KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Pit Beirer (KTM): «Es läuft in der MotoGP traumhaft»

Von Günther Wiesinger
Das MotoGP-KTM-Werksteam glänzte beim Aragón-GP mit den Rängen 10 und 11 durch Pol Espargaró und Mika Kallio. Auf den Sieger fehlten nur 14 sec. Renndirektor Pit Beirer zieht begeistert Bilanz.

Erstaunlicher Mannschafterfolg für das Red Bull KTM-Factory-Racing-Team beim GP von Aragonien: 10. Pol Espargaró. 11. Mika Kallio. Nur Bradley Smith blieb mit Platz 19 und 36,2 Sekunden Rückstand hinter den Erwartungen.

KTM hat jetzt zum siebten Mal hintereinander einen oder zwei Fahrer auf den Rängen zwischen 9 und 11 ins Ziel gebracht.
Dabei fuhren Espargaró und Smith in Katar noch von den letzten zwei Startplätzen los, die Rückstände lagen damals im Bereich von 2,8 Sekunden.

Und in Aragón gelangen Red Bull KTM-Testfahrer Mika Kallio (34) in den vier freien Trainings gleich zwei fünfte Plätze! Erstaunlich auch die geringen Rückstände: Espargaró verlor in 23 Rennrunden 14 Sekunden, Kallio als Testfahrer 17,2 Sekunden.

«Es ist unglaublich, wenn unsere KTM-Piloten die Fahrer auf den Plätzen 5 und 6 noch vor Augen haben, wenn sie um eine Kurven biegen», wunderte sich Pit Beirer, Motorsport-Direktor bei KTM. «Wir haben solche Ergebnisse vor der Saison nie erwartet. Aber wir nehmen sie mit und freuen uns, weil sich unser Projekt jetzt auf einem guten Niveau stabilisiert hat.»

KTM (44 Punkte) bleibt in der Marken-WM auch den Kollegen von Aprilia (55 Punkte) und Suzuki (64 Punkte) auf den Fersen.

Wobei Suzuki momentan in den Rennen regelmäßig besiegt wird: Andrea Iannone traf heute als 12. ein.

Pit, KTM hat seit Assen immer Plätze zwischen 9 und 11 belegt. Heinz Kingadner hat schon im Februar gehofft, KTM könne in der zweiten Saisonhälfte bei den Top-Ten anklopfen. Das schien damals unrealistisch.

Ja, das beweist, dass wir zumindest einen MotoGP-Experten in der Familie haben, der diese Performance schon vor einem halben Jahr vorausgesagt hat.

Aber Spaß beiseite: Es läuft traumhaft. Das ist alles nichts Selbstverständliches. Und wenn dir irgendwann einmal nach einem zwölften Platz in der Emotion rausrutscht, dass man in die Top-Ten fahren möchte, dann wirst du am nächsten Sonntag wieder an diesen Aussagen gemessen.

Dann merkst du, wie brutal in dieser Klasse um den Top-Ten gefightet wird. Aber es sieht so aus, als könnten wir uns wirklich auf diesem Level stabilisieren. Heute war dieser zehnte Platz von den Zeitabständen her unglaublich. Aragón ist eine 5 km lange Strecke.

Auf solchen Strecken haben wir bisher immer mehr als eine Sekunde pro Runde verloren. Und plötzlich sind wir auf einer so langen Strecke in 23 Runden nur 14 Sekunden hinter dem Sieger, bei Hitze und schwierigen Verhältnissen.

Das ist für unser ganzes Projekt ein Riesenschritt. Jetzt loggen wir hier ein und versuchen, weiter zu pushen.

Beim Mugello-GP hast du als Ziel für diese Saison ausgegeben: Bis zum Saisonende in den Rennen nur 1 Sekunde pro Runde verlieren. Jetzt sind es knapp 0,5 Sekunden. In Texas im April fehlten noch 58 Sekunden auf Platz 1.

Naja, die Platzierungen sind schön für die Bücher. Aber wenn du ganz an die Spitze willst, ist halt nur dieser verdammte Abstand nach vorne entscheidend.

Das ist das, was wir uns jeden Montag nach einem Grand Prix in der Werkstatt an die Wand schreiben, was wir dann mit ins Bett nehmen und mit dem wir am nächsten Tag wieder aufstehen.

Wenn man den Rückstand an einem Tag wie heute so runter reduzieren kann, merkt man: Es geht in die richtige Richtung.

Wir haben hier mit dem neuen Chassis für Kallio und Pol Espargaró wieder Schritte gemacht, die mit einem kleinen Risiko verbunden waren. Das hat etwas Unruhe ins Rennen reingebracht. Aber wir sind die Neulinge hier und müssen im ersten Jahr solche Risiken eingehen.

Gott sei Dank ist diese Strategie heute genau so belohnt worden wie in Jerez mit dem schnellen Umstieg auf den Big-Bang.

Wir haben das neue Chassis sehr kurzfristig hierher gebracht. Denn wir müssen uns einfach schneller bewegen als die Mitbewerber, wenn wir näher an die Spitze kommen und Anschluss finden wollen. Es gab bisher einen Riesenrückstand. Aber er wird kleiner.

Testfahrer Kallio auf Platz 11, Stammfahrer Smith nur als 19. im Ziel. Die Frage nach den zwei Stammpiloten für 2018 ist damit nicht leichter geworden?

(Er lacht). Wir beschäftigen uns heute nicht mit Fahrerfragen, sondern mit den Fakten, über die wir uns freuen.

Egal was passiert, ich wiederhole mich: Wir haben bei KTM drei MotoGP-Fahrer unter Vertrag. Wir selber haben also eine relativ relaxte Situation, denn wir müssen im Moment keine Entscheidungen treffen. Alle drei Fahrer werden für nächstes Jahr bei uns unter Vertag bleiben. Wichtig ist, dass sich das Projekt steigert und verbessert. Und das passiert absolut.

Deshalb ist die Fahrerfrage für uns vielleicht gar nicht so quälend, wie es von außen immer dargestellt wird.

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