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MotoGPKolumne
Corona-Folgen: «Social Distancing» beim Rennfahren
Die MotoGP-WM nach der Coronakrise: Kolumnist Michael Scott hat sich mit einer Prise Sarkasmus überlegt, wie das «Social Distancing» den Alltag an der Rennstrecke durcheinander wirbeln könnte.
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Valentino Rossi und seine Schützlinge aus der VR46 Riders Academy machten es beim ersten gemeinsamen Training in Misano vorValentino Rossi und seine Schützlinge aus der VR46 Riders Academy machten es beim ersten gemeinsamen Training in Misano vorFoto: Facebook/VR46 Riders Academy
Valentino Rossi und seine Schützlinge aus der VR46 Riders Academy machten es beim ersten gemeinsamen Training in Misano vor© Facebook/VR46 Riders Academy
Es geht also alles wieder los. Wahrscheinlich, anscheinend – oder zumindest an einigen Orten: Echtes Racing in den USA dank MotoAmerica und der Supercross-WM, wenn auch mit leeren Tribünen und nur einer Rumpfmannschaft im Fahrerlager. Dazu kommen Trainings-Sessions in Spanien, Italien und Andorra – mit höchstens drei Fahrern, die gleichzeitig auf die Strecke dürfen. Es kann wohl nur besser werden… Solange keine zweite Welle kommt. Trotzdem, diese ganze Coronakrise könnte uns das Rennfahren noch eine ganze Weile vermiesen. Man könnte auch behaupten, das sei schon passiert, als im März alles lahmgelegt wurde. Das ist aber erst der Anfang. Denn selbst wenn wir wieder richtig um die Welt reisen dürfen (werden wir das wirklich können?), werden die Auswirkungen des Virus anhalten.
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Weise oder vielleicht bloß rechthaberische Männer pflegen zu sagen, dass diese Pandemie unsere Art zu leben verändern wird, in jeglicher Hinsicht. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich damit einverstanden bin, abgesehen von ein paar verpassten Handshakes, Küsschen oder freundschaftlichen Umarmungen. Am Ende weiß man ja, die Katze lässt das Mausen nicht. Die einzig wahre potentielle Veränderung, die einigen als wichtig erscheint, ist das permanente "social distancing". In allem, was wir tun – inklusive Motorrad-Racing. Stellt euch ein MotoGP-Rennen vor (könnt ihr euch noch daran erinnern?), aber unter strikter Einhaltung dieser räumlichen Distanzierung. Keine Überholvorgänge, außer es gibt ein zuvor abgeschlossenes, offizielles Abkommen in schriftlicher Form, natürlich immer mit einem Sicherheitsabstand von zwei Metern. Eine einzige Enttäuschung, wenn man sich an die Mann-an-Mann-Kämpfe in Phillip Island, Silverstone, Mugello oder bei vielen anderen MotoGP-Rennen aus der jüngsten Vergangenheit erinnert. Prozessionsartiges Racing wird verpflichtend sein, sorgfältig aufgereiht wie Perlen an einer Schnur. Ein Nachhall von der Mick Doohan-Dominanz, als das restliche Feld erst mit Abstand folgte und vergeblich versuchte, mit einem derart überlegenen Talent mitzuhalten. Das ist natürlich eine rein scherzhafte Skizzierung. Aber vielleicht auch nicht ganz… Und nicht nur die Action auf der Rennstrecke ist in Gefahr. Diese vertraulichen Gespräche zwischen Fahrer und Crew-Chief, wenn sie ihre Köpfe in der Box zusammenstecken? Alles Vergangenheit. Sie werden sich über WhatsApp, Facebook, Snapchat oder irgendein anderes soziales Netzwerk mit dubiosen Sicherheits- und Ethikstandards verständigen müssen. Somit stehen die Türen weit offen, um von den Technik-Freaks der gegnerischen Teams ausspioniert zu werden – keine Geheimnisse mehr. Oder noch schlimmer von russischen Hackern, die arglistig am Suspension-Setting tüfteln, einfach nur zum Spaß. Oder chinesische Agenten, die Spionageprogramme installieren, aus welch böswilligen Gründen auch immer. Und was wird aus den Grid-Girls? Nein, danke. Das schreit nach Problemen. Sie müssten so weit weg stehen, dass man sie glatt beim falschen Fahrer landen könnte. Ganz abgesehen davon, dass sie Gewichtheberinnen sein müssten, um einen so großen Schirm überhaupt stemmen zu können! Wie auch immer, in der Startaufstellung werden die Abstände größer werden müssen. Vielleicht muss man sogar auf den Massenstart verzichten. Man könnte die Fahrer ja auch einzeln auf die Strecke schicken, damit sie gegen die Uhr antreten. Könnte das funktionieren? Klar, auf der Isle of Man läuft es schon so.
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Dann gibt es noch die Griffe am Lenker, die man ja ständig berührt. Ja, sie tragen Handschuhe, aber die sind atmungsaktiv. Es wäre am sichersten, jeweils nach fünf Minuten anzuhalten, um alles zu desinfizieren. Während man (was auch sonst) "Happy Birthday" singt, zweimal, damit das Timing auch stimmt. Der Chief-Steward könnte das beaufsichtigen und die PR-Abteilung von Dorna könnte das Ganze koordinieren. Ganz zu schweigen von den euphorischen Umarmungen des Siegerteams. Sie werden aber immerhin noch Lächeln und sich freundlich Zunicken dürfen – natürlich auf Abstand. Wenigstens müssen sich Fahrer, die sich auf professioneller Ebene hassen, nicht mehr von ihren PR-Beauftragen dazu verpflichtet fühlen, es anders aussehen zu lassen. Sich wütend aus der Distanz anzustarren, wird Gang und Gebe sein (Rossi und Márquez, unter anderen, sind bereits geübt darin).
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Die Stürze werden dagegen ein großes Problem darstellen. Werden die Streckenposten einen Ganzkörper-Schutzanzug tragen? Dasselbe gilt für die Ärzte – und hat das Abchecken der Virus-Symptome Vorrang über die Behandlung des Traumas? Darüber will man gar nicht nachdenken, nicht einmal im Scherz. Auch im Publikum wird es keinen großen Spaß machen… Wenn jeder den anderen misstrauisch mustert und auf Abstand geht, um die strengen Regeln einzuhalten. Und der Typ, der da drüben hustet? Bringt ihn Weg. Das allerdings nur, wenn Zuschauer überhaupt Zutritt haben. Der US-Prototyp in Elkhart Lake sperrte das Publikum aus. Es machte aber nicht den Eindruck, als hätte das irgendwelche negativen Auswirkungen auf den Titelverteidiger Cameron Beaubier, der sich gewissenhaft an das "social distancing" hielt und beide Läufe mit meilenweitem Vorsprung gewann. Einen Lichtblick gibt es aber für die Fans: In vielen Ländern ist ein Nase-Mund-Schutz Pflicht oder zumindest wärmstens empfohlen. Stellt euch vor, welche Merchandising-Möglichkeiten das mit sich bringt: Eine Gesichtsmaske mit den Gesichtern der Stars! Ihr wollt wie Rossi aussehen? Oder doch lieber wie Dovi oder Crutchlow? Warum sollte man sich mit einem Logo auf T-Shirt und Kappe begnügen, wenn man sich von Kopf bis Fuß verwandeln kann – bis kaum ein Unterschied zu erkennen ist. Solange ihr eine Maske tragt, macht das Beste draus.
Vielleicht wird es auch gar nicht so schlimm. wenn man es sich recht überlegt. Immer noch besser, als vorgaukeln zu müssen, dass man den größten Spaß daran hat, den Fahrern im Videospiel zuzuschauen.
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