KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Schnelle Frauen oder Sex im Rennsport

Kolumne von Michael Scott
Die Maschinen der MotoGP-Piloten haben ihre eigene Persönlichkeit

Die Maschinen der MotoGP-Piloten haben ihre eigene Persönlichkeit

Motorräder sind weiblich, jedes Bike hat seine eigene Persönlichkeit und Valentino Rossi outet sich als Motorrad-Flüsterer.

In der Ingenieurwissenschaft gibt es eine Tradition, die weit zurückreicht in die Tage von Schiffen unter langen Masten und großen Segeln. Diese Tradition setzte sich unverändert in der Zeit der Dampfmaschinen bis in die Moderne durch. Fahrzeuge sind weiblich.

Ich frage mich, ob dieselbe Regel in unserer modernen, emanzipierten und politisch korrekten Zeit noch immer Bestand hat? Ich frage mich, ob es ungefährlich oder überhaupt angebracht ist, diese sexistische Analogie fortzuführen?

Eigentlich frage ich mich das nicht. Natürlich sind sie noch immer weiblich. Vor allem Motorräder... Vor allem für jeden, der jemals eines einen langen Hügel hinaufgeschoben hat, nur um herauszufinden, dass er (oder tatsächlich sie) vergessen hatte, den Benzinhahn aufzumachen.

Natürlich haben Rennbikes keinen Benzinhahn und sind eine eher kratzbürstige Art von Frauen. Doch das macht sie nicht weniger weiblich. Und was für eine große Vielfalt von ihnen wir sehen, seit der Meister des Tanzes, Carmelo Ezpeleta, entschieden hat, dass alle Zugang zu denselben Tutus und Tanzschuhen erhalten. Für mehr Gleichheit zu sorgen, unterstrich noch mehr die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Bikes.

Maverick Viñales, der die beiden ersten Saisonrennen gewann – als erster Yamaha-Fahrer seit Wayne Rainey 1990 – erwies sich zumindest zu Saisonbeginn als sensibler Partner seiner M1 bei komplizierten Tanzschritten. Seine elegante Tanzpartnerin kam seinen Befehlen nach, die vornehm und meisterhaft waren – mit perfektem Anstand und Weiblichkeit. Sie kennt ihre Stärken genau, aber versteht auch den Wert einer gleichberechtigten Partnerschaft. Hinter jedem guten Mann steht eine gute Frau. Und natürlich auch umgekehrt.

Die Yamaha war immer eine folgsame Gefährtin, bereit zur Kooperation für das große Ganze. Das war auch in den Jahren der Zweitakter wahr und zog sich bis heute durch.

Die Honda hat eine ganz andere Persönlichkeit. Frech, selbstsicher und sogar arrogant. Diese Femme fatale kennt ihre Stärken genau und ist eine leidenschaftliche Feministin. Männer sind nur nützlich, um die Kontrollsysteme zu bedienen. Doch sie sollten lieber vorsichtig sein, welche Knöpfe sie drücken.

Die Honda war nie darum verlegen, ihren Tanzpartner Richtung Himmel zu schleudern – in aller Öffentlichkeit und auch wenn es ein riesiger Nachteil für sie selbst ist. Sie bekommen, was sie denkt, dass sie verdienen – unabhängig von den Konsequenzen.

Um diese Analogie fortzuführen, machen wir mit der Suzuki weiter: hübsch – sogar grazil, bescheiden und zurückhaltend, aber mit erstaunlichem Rückgrat, wenn sie es zeigen muss.

Dann die Aprilia – einst ein großmäuliger Sack voller Ärger, damals in den Tagen der Dreizylinder Cube, aber nun: eine ehrliche und bodenständige Allrounderin.

Die KTM scheint ähnliche Charakteristika zu vereinen. Ein österreichisches Fräulein, deren eigentliche Fähigkeiten beim Tanz durch ihre dicken Knöchel beschnitten werden.

Nicht zu vergessen die opereske Prima Donna der Rennstrecke. Die stolze Schönheit aus Bologna: die Ducati. Eine Lady, die man fürchten und bewundern muss. Man kann gar nicht anders.

Ich habe natürlich auch hochrangige Unterstützung für diese Theorien. Ich erinnere mich, dass mir Rossis vor seinem eigenen schauderhaften «dance macabre» mit der Desmosedici seine Gefühle über die Bikes schilderte. Er sprach spät nachts in der Box mit ihnen und gestand, dass sie ihm antworteten. Die Honda sagte er, sei stolz und distanziert. Aber die Yamaha: «Sie ist eher schüchtern.»

Man will diese Analogien ja nicht zu weit treiben, aber es steckt Wahrheit in ihnen. Die Maschinen haben Persönlichkeiten. Doch sie sind trotzdem Maschinen. Eine M1 ist nur ein Motorrad. Wie auch alle anderen. Nur Werkzeuge, um den Job zu erledigen. Die Persönlichkeit haben sie, weil sie von Menschen designt und gebaut werden. Sie tragen die Gene ihrer Schöpfer. Oder zumindest entspricht das unserer Vorstellung. Und diese Vorstellung wird von den Werken unterstützt.

Das ist ein Grund, warum Rennsport so ein wertvolles Werkzeug in Sachen Marketing ist. Er spiegelt die vermeintliche Persönlichkeit eines Herstellers wider, der die genau Bikes baut, die du kaufen willst. Yamaha beschäftigt nette, sensible Menschen, mit denen man sich beim Fahren wohlfühlen würde. Honda bietet andere Stärken und zieht eine andere Sorte von Kundschaft an. Und so weiter bis hin zur unglaublich glamourösen und möglicherweise verheerenden Ducati.

Da sie weiblich sind, sind die Produkte der Hersteller schon fast automatisch per Definition launisch, unberechenbar und wunderbar abwechslungsreich. Du kannst eine höfliche und unterwürfige Honda bekommen, genauso wie eine schrecklich aggressive Suzuki. Erinnert euch nur an die Straßenversion der RG500: Die einzige wahre Replica einer Zweitakt-Rennmaschine.

Aber erzählt das nicht Valentino.

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