe, besonders in Spielberg, aber beim Misano-GP waren sichtlich Fortschritte zu erkennen.

Ja, der Schritt, den Aprilia dann bis zum Saisonende gemacht hat, war nicht schlecht. Ich kann jetzt nicht beurteilen, wie es 2017 weitergeht. Der nächste Schritt, den Aprilia machen muss, wird nicht einfach. Ob das Team auf dem Niveau bleiben wird, wo Bautista und ich 2016 waren oder ob es weiter nach vorne in die Top-Ten geht, das werden wir in der kommenden Saison beobachten.

Bautista und mir hat es als Rennfahrer natürlich schon viel geholfen, Entwicklungsteile zu probieren, das Motorrad von Null an zu entwickeln und immer wieder neue Teile auszuprobieren, wobei wir nicht so extrem viele Testtage gehabt haben. Aber man kann sagen, dass das Motorrad jetzt konkurrenzfähig dasteht und in der MotoGP-WM einigermaßen gut dabei ist. Ich glaube, dass auch wir Fahrer keinen allzu schlechten Job gemacht haben.

Die Schwachstelle bei Aprilia war 2016 das Qualifying. Die RS-GP 16 ließ sich über eine einzelne Runde nicht so richtig ausquetschen, dafür hielt sich der Reifenverschleiß in Grenzen, ihr habt dadurch in den Rennen oft von aussichtslosen Startpositionen noch Richtung Top-Ten fahren können.

Ja, unsere Rennpace war besser als unser Speed in den Trainings und im Qualifying. An diesem Problem hat sich bis zum WM-Finale in Valencia nichts geändert. Im Qualifying eine schnelle Runde rauszupressen, was 2015 mit den Bridgestone-Reifen bei Aprilia noch meine Stärke war, war mit der 2016-Aprilia nie einfach, weil wir den Grip des Reifens nicht so perfekt nützen konnten.

Im Renntrimm haben wir dann profitiert, weil wir nicht so viel Reifenverschleiß hatten wie beispielsweise die Ducati. Dadurch haben wir immer aufholen können.

Aber wir haben uns gewünscht, dass eine bessere Kombination da sein sollte, also dass wir mehr Grip haben, wenn der Reifen neu ist. Der Reifenverschleiß hätte ruhig mehr sein können, weil wir aus den Hinterreifen nicht alles rausgeholt haben.

Bei Ducati musste die Motorleistung meistens nach dem Quali reduziert werden, damit der Sprit reichte und die Reifen durchhielten. Das konnte man sich bei Aprilia sparen, weil die Power nicht so überragend war?

Ja, aber wenn du im Qualifying nur an 16. oder 18. Stelle oder noch weiter hinten stehst, dann sind in den ersten Runden zu viele Leute im Weg, dann zieht sich das Rennen auseinander, dann musst du die Lücke wieder schließen und überholen. Das Qualifying ist ja nicht umsonst da; es gehört zu einem erfolgreichen Wochenende irgendwo dazu.

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