Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Hubert Trunkenpolz: «Titel mit Ansage gibt es nicht»

Von Nora Lantschner
Hubert Trunkenpolz mit den neuen KTM RC16 von Brad Binder und Danilo Petrucci

Hubert Trunkenpolz mit den neuen KTM RC16 von Brad Binder und Danilo Petrucci

KTM-Vorstand Hubert Trunkenpolz spricht vor der fünften Saison in der Königsklasse über den geschäftlichen Nutzen des MotoGP-Engagements und die Ziele: « Natürlich müssen wir über den Titel sprechen.»

In der vierten MotoGP-Saison jubelte KTM erstmals über einen Sieg in der Königsklasse der Motorrad-WM: Ausgerechnet Rookie Brad Binder machte den Traum der Österreicher beim Brünn-GP am 9. August 2020 wahr.

Bei der Teampräsentation für die Saison 2021 blickte KTM-Vorstand Hubert Trunkenpolz noch einmal auf den historischen Erfolg zurück und sprach von einem der emotionalsten Momente seines Lebens. Außerdem verriet er: «Ob es direkt mit dem MotoGP-Sieg zusammenhängt oder nicht, aber zu diesem Zeitpunkt hat unser Motorrad-Geschäft im Vorjahr zu boomen begonnen – trotz Corona. Wir haben schon im Juni gesehen, dass das ganze Zweirad-Geschäft von Corona eher profitieren wird, aber was dann ab Juli-August passiert ist, hat unsere größten Erwartungen mehr als erfüllt. Ich möchte es jetzt nicht direkt mit dem MotoGP-Sieg in Verbindung bringen, aber geschadet hat der MotoGP-Sieg sicher nicht.»

Bitte erläutern Sie den geschäftlichen Nutzen des MotoGP-Engagements.

Da muss man das Wort globale Brand Awareness strapazieren. Wenn Sie eine globale Sportmotorradmarke wie KTM global präsentieren wollen, dann ist es einfach notwendig, ein globales Format zu wählen – und die MotoGP ist dieses Format. Das Engagement hat sich bis jetzt ganz sichtbar in unseren Absatzzahlen positiv niedergeschlagen. Wir sind sehr zufrieden mit den Markenbekanntheitsgraden oder deren Steigerung in vielen Ländern außerhalb Europas, wo KTM ja bekannt war.

Insofern ist das MotoGP-Engagement für uns nicht nur Freude, Herausforderung und sportliches Engagement, sondern auch wirklich ein absoluter Business-Case.

KTM geht erst in die fünfte MotoGP-Saison und hat damit von den sechs Herstellern die jüngste Geschichte in der Klasse, verfügt aber über die weitreichendste Struktur vom Talent Cup bis in die MotoGP. Welche Ziele werden damit verfolgt?

Es dient natürlich dazu, dem Nachwuchs eine Chance zu geben. Wie gut das funktioniert, dazu gibt es zwei lebende Beispiele – Brad Binder und Miguel Oliveira. Beide kommen aus unseren Nachwuchsformeln und beide sind jetzt unsere MotoGP-Fahrer. Ich glaube, dem ist nichts hinzuzufügen. Das ist unser Weg und den werden wir auch weitergehen.

Das KTM-MotoGP-Aufgebot besteht 2021 aus einem Südafrikaner (Binder), einem Portugiesen (Oliveira), einem Italiener (Petrucci) und einem Spanier (Lecuona). Zufall oder Strategie?

Es ist in jedem Fall hilfreich. Es ist eine schöne Sache, dass wir ein globales Team haben, das verstärkt auch den globalen Anspruch, den die MotoGP insgesamt hat.

Grundsätzlich muss ich aber sagen, dass wir unsere Fahrer eigentlich ausschließlich nach den Fähigkeiten und nicht nach den Nationalitäten auswählen. Es gibt hier wirklich ein Gentlemen's Agreement mit Pit Beirer: Wir wählen die Fahrer, die die stärksten sind, nicht die, die vielleicht am besten in unsere Geschäftsaktivitäten reinpassen. Es sind also immer die besten Fahrer bei uns im Team, das sieht man auch in diesem Jahr. Zum Glück ist es sehr global, aber ich würde es eher als Zufall sehen.

Im vierten Jahr gewann KTM die ersten MotoGP-Rennen. Ist es zu früh, im fünften Jahr vom Titel zu sprechen?

Natürlich müssen wir über den Titel sprechen, das ist gar keine Frage. Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, wo dieses Thema auf dem Tisch ist. Wir wissen aber auch, wie groß der Wettbewerb und wie stark die Konkurrenz ist. Einen MotoGP-Titel mit Ansage, den wird es nicht geben.

Ich glaube, wir sind jetzt auf einem Niveau, wo wir ernsthaft darüber reden können, wo wir unter Umständen – wenn alles gut läuft – auch um den Titel mitfighten können. Deswegen reden wir auch darüber. Aber wie gesagt, den Titel mit Ansage gibt es in einem dermaßen wettbewerbsintensiven Umfeld nicht.

Was sind die kurz- und mittelfristigen Ziele von KTM in der MotoGP-WM?

Für die nächste Saison wollen wir mit unseren Fahrern regelmäßig in die Top-10 fahren, wir wollen regelmäßig aufs Podium, wir wollen den ein oder anderen Sieg – das wäre schön, um zumindest an die Saison 2020 anzuschließen. Das ist kurzfristig das Ziel.

Mittelfristig ist es natürlich der Titel, das ist gar keine Frage – und am besten nicht nur einmal, sondern mehrmals.

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