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Kevin Schwantz über Márquez: «Er leistet gute Arbeit»

Von Günther Wiesinger
2014 in Texas: Kevin Schwantz und Marc Márquez

2014 in Texas: Kevin Schwantz und Marc Márquez

Der ehmalige 500-ccm-Weltmeister Kevin Schwantz (57) war nach dem Sieg von Marc Márquez beim Deutschland-GP der Ansicht, er habe wieder seine alte Form erreicht. Aber in Assen kehrten die Probleme zurück.

Kevin Schwantz, 25-facher Halbliter-GP-Sieger, Weltmeister auf Suzuki 1993, populärer Publikumsliebling und Draufgänger aus Texas, hat bei seinem Heimrennen auf dem Circuit of the Americas in Austin von 2013 bis 2018 sechs Siege von Repsol-Honda-Star Marc Márquez bewundert. Doch 2019 riss die Erfolgsserie – es siegte Alex Rins vor Valentino Rossi.

Seit einem Jahr nimmt Schwantz großen Anteil am Schicksal von Marc Márquez, der am 19. Juli 2020 beim Jerez-GP schwer stürzte und nach drei Oberarm-Operationen und zwei Knochentransplantationen mit Ausnahme vom Sachsenring (5. Startplatz, Sieg im Rennen) nie mehr wirklich überzeugt hat.

Kevin wundert sich nicht nur über die fehlende Konstanz bei Maverick Viñales (Letzter im Qualifying in Deutschland, Pole-Position acht Tage später in Assen), sondern er beobachtet etwas irritiert auch die schwankende Performance des sechsfachen MotoGP-Weltmeisters und 57-fachen MotoGP-Siegers.

Und nach dem souveränen Triumph in Hohenstein-Ernstthal kam Márquez in Assen acht Tage später über den 20. Startplatz und Rang 7 im Rennen nicht hinaus.

Wie erklärt sich ein Experte wie Kevin Schwantz diese eklatanten Leistungsunterschiede?

«Das Feld und die Zeiten liegen heute so eng beisammen», beginnt der 57-jährige Amerikaner seinen Erklärungsversuch. «Als Fahrer denkst du, ich kann diese letzten paar Zehntel alleine finden, zum Beispiel durch eine Verbesserung oder Anpassung des Fahrstils. In Wirklichkeit musst du in jeder einzelnen Session inklusive Warm-up am Sonntagvormittag pausenlos am Motorrad arbeiten. Dann ist die Arbeit vielleicht noch gar nicht vorbei. Ich bin überzeugt, es werden sogar am Grid noch letzte Anpassungen gemacht. Jeder will herausfinden, wie er noch ein Stück besser werden kann. Dann geht es um den Start. Jeder Hersteller hat inzwischen diese speziellen Launch-Control-Devices und das restliche Zeug. Jeder baut ein, was ihn näher an die Spitze bringt und eine bessere Racepace ermöglicht.»

Deshalb sei das Qualifying und die Startposition heute wichtiger als je zuvor, ist Kevin Schwantz überzeugt. «Wenn sich im Quali ein Fahrer vor dich klemmt und dir eine schnelle Runde ruiniert oder wenn du selbst einen Fehler machst, kriegst du fast keine zweite Chance mehr in diesen 15 Minuten.»

Honda-Testfahrer Stefan Bradl offenbarte vor wenigen Tagen im Interview mit SPEEDWEEK.com, Honda habe immer noch keine Lösung für die Probleme mit der neuen Honda RC213V gefunden, man grabe in alten Kisten von 2019 und auch nach Material, das sich damals bewährt hat, als Marc in 19 WM-Rennen zwölf Siege und sechs zweite Plätze eroberte.

Der Bayer erwähnte auch, dass mit dem aktuellen Honda-Chassis nur 80 Prozent der möglichen Performance aus den neuen weichen Hinterreifen von Michelin herausgekitzelt werde, das koste im Quali zwei bis drei Zehntelsekunden. Und da alle anderen Honda-Fahrer langsamer sind als Marc, werde die Entwicklung jetzt wieder auf ihn maßgeschneidert.

Die mangelnde Konkurrenzfähigkeit des Bikes erschwert die Rückkehr von Marc Márquez zur überragenden Form von 2019.

Die Honda-Ingenieure wirken weiter ratlos. Márquez war die Ungeduld in Assen nach dem wuchtigen Freitag-Highsider deutlich anzumerken. «Wir brauchen dringend Verbesserungen, beim nächsten Grand Prix, nicht erst 2022», betonte der 28-jährige Spanier bei der Dutch-TT vor zwei Wochen.

Kann sich Suzuki-Legende Schwantz vorstellen, dass der Honda-Star in absehbarer Zeit wieder ganz der alte Dominator sein wird?

«Ich war immer überzeugt, dass die Rückkehr zur Topform fast doppelt so lange dauert wie die Zeitspanne, während der du verletzt ausgefallen bist. Wie lange war Marc verletzt? Neun Monate. Wenn du ein bis zwei Rennen verpasst, dauert es drei bis vier Rennen, bis du wieder richtig in Form bist. Denn zuerst musst du körperlich wieder zu Kräften kommen, danach musst du mental wieder die alte Stärke erreichen.»

«Für mich hat Marc also seit seiner Rückkehr gute Arbeit geleistet. Der Sieg auf dem Sachsenring war sicher schwierig, auf dieser Piste zu gewinnen, die dir keine Verschnaufpause gönnt, das verdient viel Respekt», lobt Kevin. «Dazu brauchst du körperliche und mentale Kraft, Marc hat sich dort auch mit Platz 5 recht anständig qualifiziert. Und er ist im Rennen von allen Gegnern weggefahren. Er hat sich an die Spitze vorgekämpft und ist dort geblieben. Ich hielt das für ein Anzeichen, dass er zurück ist. Aber dann kam der böse Crash in Assen und das miserable Qualifying dort. Marc ist im Q1 wieder gestürzt, und wenn du dauernd auf den Boden fällst, bilden sich Beulen in deinem Selbstvertrauen. Du merkst dann, dass dein Körper nicht kugelsicher ist. Dazu geht dir durch den Kopf: ‚Als ich das letzte Mal so einen ähnlichen Highsider hatte wie in Assen, hat das ein Jahr Pause bewirkt.‘»

Schwantz hat in seiner besten Zeit die Schwächen der Suzuki RGV 500 meist durch sein überragendes Fahrkönnen und seine unnachahmliche Fahrzeugbeherrschung übertüncht. Auch Marc Márquez hat das jahrelang vorexerziert.

Der Beweis: In der Saison 2019 kassierte er als Weltmeister 420 WM-Punkte. Cal Crutchlow heimste als zweitbester Honda-Pilot und WM-Neunter unfassbare 287 Punkte weniger ein. «Oh, mein Gott», seufzte der Ex-Weltmeister aus Texas, als ich ihm diese Zahlen offenbarte. «Das sind sehr aussagekräftige Fakten.»

«Es gibt keinen Zweifel, dass Marc früher immer mehr aus dem Bike herausgekitzelt hat, als drinnen gesteckt ist», ergänzte Kevin. «Jetzt nach der Verletzungspause ist Márquez wieder eher eine normale Person. Und das Motorrad bleibt ein Problem.»

MotoGP-Ergebnis, Assen, 27. Juni:

1. Quartararo, Yamaha, 26 Runden in 40:35,031 min
2. Viñales, Yamaha, + 2,757 sec
3. Mir, Suzuki, + 5,760
4. Zarco, Ducati, + 6,130
5. Oliveira, KTM, + 8,402
6. Bagnaia, Ducati, + 10,035
7. Marc Márquez, Honda, + 10,110
8. Aleix Espargaró, Aprilia, + 10,346
9. Nakagami, Honda, + 12,225
10. Pol Espargaró, Honda, + 18,565
11. Rins, Suzuki, + 21,372
12. Binder, KTM, + 21,676
13. Petrucci, KTM, + 27,783
14. Alex Márquez, Honda, + 29,772
15. Bastianini, Ducati, + 32,785
16. Savadori, Aprilia, + 37,573
17. Gerloff, Yamaha, + 53,213
18. Marini, Ducati, + 1:06,791

Stand Fahrer-WM nach 9 Rennen von 19 Rennen:

1. Quartararo, 156 Punkte. 2. Zarco 122. 3. Bagnaia 109. 4. Mir 101. 5. Miller 100. 6. Viñales 95. 7. Oliveira 85. 8. Aleix Espargaró 61. 9. Binder 60. 10. Marc Márquez 50. 11. Nakagami 41. 12. Pol Espargaró 41. 13. Morbidelli 40. 14. Rins 33. 15. Alex Márquez 27. 16. Bastianini 27. 17. Petrucci 26. 18. Martin 23. 19. Rossi 17. 20. Marini 14. 21. Lecuona 13. 22. Bradl 11. 23. Savadori 4. 24. Pirro 3. 25. Rabat 1.

Stand Konstrukteurs-WM:

1. Yamaha, 184 Punkte. 2. Ducati 167. 3. KTM 114. 4. Suzuki 105. 5. Honda 86. 6. Aprilia 62.

Stand Team-WM:

1. Monster Energy Yamaha, 251 Punkte. 2. Ducati Lenovo 209. 3. Pramac Racing 149. 4. Red Bull KTM Factory Racing 145. 5. Suzuki Ecstar 134. 6. Repsol Honda 98. 7. LCR Honda 68. 8. Aprilia Racing Team Gresini 65. 9. Petronas Yamaha SRT 57. 10. Esponsorama Racing Ducati 41. 11. Tech3 KTM Factory Racing 39.

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