KTM in der Zwickmühle: Fährt 2018 Kallio statt Smith?

Von Günther Wiesinger
Bradley Smith

Bradley Smith

Testfahrer Mika Kallio hat Bradley Smith 2017 bei zwei von drei Rennen klar besiegt. Nach dem Aragón-GP wurden die Stimmen wieder lauter, die den Finnen 2018 in der Stammformation neben Pol Espargaró sehen wollen.

Heute und morgen testet das KTM Factory Racing Team zwei Tage lang auf dem MotorLand Aragón. Und natürlich bleibt das Thema Mika Kallio/Bradley Smith bei Red Bull KTM weiter akut. Der Ausgang bleibt ungewiss.

Ein Blick auf die Ergebnislisten: Smith landete beim Sachsenring-GP auf Platz 14, Kallio wurde 16. Er büßte 4,2 Sekunden auf den Briten ein.

Beim GP von Österreich holte Kallio mit Platz 10 in Spielberg für KTM die Kastanien aus dem Feuer. Er glänzte mit Platz 10; Smith kam über den enttäuschenden 18. Rang nicht hinaus. Rückstand auf Kallio: 16,7 Sekunden.

Beim Aragón-GP liess sich Kallio nur knapp von Pol Espargaró besiegen, er landete nach zwei erstaunlichen fünften Plätzen in den freien Trainings am Sonntag an 11. Stelle. Smith fuhr 19,1 Sekunden hinter Kallio als 19. ins Ziel.

Mika Kallio fuhr im FP1 in Aragón auf Plätze 5, Smith drehte im FP1 keine gezeitete Runde. Im FP2 fuhr Kallio auf P15, Smith war 13., im FP3 gelang Kallio Rang 5, Smith war 22. Und im FP4 gelang Kallio Platz 15, Smith war 18. Das heißt: Smith war nur im FP2 um zwei Plätze besser klassiert, sonst war er dem Finnen unterlegen, der zweimal auf Platz 5 brauste.

Das Aragón-Dilemma begann für dn 26-jährigen Engländer schon am Freitag im FP1. Bei Smith gab es am Regen-Bike Vibrationen vom Getriebe her. Die Mannschaft wollte das zweite Motorrad vom Trocken- auf ein Regen-Set-up umbauen, das dauert fünf Minuten.

Doch Smith winkte ab. Er meinte, es würde noch auftrocknen, dann würde er mit dem anderen Motorrad angreifen. Doch die Rundenzeiten sanken nie unter zwei Minuten, also blieb er in der Box – der Poker endete ohne gezeitete Runde.

Bradley Smith: Letztes Wort nicht gesprochen

Bradley Smith hat viel Anerkennung im Team verloren. Und langsam wird gezweifelt, ob er seinen Kopf mit starken Ergebnissen bei den nächsten Rennen noch aus der Schlinge ziehen kann.

Man muss aber der Fairness halber erwähnen, dass Kallio (und am Samstag auch Pol Espargaró) in Aragón ein neues Chassis verwendet haben, Smith bekam es nicht.

Aber die Ergebnisse sahen in Österreich bei gleichem Material nicht anders aus.

Die Startplätze der KTM-Fahrer in Aragonien: 12. Kallio. 14. Pol Espargaró. 22. Smith.

Fakt ist: Bradley Smith hat bei Red Bull KTM einen MotoGP-Vertrag für 2018. Fakt ist aber auch, dass der Engländer im Vergleich zu Pol Espargaró und Kallio in diesem Jahr vieles schuldig geblieben ist und im Team viel Rückhalt verloren hat, auch wenn das niemand laut aussprechen will.

Wenn man auf die Zwischentöne hört, wird man den Eindruck nicht los: In diesem Konflikt ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Pit Beirer, Motorsport-Direktor bei KTM, will kein Öl ins Feuer gießen. «Mit Platz 10 im Regenrennen von Misano hat Bradley einmal gezeigt, dass die personelle Veränderung beim Crew-Chief keine schlechte Entscheidung war», hielt Beirer fest. «Wir haben momentan drei Fahrer für 2018. Mika Kallio hatte nach dem Österreich-GP noch sieben Tage lang die Möglichkeit, ein MotoGP-Rennteam für 2018 zu finden. Als diese Frist verstrichen war, hat er einen neuen Vertrag als Testfahrer für 2018 bekommen. Bradley bekommt weiter unsere volle Unterstützung, er ist unser Fahrer für 2018. Ich war froh, als nach dem Misano-GP einmal ein zehnter Platz bei ihm auf dem Papier stand.»

Aber nach der starken Performance von Mika Kallio beim Aragón-Training bemerkte Pit Beirer: «Mika will anscheinend nächstes Jahr alle Rennen fahren...»

Offiziell gilt Smith für die nächste Saison als gesetzt. Denn bei einer Degradierung zum Testfahrer könnte eine Klage wegen Beschädigung der Karriere durch die Wasserman Group drohen, die sich um die Karriere von Smith kümmert.

Doch hinter den Kulissen rumort es.

Pit Beirer hat mehrmals anklingen lassen, dass er sich von Smith mehr erwartet. «Es wäre schön, einen Fahrer zu haben, der auch am Freitag und Samstag auch etwas zur Weiterentwicklung beiträgt», sagte er beim Österreich-GP.

Dort machte Firmenchef Stefan Pierer Kallios dessen zehntem Platz im Rennen Hoffnungen auf einen Stammplatz für 2018.

«Aber vor den Übersee-Rennen fällt keine Entscheidung», betonte Pierer damals gegenüber SPEEDWEEK.com.

«Das haben anscheinend einige Berichterstatter missverstanden», wundert sich Pit Beirer. «Es hat von unserer Seite nie geheißen, dass Bradley Smith womöglich schon nach dem Aragón-GP ausgebootet wird. Er war immer unser Fahrer für 2017.»

Und für 2018?

Bei dieser Frage treten Sorgenfalten auf Beirers Stirn. Dann antwortet er ausweichend: «Wir haben Bradley im März 2016 einen Zwei-Jahres-Vertrag gegeben. Er war damals ein Top-Ten-Fahrer. Wir haben seine Ergebnisse vorher sehr genau studiert. Wir bei KTM waren ein unbeschriebenes Blatt. Unser MotoGP-Motorrad hat nur auf dem Papier existiert. Niemand konnte abschätzen, ob wir mit einem Mercedes Sprinter und einem umgebauten Offroad-Bike aufkreuzen würden... Damals waren wir froh, als der WM-Sechste für uns unterschrieben hat. Heute sind wir als Werk in der MotoGP in einer besseren Situation. Heute haben wir in der MotoGP-Klasse ein besseres Standing.»

KTM-Berater Heinz Kinigadner in Aragón: «Das wird kompliziert. Wir sind ja inzwischen eine Firma, die dafür bekannt ist, keine Verträge zu brechen. Das war in der Vergangenheit bei uns im Road Racing nicht immer so.»

Aber Smith wird für 2018 nicht freiwillig eine Rolle als KTM-Testfahrer mit drei Wildcard-Ensätzen akzeptieren. Und lukrative Plätze bei anderen Teams sind nicht mehr vorhanden.

Ausserdem ist er nach den aktuellen Ergebnissen sowieso keine heisse Aktie auf dem Transfermarkt,

Bradley Smith ist in der MotoGP-WM vier Jahre für die Tech3-Yamaha-Mannschaft von Hervé Poncharal gefahren. Dort schaffte Smith 2015 den sechsten WM-Rang, er fuhr zweimal aufs Podest – in Phillip Island 2014 und Misano 2015.

Und was sagt Poncharal jetzt über die Performance von Smith? Der Franzose kann sich vorstellen, was seinem ehemaligen Schützling jetzt blühen könnte. Poncharal: «Es ist das Gesetz des Wettbewerbs.. MotoGP ist nicht das Rote Kreuz. Du musst die Spielregeln akzeptieren. Wenn du keine Leistung bringst...»

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